15.4 Soziale Sicherung

Wenn Sie arbeitslos sind, haben Sie Anspruch auf soziale Leistungen.

Welche Sozialleistungen Sie erhalten können, hängt von Ihrer persönlichen Lage ab. Wenn Sie bereits längere Zeit gearbeitet haben, erhalten Sie unter Umständen das so genannte Arbeitslosengeld I (ALG I). Haben Sie keinen Anspruch nach ALG I, sind aber zwischen 15 Jahren und dem Renteneintrittsalter und arbeitsfähig, erhalten Sie Leistungen der “Grundsicherung für Arbeitssuchende” nach dem Zweiten Sozialgesetzbuch (SGB II), das so genannte “Arbeitslosengeld II” (ALG II). Ältere Menschen und dauerhaft erwerbsunfähige Erwachsene erhalten die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel des SGB XII. Wenn Sie grundsätzlich erwerbsfähig, aber längere Zeit krank sind, erhalten Sie Leistungen nach dem Dritten Kapitel des SGB XII. Die Leistungen nach SGB II und XII sind in der Höhe weitgehend identisch.

Wenn Sie allerdings Arbeitslosengeld II oder Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel des SGB XII erhalten, kann es sein, dass Sie Ihren Lebensunterhalt nicht mehr in dem geforderten Umfang (vgl. Kapitel 15.1.1) eigenständig sichern.[1] Ist das der Fall, ist im Regelfall davon auszugehen, dass die Aufenthaltserlaubnis nicht verlängert wird, da dann eine der Voraussetzungen für die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis nach § 25b AufenthG nicht mehr gegeben ist.[2] Zudem kann die Ausländerbehörde die Geltungsdauer der Aufenthaltserlaubnis nachträglich verkürzen.[3]

  • Wenn Sie die Arbeitsstelle verlieren und noch keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld I haben, sollten Sie sich daher umgehend an eine Beratungsstelle oder an einen Rechtsanwalt/anwältin wenden.

Absicherung bei Arbeitslosigkeit (ALG I)

Bei Arbeitslosigkeit haben Sie unter Umständen Anspruch auf Arbeitslosengeld I (ALG I). Das gilt, wenn Sie

  • innerhalb der letzten zwei Jahre mindestens zwölf Monate sozialversicherungspflichtig beschäftigt waren,
  • sich darum bemühen, wieder Arbeit zu erhalten,
  • den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit zur Verfügung stehen,
  • arbeitslos gemeldet sind.[4]

Das ALG I beträgt 67% Ihres Nettolohns, wenn Sie Kinder haben, und 60% ohne Kinder.[5] Die Dauer des ALG I beträgt normalerweise zwischen sechs und zwölf Monaten und ist davon abhängig, wie lange Sie innerhalb der letzten zwei Jahre gearbeitet haben. Personen ab 50 Jahre können bis zu bis zu 15 Monate, Personen ab 55 Jahre bis zu 18 Monate und Personen ab 58 Jahre bis zu 24 Monate lang ALG I erhalten, wenn Sie Beschäftigungszeiten bis zu vier Jahren vorweisen können.[6] Liegt Ihr Anspruch auf ALG I niedriger als der ALG II, wird dieses ergänzend gezahlt.

  • Um ALG I zu erhalten, müssen Sie sich rechtzeitig bei der Arbeitsagentur Arbeit suchend gemeldet haben. Dafür haben Sie, wenn Sie von Ihrer Kündigung bzw. dem Ende Ihres Arbeitsverhältnisses erfahren, nur drei Tage Zeit.[7] Melden Sie sich später, müssen Sie damit rechnen, dass Ihnen die Leistungen für die ersten sieben Tage gestrichen werden.[8] ALG I wird nicht rückwirkend gezahlt, sondern frühestens ab dem Tag Ihrer Meldung als Arbeit suchend.

Arbeitslosengeld II (ALG II)

Das ALG II, umgangssprachlich auch “Hartz IV” genannt, erhalten Sie auch, wenn Sie noch nie gearbeitet haben.

Das ALG II besteht aus einem Regelsatz für Ernährung, Kleidung, Hausrat und persönliche Bedürfnisse sowie eventuell einem Zuschuss wegen Mehrbedarfs. Zusätzlich werden die Kosten für Unterkunft und Heizung übernommen. Sie erhalten diese Leistung, wenn Ihr Einkommen und Vermögen nicht ausreicht.

