Arbeit
Als national Schutzberechtigte*r mit einer Aufenthaltserlaubnis nach §§ 25 Abs. 3 AufenthG dürfen Sie uneingeschränkt erwerbstätig sein. Sie dürfen also sofort jede Arbeit aufnehmen.[1] Die Ausländerbehörde schreibt einen entsprechenden Vermerk „Erwerbstätigkeit gestattet“ in Ihre Aufenthaltserlaubnis. Auch eine selbstständige Erwerbstätigkeit ist erlaubt. Sie können sich eine Arbeit suchen, sich arbeitslos melden und die Förderangebote der Agentur für Arbeit oder -wenn Sie Arbeitslosengeld II bekommen- der JobCenter in Anspruch nehmen.
Wenn Sie Arbeitslosengeld I oder II erhalten, sind Sie verpflichtet, nach Arbeit zu suchen. Die Arbeitsagentur bzw. das JobCenter kann Sie verpflichten, sich auf konkrete Stellen zu bewerben und an Bewerbungstrainings oder bestimmten Qualifizierungsmaßnahmen teilzunehmen. Auch wenn die Arbeitszeiten ungünstige sind oder Sie aufgrund Ihrer Ausbildung lieber eine andere Arbeit hätten, dürfen Sie die angebotenen Jobs nicht ohne weiteres ausschlagen. Wenn Sie ohne triftigen Grund eine Arbeit ablehnen, können Ihnen die Sozialleistungen gekürzt oder sogar ganz gestrichen werden.
Die Arbeitsagentur bzw. das JobCenter kann Ihre Kosten für Bewerbungen (Bewerbungsmappen, Beglaubigungen, Fotos, Gesundheitszeugnis, Übersetzung von Zeugnissen) übernehmen. Auch Fahrtkosten zu Vorstellungsgesprächen können erstattet werden.[2] Die Arbeitsagentur bzw. das JobCenter kann außerdem finanzielle Unterstützung leisten, um Ihre Eingliederung in den Arbeitsmarkt zu fördern. Dazu zählt zum Beispiel die Kostenübernahme für die Anerkennung im Ausland erworbener Abschlüsse,[3] für Lohnkostenzuschüsse für Arbeitgeber[4] und die Finanzierung einer psychosozialen Beratung oder einer Suchtberatung.[5] Außerdem werden Qualifizierungsangebote und die berufliche Weiterbildung gefördert.[6]
- Beantragen Sie die Übernahme z.B. von Bewerbungskosten, bevor Sie diese bezahlt haben. Erkundigen Sie sich nach speziellen Fördermöglichkeiten für Sie.
Rechte als Arbeitnehmer*in
Als Arbeitnehmer*in haben Sie gegenüber dem Arbeitgeber bestimmte Rechte. Dazu gehören die Auszahlung des vereinbarten Lohns, die Lohnzahlung im Krankheitsfall, der Urlaubsanspruch, die Einhaltung bestimmter Mindeststandard bei der Dauer der Arbeitszeit pro Tag und beim Arbeitsschutz.
- Wenn Sie Schwierigkeiten mit Ihrem Arbeitgeber haben, können Sie vor dem Arbeitsgericht klagen. Lassen Sie sich vorher gut beraten, zum Beispiel bei der Gewerkschaft.
Wenn Sie eine Arbeit gefunden haben und Arbeitslosengeld I oder II erhalten, sind Sie verpflichtet, dies der Arbeitsagentur oder dem JobCenter so schnell wie möglich mitzuteilen. Wenn Sie nicht viel verdienen, bekommen Sie einen neuen Bescheid über Ihre Sozialleistungen und weiterhin ergänzende Leistungen. Wenn Sie Ihre Arbeit nicht unverzüglich melden, fordern die Ämter von Ihnen das zu viel gezahlte Geld zurück. Unter Umständen bekommen Sie auch Probleme, weil man Ihnen Betrug vorwirft.
Ausbildung
Betriebliche Berufsausbildung
Der Aufnahme einer Ausbildung steht formal nichts im Wege. Da Sie uneingeschränkt erwerbstätig sein dürfen, können Sie auch ohne weiteres eine Ausbildung beginnen.
Als national Schutzberechtigte*r können Sie Anspruch auf Berufsausbildungsbeihilfe (BAB) haben.[7] Sie wird zusätzlich zu Ihrem Gehalt als Auszubildende/r gezahlt.
