2.2 Während der Anhörung

Während der Anhörung werden Ihre Aussagen auf Deutsch protokolliert.[1] Das Protokoll ist die Grundlage für die Entscheidung im Asylverfahren. Am Ende muss das Protokoll Ihnen noch einmal zurückübersetzt werden. Danach müssen Sie unterschreiben, dass alles richtig und vollständig ist. Diese Unterschrift bedeutet, dass Sie die Darstellung, die sich im Protokoll findet, als richtig anerkennen und sich damit einverstanden erklären. Dies sollten Sie nur tun, wenn es wirklich stimmt. Wenn Sie der Dolmetscher zur Eile gedrängt hat, obwohl Sie noch etwas sagen wollten oder Sie Fragen nicht verstanden haben, sollten Sie das Protokoll nicht unterschreiben oder in Ihrer Sprache handschriftlich Ergänzungen hinzufügen. Wenn das Protokoll Fehler enthält oder nicht vollständig ist, verlangen Sie, dass es korrigiert wird. Achten Sie aber darauf, dass nicht Ihre Aussage korrigiert wird, sondern das Protokoll (Nicht: “Herr X. ergänzt seine Angaben dahingehend, dass …”). Wenn Sie etwas Wichtiges vergessen haben, können Sie es noch ergänzen. Im Übrigen sollten Sie Folgendes beachten:

  • Die Anhörung beginnt oft mit ausführlichen Fragen zum Reiseweg. Lassen Sie sich davon nicht irritieren. Diese Fragen dienen dazu zu klären, ob ein anderer Staat gefunden werden kann, der für Ihr Asylverfahren zuständig ist. Sie müssen alle entsprechenden Unterlagen (Flug- und Fahrscheine) vorlegen.
  • Antworten Sie auf Fragen erst, wenn Sie diese genau verstanden haben. Fragen Sie besser noch einmal nach.
  • Falls Sie Vorbehalte gegen den Dolmetscher/die Dolmetscherin oder etwas nicht verstanden haben, geben Sie das zu Protokoll und verlangen Sie einen anderen Dolmetscher. Nicht alle Dolmetscher, die vom Bundesamt eingesetzt werden, sind genügend qualifiziert. Auch wenn Sie kein Deutsch verstehen, können Sie feststellen, dass ein Dolmetscher nicht richtig übersetzt. Wenn er beispielsweise lange Erklärungen oder Fragen des Mitarbeiters des Bundesamtes nur kurz übersetzt, ist das ein Hinweis für eine schlechte Übersetzung. Verlangen Sie dann unbedingt einen anderen Dolmetscher/eine andere Dolmetscherin! Zur Not muss die Anhörung vertagt werden.
  • Nicht immer kann der Dolmetscher/die Dolmetscherin die Sprache, in der Sie sich am besten ausdrücken können. Manchmal sprechen Dolmetscher auch einen anderen Dialekt als Sie. Lassen Sie sich hier auf keine Kompromisse ein und verlangen Sie einen anderen Dolmetscher/eine andere Dolmetscherin!
  • Wenn es auf die Übersetzung bestimmter Fachbegriffe ankommt und Sie den Eindruck haben, dass dem Dolmetscher/der Dolmetscherin diese Begriffe nicht geläufig sind, geben Sie das zu Protokoll! Wenn möglich, schreiben Sie die Begriffe in Ihrer Sprache auf. Sonst kann es vorkommen, dass man Ihnen wegen schlechter Übersetzungen des Dolmetschers/der Dolmetscherin nicht glaubt.
  • Antworten Sie auf alle Fragen möglichst ausführlich. Sie haben das Recht, so lange zu sprechen, wie es notwendig ist. Je mehr Details Sie einbringen, desto glaubwürdiger erscheinen Sie.
  • Berichten Sie auch Ereignisse, persönliche Erlebnisse oder Vorfälle, nach denen nicht gefragt wurde. Dies ist Ihre einzige Gelegenheit dazu. Was Sie später noch berichten, zum Beispiel vor Gericht, kann als “gesteigertes Vorbringen” gewertet und deshalb für nicht glaubhaft befunden werden.
  • Zeigen Sie alle Beweise (Dokumente, Zeitungsartikel, Fotos …) vor. Verlangen Sie von allen Dingen eine Kopie.
  • Erzählen Sie auch von Dingen, die schmerzlich und peinlich sind. Das ist manchmal schwer für Sie, kann aber trotzdem für Ihr Asylverfahren sehr wichtig sein. Falls Sie es nicht können, so sagen Sie wenigstens, dass Sie an dieser Stelle nicht weitersprechen können, weil die Erinnerung zu schlimm für Sie ist.
  • Grundsätzlich sollten Sie auf Richtigkeit und Genauigkeit, vor allem auf die richtige Reihenfolge der Ereignisse achten. Wenn Sie aber bei bestimmten Dingen Schwierigkeiten haben, sich genau zu erinnern, oder bestimmte Daten einfach nicht mehr wissen, dann sagen Sie das so. Es ist besser, auf Erinnerungsschwierigkeiten hinzuweisen, als falsche Vermutungen als Tatsache hinzustellen. Denn wenn sich Widersprüche in Ihren Aussagen finden, wird man Ihnen wahrscheinlich nicht glauben.
  • Zum Schluss werden Sie nach dem Vorlesen und Übersetzen des Protokolls noch einmal gefragt, ob Sie noch etwas zu sagen haben. Hier sollten Sie auf keinen Fall sofort “nein” sagen. Überlegen Sie gut, ob Sie alles vollständig und ausführlich geschildert haben. Wenn Sie noch etwas ergänzen möchten, dann tun Sie das jetzt. Lassen Sie sich nicht unter Zeitdruck setzen.
  • Unterschreiben Sie das Protokoll der Anhörung erst, wenn es Ihnen Wort für Wort in Ihre Sprache zurückübersetzt wurde und Sie es auf seine Richtigkeit und Vollständigkeit geprüft haben. Verlangen Sie eine Kopie dieses Protokolls,[2] die Sie zusammen mit den anderen Unterlagen gut aufheben. Falls Sie einen Rechtsanwalt oder eine Rechtsanwältin haben, schicken Sie ihm/ihr eine Kopie des Protokolls. Lesen Sie das Protokoll selbst ggf. mit Hilfe eines Dolmetschers/einer Dolmetscherin: Sind aus Ihrer Sicht Fehler in dem Protokoll enthalten oder möchten Sie etwas ergänzen, wenden Sie sich an Ihre/n Rechtsanwalt/Rechtsanwältin oder an eine Beratungsstelle.

 

[1] § 25 Abs. 7 S. 1 AsylG.

[2] § 25 Abs. 7 S. 2 AsylG.

 

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