Wenn Sie Einkommen oder Vermögen haben, wird dies zum großen Teil angerechnet.[9] Bis zu 150 Euro im Lebensjahr, mindestens jedoch 3.100 Euro pro Person, zuzüglich 750 Euro pro Person dürfen Sie als Vermögen besitzen. Ein Freibetrag von 3.100 Euro gilt auch für jedes Kind. In diesem Fall erhalten Sie weniger oder gar kein ALG II. Wohnen Sie mit anderen, zum Beispiel Großeltern oder Partner/in, zusammen, dann vermutet das JobCenter unter bestimmten Voraussetzungen,[10] dass Sie gemeinsam wirtschaften, und rechnet das Einkommen aller Haushaltsangehörigen zusammen. Folgende Leistungen werden im Jahr 2020 gewährt:[11]

  • Regelbedarfsstufe 1 – Alleinlebende/Alleinerziehende: 432 Euro
  • Regelbedarfsstufe 2 – Paare/Bedarfsgemeinschaften: 389 Euro
  • Regelbedarfsstufe 3 – nichterwerbstätige Erwachsene unter 25 Jahre im Haushalt der Eltern: 345 Euro
  • Regelbedarfsstufe 4 – Jugendliche von 14 bis unter 18 Jahren: 328 Euro
  • Regelbedarfsstufe 5 – Kinder von 6 bis unter 14 Jahren: 308 Euro
  • Regelbedarfsstufe 6 – Kinder von 0 bis 6 Jahre: 250 Euro

Einen Mehrbedarfszuschuss[12] gibt es für Alleinerziehende, die ein Kind unter 7 Jahren oder mehrere Kinder unter 16 Jahren haben (155,52 Euro). Alternativ dazu erhalten Sie einen Mehrbedarfszuschlag von 51,84 Euro pro Kind, falls dies für Sie günstiger ist, maximal beträgt der Mehrbedarfszuschlag für alle Kinder 259,20 Euro.
Werdende Mütter erhalten 73,44 Euro Mehrbedarfszuschlag, falls sie ohne Partner leben, oder 66,13 Euro, falls sie mit Partner leben.[13]
Auch Menschen mit Behinderung oder einer Erkrankung, die eine kostenaufwändige Ernährung erfordert, können oft einen Mehrbedarfszuschlag beanspruchen.[14]
Daneben können Sie in wenigen Fällen einen Antrag auf “einmalige Beihilfen” stellen, insbesondere für die erste Möblierung einer Wohnung und die Erstausstattung eines Babys oder nachgezogenen Kindes.[15] Unter bestimmten Bedingungen kann das JobCenter auch Mietschulden als “einmalige Beihilfe” übernehmen.[16]

Zu den Kosten für die Unterkunft[17] gehören Miete, Heiz- und Betriebskosten sowie die Kosten für die Warmwasserversorgung. Auch wenn nach der jährlichen Abrechnung Nachzahlungen fällig werden, werden diese vom Jobcenter übernommen. Ebenso die Kosten für mietvertraglich vorgeschriebene Renovierungen (ggf. jedoch in Eigenarbeit, d.h. nur die Materialkosten). Die Mietkosten sind allerdings begrenzt: In Abhängigkeit von der Zahl der Familienmitglieder und den örtlichen Gegebenheiten erstattet das Sozialamt die Miete nur bis zu einer Höchstgrenze.[18] Wenn beispielsweise ein Jugendlicher aus Ihrer Wohnung auszieht, kann es geschehen, dass das JobCenter nicht mehr sämtliche Mietkosten bezahlt und Sie auffordert, sich eine kleinere Wohnung zu suchen. Arbeitslose junge Menschen unter 25 Jahren, die aus der Wohnung der Eltern ausziehen, erhalten keine soziale Unterstützung für die Wohnung und nur noch 80 Prozent des Arbeitslosengeldes II, wenn die JobCenter dem Auszug nicht vorher zugestimmt hat.[19]

  • Erkundigen Sie sich bei einer Beratungsstelle oder beim Mieterverein, bis zu welcher Höhe das JobCenter die Miete für eine Wohnung für Sie und Ihre Familie übernehmen muss.

Leistungen für Bildung und Teilhabe

Zusätzlich können Sie für Kinder und Jugendliche nach § 28 SGB II Leistungen für Bildung und Teilhabe beantragen. Volljährige Schüler*innen unter 25 Jahren, die eine allgemein- oder berufsbildende Schule besuchen und keine Ausbildungsvergütung erhalten, bekommen die Leistungen für Bildung ebenfalls.