Berufsausbildungsbeihilfe wird während einer beruflichen Ausbildung oder einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme gewährt. Gefördert wird nur, wer in einer Wohnung ohne seine Eltern lebt. Jugendliche unter 18 Jahren erhalten unter Umständen keine Berufsausbildungsbeihilfe, wenn ihre Ausbildungsstätte in der Nähe der Wohnung der Eltern liegt und die Behörde argumentiert, dass Sie auch dort wohnen könnten. Dann können Sie während der Ausbildung weiterhin Arbeitslosengeld II erhalten.[8] Für Verheiratete und Personen mit Kindern spielt die elterliche Wohnung keine Rolle; sie erhalten trotzdem Berufsausbildungsbeihilfe.[9]
Auch durch Berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen, Ausbildungsbegleitende Hilfen, eine Assistierte Ausbildung und auch durch eine Außerbetriebliche Ausbildung können Sie ohne Wartezeit gefördert werden.[10]
Schulische Berufsausbildung
Fach- und Berufsfachschulen vermitteln in Vollzeitunterricht die für den Beruf erforderlichen Kenntnisse. Schulische Ausbildungen werden unter anderem in folgenden Bereichen angeboten:
- Fremdsprachen
- Gestaltung
- Informationstechnik
- Sozial- und Gesundheitswesen
- Technik
- Wirtschaft
Eine berufliche Vorbildung ist für den Besuch einer Berufsfachschule nicht erforderlich, es werden jedoch oft praktische Tätigkeiten in den jeweiligen Tätigkeitsfeldern erwartet.
Für eine schulische Ausbildung ist mindestens ein Hauptschulabschluss erforderlich, meistens sogar ein Realschulabschluss. Oft gibt es mehr Bewerber/innen als Ausbildungsplätze, und es kommt zu einem Auswahlverfahren. Auswahlkriterien können bestimmte Schulnoten, der Notendurchschnitt oder auch die Art der schulischen Vorbildung und die Wartezeit sein. Auch Eignungsprüfungen und Vorstellungsgespräche sind üblich. Schulische Ausbildungen kosten bei privat geführten Schulen oft Gebühren. Ausbildungsstellen ohne Gebühren gibt es zum Beispiel für Erzieher/innen, Heilerziehungspfleger/innen, Hebammen, Medizinisch-technische/r Assistenten/innen.
- Erkundigen Sie sich bei der für Sie zuständigen Arbeitsagentur nach kostenlosen schulischen Ausbildungsangeboten oder schauen Sie im Internet nach unter
http://infobub.arbeitsagentur.de/kurs/index.jsp.
Bei einer schulischen Ausbildung könnte der Lebensunterhalt durch Schüler-BAföG finanziert werden.[11] Mit einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 AufenthG haben Sie Anspruch auf BAföG-Leistungen dann, wenn Sie sich seit 15 Monaten ununterbrochen mit einem Aufenthaltstitel, einer Aufenthaltsgestattung oder einer Duldung in Deutschland aufhalten.[12]
Erfüllen Sie diese Voraussetzungen noch nicht, können Sie nur dann Anspruch auf BAföG-Leistungen haben, wenn Sie selbst vor Beginn der Ausbildung fünf Jahre in Deutschland erwerbstätig waren oder wenn ein Elternteil hier während der letzten sechs Jahre drei Jahre gearbeitet hat.[13] Nach den Verwaltungsvorschriften zum BAföG[14] ist es hierfür erforderlich, dass der Verdienst zur Finanzierung des Lebensunterhalts ausgereicht hat. Hat ein Elternteil Kinder unter zehn Jahren betreut, werden diese Zeiten angerechnet. Auch wenn einer Ihrer Elternteile mindestens sechs Monate hier gearbeitet hat und aus einem wichtigen Grund nicht weiter arbeiten konnte (zum Beispiel bei Arbeitslosigkeit, wenn Arbeitslosengeld bezogen wird, und bei einer Einschränkung der Arbeitsfähigkeit), können Sie BAföG-Förderung erhalten.
Wenn eine schulische Ausbildung angefangen wird, die durch BAföG-Leistungen gefördert wird, kann Arbeitslosengeld II nur in Härtefällen geleistet werden.[15] Nach den Fachlichen Hinweisen der BA[16] ist bei national Schutzberechtigten die Nichterfüllung der Wartefrist von 15 Monaten regelmäßig als Härte anzusehen, da ein schneller Zugang zur Ausbildung ermöglicht werden soll.
