Seit 1. Juli 2011 gibt es eine Bleiberechtsregelung für bislang geduldete Jugendliche und junge Erwachsene. Wichtig an dieser Regel ist, dass sie ohne Stichtag formuliert ist. Man muss also nicht zu einem bestimmten Tag bereits in Deutschland gewesen sein. Damit ist sie eine auch in die Zukunft gerichtete Bleiberechtsreglung. Eine weitere Besonderheit ist die Tatsache, dass hier bereits vor Erreichen der Volljährigkeit ein elternunabhängiges Aufenthaltsrecht gewährt wird. Unter bestimmten Bedingungen wird dann von „Stammberechtigten“ für deren Eltern und minderjährige Geschwister ein Aufenthalt abgeleitet, sodass diese ebenfalls ein Aufenthaltsrecht erlangen.
Zusammenfassung der Regelung
Für die Jugendlichen und jungen Erwachsenen soll eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn folgende Bedingungen erfüllt sind (Zu den Einzelheiten siehe 14.1.1)
- seit drei Jahren ununterbrochen im Bundesgebiet
- drei Jahre erfolgreich im Bundesgebiet eine Schule besucht oder in Deutschland einen anerkannten Schul- oder Berufsabschluss erworben
- Antrag auf Erteilung der Aufenthaltserlaubnis vor Vollendung des 28. Lebensjahres
- Positive Integrationsprognose
- keine konkreten Anhaltspunkte dafür er/sie sich nicht zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland bekennt.
- Keine Lebensunterhaltssicherung bei schulischer oder beruflicher Ausbildung – auch Studium
- Keine Aufenthaltserlaubnis, wenn Abschiebung aufgrund eigener falscher Angaben oder aufgrund seiner Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit ausgesetzt ist
- Familiennachzug (vom Ausland) möglich.[1]
Für die oder einem personensorgeberechtigten Elternteil eines Minderjährigen gilt, (zu den Einzelheiten siehe 14.1.2):
Eine Aufenthaltserlaubnis kann erteilt werden, wenn
- Abschiebung nicht aufgrund falscher Angaben eines Elternteils oder aufgrund Täuschung über Identität oder Staatsangehörigkeit oder fehlender zumutbarer Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse verhindert oder verzögert wird und
- Lebensunterhaltssicherung einschließlich ausreichenden Krankenversicherungsschutzes für sich und die in der Bedarfsgemeinschaft lebende Familienmitglieder durch eigene Erwerbstätigkeit gesichert wird.
- Ausschluss bei rechtskräftiger Verurteilung zu 50 Tagessätzen /90 Tagessätzen
- Kein Familiennachzug (vom Ausland).[2]
Für Geschwister gilt (zu den Einzelheiten siehe 14.1.3):
Eine Aufenthaltserlaubnis kann erteilt werden, wenn
- sie minderjährig sind und
- sie mit ihrem/er nach § 25a Abs. 2 S. 1 AufenthG bleibeberechtigten Eltern/Elternteil in familiärer Lebensgemeinschaft leben
- Ausschluss bei rechtskräftiger Verurteilung zu 50 Tagessätzen /90 Tagessätzen
- Kein Familiennachzug (vom Ausland). [3]
Für die Ehegatten oder Lebenspartner gilt (zu den Einzelheiten siehe 14.1.4):
Eine Aufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn
- sie mit ihrem nach § 25a Abs. 1 AufenthG bleibeberechtigten (Ehe-)partner in familiärer Lebensgemeinschaft leben
- Abschiebung nicht aufgrund falscher Angaben eines Elternteils oder aufgrund Täuschung über Identität oder Staatsangehörigkeit oder fehlender zumutbarer Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse verhindert oder verzögert wird und
- Lebensunterhaltssicherung einschließlich ausreichenden Krankenversicherungsschutzes für sich und die in familiärer Lebensgemeinschaft lebenden Familienmitglieder durch eigene Erwerbstätigkeit gesichert wird.
- Ausschluss bei rechtskräftiger Verurteilung zu 50 Tagessätzen /90 Tagessätzen
- Kein Familiennachzug (vom Ausland). [4]
Für die minderjährigen Kindern gilt (zu den Einzelheiten siehe 14.1.5):
Eine Aufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn
- Sie minderjährig und ledig sind
- sie mit ihrem nach § 25a Abs. 1 AufenthG bleibeberechtigten Elternteil in familiärer Lebensgemeinschaft leben
- Ausschluss bei rechtskräftiger Verurteilung zu 50 Tagessätzen /90 Tagessätzen
- Kein Familiennachzug (vom Ausland). [5]
Im Folgenden werden die Einzelheiten zu diesen Regelungen unter Berücksichtigung der Vorgaben in dem Erlass des Nds. Innenministerium vom 03.07.2019 beschrieben. Diese Vorgaben sind für die Ausländerbehörden, aber nicht für die Gerichte bindend.
Unterkapitel
14.1.1 Die Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Abs. 1 AufenthG
14.1.2 Die Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Abs. 2 Satz 1 AufenthG
14.1.3 Die Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Abs. 2 Satz 2 AufenthG
14.1.4 Die Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Abs. 2 Satz 3 AufenthG
14.1.5 Die Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Abs. 2 Satz 4 AufenthG
[1] § 29 Abs. 3 S. 1 AufenthG; die Aufenthaltserlaubnis darf dem Ehegatten und dem minderjährigen Kind eines Ausländers nur aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland erteilt werden.
[2] § 29 Abs. 3 S. 2 AufenthG.
[3] § 29 Abs. 3 S. 2 AufenthG.
[4] § 29 Abs. 3 S. 2 AufenthG.
[5] § 29 Abs. 3 S. 2 AufenthG.