  • Die Kosten für die Teilnahme an Klassenfahrten und Schulausflügen
  • Die Kosten für das Mittagessen in der Schule, der Kindertageseinrichtung oder Kindertagespflege (ohne Eigenanteil)
  • Die Fahrtkosten zur Schule, falls diese nicht von der Stadt bezahlt werden
  • Die Kosten für Schulmaterialien in Höhe von 100 Euro im ersten Schulhalbjahr und 50 Euro im zweiten Schulhalbjahr
  • Die Kosten für Nachhilfeunterricht, wenn er erforderlich ist, um wesentliche Lernziele zu erreichen. Auf eine bestehende Versetzungsgefährdung kommt es dabei nicht mehr an.
  • Die Kosten für die Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben (z.B. Sportverein, Instrumentalunterricht) in Höhe von pauschal 15 Euro bei Minderjährigen. Weitere Kosten können ggf. übernommen werden.

Arbeitsgelegenheiten beim Bezug von Arbeitslosengeld II

Wenn Sie arbeitslos sind, können Sie vom Jobcenter zu “gemeinnütziger” Arbeit verpflichtet werden.[20] Sie können sich auch selbst darum bemühen und bei dem JobCenter danach fragen. Solche Arbeiten sind zum Beispiel Laubharken im städtischen Park, Mitarbeit in gemeinnützigen Vereinen oder Ähnliches. Für diese Arbeit erhalten Sie zusätzlich zu Ihren Sozialleistungen einen geringen Stundenlohn von etwa 1 bis 2 Euro. Dies ist aber keine reguläre Arbeit und Sie sind darüber nicht sozialversichert. Wenn Sie sich weigern, die angebotene Arbeit auszuführen, oder ohne Entschuldigung fehlen, können Ihre Sozialleistungen gekürzt werden. Gekürzt werden darf im Regelfall nur die Sozialleistung der Person, die die Arbeit verweigert, nicht aber die Sozialleistung für Ihre Kinder.

Wenn es wichtige Gründe dafür gibt, dass Sie eine gemeinnützige Arbeit nicht ausführen können oder wollen (Krankheit, fehlende Betreuungsmöglichkeit für die Kinder oder anderes), teilen Sie das dem JobCenter so schnell wie möglich mit. Wenn Sie krank sind, sollten Sie ein Attest vorlegen, aus dem Ihre Arbeitsunfähigkeit hervorgeht. Wenn Ihre Sozialleistungen gekürzt wurden, muss die Kürzung wieder aufgehoben werden, sobald Sie Ihre Arbeitsbereitschaft zeigen.

  • Sollten Ihre Sozialleistungen zu Unrecht oder zu stark gekürzt werden oder auch andere Familienangehörige betreffen, wenden Sie sich an einen Rechtsanwalt oder eine Beratungsstelle.

Soziale Leistungen im Alter, bei Erwerbsunfähigkeit und Krankheit

Ältere Menschen ab 65 Jahren und Erwerbsunfähige haben keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld II. Wenn Sie 65 Jahre oder älter sind, oder dauerhaft nicht in der Lage sind zu arbeiten, erhalten Sie nach dem Vierten Kapitel des SGB XII die so genannte “Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung”. Sind Sie nur vorübergehend krank (länger als sechs Monate, jedoch nicht auf Dauer) und stehen den Vermittlungsbemühungen der Arbeitsagentur aber nicht zur Verfügung,[21] erhalten Sie Hilfe zum Lebensunterhalt nach §§ 27 ff SGB XII.

Die Leistungen sind in beiden Fällen im Wesentlichen gleich.[22]

Folgende Leistungen werden im Jahr 2020 gewährt:[23]

  • Regelbedarfsstufe 1 – Alleinlebende/Alleinerziehende: 432 Euro
  • Regelbedarfsstufe 2 – Paare/Bedarfsgemeinschaften: 389 Euro
  • Regelbedarfsstufe 3 – nichterwerbstätige Erwachsene unter 25 Jahre im Haushalt der Eltern: 345 Euro
  • Regelbedarfsstufe 4 – Jugendliche von 14 bis unter 18 Jahren: 328 Euro
  • Regelbedarfsstufe 5 – Kinder von 6 bis unter 14 Jahren: 308 Euro
  • Regelbedarfsstufe 6 – Kinder von 0 bis 6 Jahre: 250 Euro

Zusätzlich übernimmt das Sozialamt die Kosten für Unterkunft und Heizung: Bezahlt wird die “angemessene” Miete für eine Wohnung inkl. der Heizkosten und der Kosten für Warmwasser, jedoch nicht die Kosten für Strom. Erkundigen Sie sich bei einer Beratungsstelle oder beim Mieterverein, bis zu welcher Höhe das Sozialamt die Miete für eine Wohnung für Sie (und Ihre Familie) übernehmen muss.