Selbstständigkeit
Auch die selbstständige Tätigkeit ist Ihnen seit Inkrafttreten des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes aufenthaltsrechtlich erlaubt. Um den Einstieg in die Selbstständigkeit finanzieren zu können, können Sie von der Arbeitsagentur einen so genannten Gründungszuschuss von 300 Euro monatlich erhalten.[17] Der Gründungszuschuss wird sechs Monate lang zusätzlich zu Ihrem Arbeitslosengeld I gezahlt und kann dann noch einmal für neun Monate verlängert werden. Um einen Gründungszuschuss zu erhalten, müssen Sie noch mindestens fünf Monate lang Anspruch auf Arbeitslosengeld I haben. Außerdem müssen Sie der Arbeitsagentur nachweisen, dass Ihre Gründungsidee tragfähig ist und Sie die dafür benötigten Kenntnisse und Fähigkeiten besitzen.
- Vor einer Existenzgründung sollten Sie sich in jedem Fall umfassend bei der Industrie- und Handelskammer, dem Deutschen Hotel und Gaststättenverband, der Handwerkskammer oder anderen kompetenten Stellen beraten lassen. Diese Vereinigungen bieten auch Existenzgründungsseminare an. Gründen Sie nicht übereilt ein Gewerbe. Schließen Sie vor allem erst einen Mietvertrag oder andere Verträge ab, nachdem Sie sich umfassend beraten lassen haben und ein tragfähiges Konzept haben. Es besteht die große Gefahr dauerhafter Verschuldung.
Arbeitsgelegenheiten
Wenn Sie arbeitslos sind, können Sie vom Jobcenter zu “gemeinnütziger” Arbeit verpflichtet werden.[18] Sie können sich auch selbst darum bemühen und bei dem JobCenter danach fragen. Solche Arbeiten sind zum Beispiel Laubharken im städtischen Park, Mitarbeit in gemeinnützigen Vereinen oder Ähnliches. Für diese Arbeit erhalten Sie zusätzlich zu Ihren Sozialleistungen einen geringen Stundenlohn von etwa 1 bis 2 Euro. Dies ist aber keine reguläre Arbeit und Sie sind darüber nicht sozialversichert. Wenn Sie sich weigern, die angebotene Arbeit auszuführen, oder ohne Entschuldigung fehlen, können Ihre Sozialleistungen gekürzt werden. Gekürzt werden darf im Regelfall nur die Sozialleistung der Person, die die Arbeit verweigert, nicht aber die Sozialleistung für Ihre Kinder.
- Wenn es wichtige Gründe dafür gibt, dass Sie eine gemeinnützige Arbeit nicht ausführen können oder wollen (Krankheit, fehlende Betreuungsmöglichkeit für die Kinder oder anderes), teilen Sie das dem JobCenter so schnell wie möglich mit. Wenn Sie krank sind, sollten Sie ein Attest vorlegen, aus dem Ihre Arbeitsunfähigkeit hervorgeht. Wenn Ihre Sozialleistungen gekürzt wurden, muss die Kürzung wieder aufgehoben werden, sobald Sie Ihre Arbeitsbereitschaft zeigen. Sollten Ihre Sozialleistungen zu Unrecht oder zu stark gekürzt werden oder auch andere Familienangehörige betreffen, wenden Sie sich an einen Rechtsanwalt oder eine Beratungsstelle.
[1] Nach den Änderungen durch das Fachkräfteeinwanderungsgesetz ist für ausländische Staatsangehörige mit einem Aufenthaltstitel seit 01.03.2020 jede Erwerbstätigkeit erlaubt, wenn sie nicht durch ein Gesetz verboten oder beschränkt wurde (§ 4a Abs. 1 S. 1 und 2 AufenthG).
[2] Sog. Förderung aus dem Vermittlungsbudget, § 44 SGB III.
[3] Sog. Förderung aus dem Vermittlungsbudget, § 44 SGB III.
[4] §§ 88 ff SGB III.
[5] § 16a SGB II.
[6] §§ 45; 81 SGB III.
[7] §§ 56; 60 SGB III..
[8] Vgl. § 7 Abs. 5 SGB II.
[9] § 60 SGB III.
[10] §§ 51; 52; 74 – 75a; 76; 450 Abs. 1 SGB III.
[11] § 2 BAföG.
[12] § 8 Abs. 2 Nr. 2 BAföG.
[13] § 8 Abs. 3 BAföG.
[14] Allgemeine Verwaltungsvorschriften zum BAföG Nr. 8.3.5.
[15] §§ 7 Abs. 5; 27 Abs. 3 SGB II.
[16] BA, Fachliche Weisungen § 27 SGB II Leistungen für Auszubildende, Stand 10.8.2016, Nr. 27.10.
[17] § 93 f. SGB III.
[18] § 16d SGB II.