In bestimmten Lebenslagen erhöhen sich die Regelsätze (bei Alleinerziehenden, bei Schwangeren ab der 12. Woche, bei Kranken, die sich in besonderer Weise ernähren müssen oder bei Schwerbehinderten mit dem Ausweis G).[24]
Zusätzlich kann man auf Antrag einmalige Beihilfen erhalten, zum Beispiel für die Erstausstattung des neuen Babys oder die Erstausstattung für die Wohnung.

Leistungen für Bildung und Teilhabe

Zusätzlich können Sie für Kinder und Jugendliche nach § 34 SGB XII Leistungen für Bildung und Teilhabe beantragen. Volljährige Schüler*innen, die eine allgemein- oder berufsbildende Schule besuchen, bekommen die Leistungen für Bildung ebenfalls.

  • Die Kosten für die Teilnahme an Klassenfahrten und Schulausflügen
  • Die Kosten für das Mittagessen in der Schule, der Kindertageseinrichtung oder Kindertagespflege (ohne Eigenanteil)
  • Die Fahrtkosten zur Schule, falls diese nicht von der Stadt bezahlt werden
  • Die Kosten für Schulmaterialien in Höhe von 100 Euro im ersten Schulhalbjahr und 50 Euro im zweiten Schulhalbjahr
  • Die Kosten für Nachhilfeunterricht, wenn er erforderlich ist, um wesentliche Lernziele zu erreichen. Auf eine bestehende Versetzungsgefährdung kommt es dabei nicht mehr an.
  • Die Kosten für die Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben (z.B. Sportverein, Instrumentalunterricht) in Höhe von pauschal 15 Euro bei Minderjährigen. Weitere Kosten können ggf. übernommen werden.

 

[1] § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG, AVwV 2.3.1.2.

[2] §§ 8 Abs. 1; 5 Abs. 1 S. 1 AufenthG.

[3] § 7 Abs. 2 S. 2 AufenthG.

[4] §§ 137 f; 142 f SGB III.

[5] § 149 SGB III.

[6] § 147 Abs. 2 SGB III.

[7] § 38 SGB III.

[8] § 159 Abs. 1 S. 2 Nr. 9; Abs. 6 SGB III.

[9] § 11 f SGB II.

[10] § 7 Abs. 3a SGB II.

[11] Vgl. https://www.bundesregierung.de/breg-de/aktuelles/regelsaetze-1666914 mit weiteren Informationen zu den Regelsätzen für Volljährige in Einrichtungen (nach SGB XII): 345 Euro.

[12] § 21 Abs. 3 SGB II.

[13] § 21 Abs. 2 SGB II.

[14] § 21 Abs. 4, 5 SGB II.

[15] § 24 Abs. 1, 3 SGB II.

[16] § 22 Abs. 8 SGB II.

[17] § 22 SGB II.

[18] Vgl. zu der jeweiligen Höchstgrenze in den einzelnen Orten die bundesweiten kommunalen Verwaltungsanweisungen zum SGB II http://www.harald-thome.de/oertliche-richtlinien.html.

[19] § 22 Abs. 5 SGB II, § 20 Abs. 3 SGB II.

[20] § 16d SGB II.

[21] Den Vermittlungsbemühungen der Arbeitsagentur steht man zur Verfügung, wenn man u.a. pro Woche 15 Stunden unter den üblichen Bedingungen des Arbeitsmarkts arbeiten kann (§ 138 Abs. 5 SGB III).

[22] Vgl. §§ 27 ff SGB XII.

[23] Vgl. https://www.bundesregierung.de/breg-de/aktuelles/regelsaetze-1666914 mit weiteren Informationen zu den Regelsätzen für Volljährige in Einrichtungen (nach SGB XII): 345 Euro.

[24] § 30 SGB XII.

Inhalt dieses Kapitels:

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