Perspektiven für Jezid:innen

Vorläufiges Resümee zum Abschluss der Ausstellung „Farben der Hoffnung“ von Ravo Ossman am 28. April 2024
Das am 24.04.2024 veröffentlichte Gutachten von PRO ASYL und Wadi e.V „Zehn Jahre nach dem Völkermord: Zur Lage der Jesidinnen und Jesiden im Irak“ unterstreicht die düstere Lage der Jesid:innen im Irak, wie sie auch im Rahmen der ausstellungsbegleitenden Veranstaltungsreihe des Flüchtlingsrats deutlich wurde. Die Forderung nach einem sofortigen bundesweiten Abschiebestopp für Jesid:innen muss deutlicher zur Sprache kommen. Es braucht eine dauerhafte und sichere Bleibeperspektive in Deutschland.
Obwohl der Deutsche Bundestag Anfang 2023 die Verfolgung der Jesid:innen als Völkermord anerkannt hat und obwohl die Lage im Irak nach wie vor sehr unsicher ist, schieben seit einigen Monaten mehrere Bundesländer wieder Jesid:innen in den Irak ab. Auch Niedersachsen hat seinen Abschiebestopp aufgehoben. Tausende Jesid:innen fürchten, dass es ihnen bald ebenso ergeht.

Link zum Flyer zu Ausstellung und Begleitprogramm
 

Im Rahmen der Finissage der Ausstellung „Farben der Hoffnung“, resümierte Stefan Klingbeil: „Es ist widersinnig, von einer „inländischen Fluchtalternative“, ja einem Leben in Sicherheit für Jesid:innen im Irak auszugehen. Die Herkunftsregion der geflohenen Jesid:innen, die den Völkermord überlebt haben, ist Zielscheibe alltäglicher massiver Gewalt bis hin zu Bombardierungen u.a. durch die türkische Luftwaffe. Die Abschiebeandrohung, ist ein doppelter Schlag ins Gesicht dieser Menschen.“ Dies ist das Resümee, das auch Basma Haji Khider am 19.März im Stephansstift auf einer Kooperationsveranstaltung mit wadi e.V. zog. Khider ist Menschenrechtsaktivistin und arbeitet in den Flüchtlingslagern im Shengal.
Unterstrichen wurde diese Einschätzung am 15.April von Referent:innen von NAV-DEM Hannover im Pavillon. Die Besuche Erdogans in Bagdad und Erbil ordneten sie in dessen Interessen an Öl und Gaspipelines (durch kurdisches Gebiet und also auch den Shengal) ein (s.a. SZ vom 22.04.2024). Ankara sei inzwischen mit Dutzenden von Stützpunkten im Nordirak präsent und arbeitet an einem Sicherheitskorridor, bei dem das Siedlungsgebiet der Jesid:innen Zielscheibe ist. Im Dreieck Istanbul : Bagdad / Erbil : Damaskus wird denn auch dieser Tage über die Zukunft des Shengal entschieden. Die Abschiebeandrohung dort hinein ignoriert bewusst diese explosive Dynamik.

Eindrücklich hierbei die Berichte von nach Deutschland Geflohener, wie sie Claudia Ruhs und Sebra Xalti in der Lesung aus ihrem Buch „Töchter der Sonne“ am 17.04. vortrugen. Denn neben Erzählungen aus der Zeit im Shengal, dem Leben vor dem Genozid und der Vertreibung und den Erfahrungen auf der Flucht, bilden hier auch Eindrücke über das Hier-Ankommen einen Schwerpunkt, der die Abschiebeandrohungen um so unwirklicher erscheinen lassen.

Vertreter:innen der Bielefelder Intiative „Frieden und Freiheit für Kurdistan“ zeigten bei aller Bedrohlichkeit zum Abschluss des Begleitprogramms dann doch hoffnungsvolle Projekte auf. In ihren beiden Projekten „Spielplätze für Shengal“ und „Ein Wald des Gedenkens für Shengal“ arbeiten sie in direktem Kontakt mit lokalen Selbstverwaltungsstrukturen an einer Perspektive für diese von Krieg und Vertreibung gezeichnete Region. „Die gewaltsame Abschiebeandrohung für diese von Tod und Vertreibung traumatisierten Menschen sind kontraproduktiv und wenig hilfreich auf dem Weg des Wiederaufbaus“, so ihre Referentin.

Töchter der Sonne„Farben der Hoffnung“ ist der Titel der Ausstellung von Ravo Ossman. Ein Titel, der durch die aktuelle Politik der Bundesregierung sowie der niedersächsischen Landesregierung konterkariert wird. Ausstellung und die Veranstaltungen im Begleitprogramm zeugten von großem Interesse am Schicksal der Jesid:innen, unterstrichen aber auch, wie wichtig es ist, ihre Interessen nach einer Bleibeperspektive hier einerseits, aber auch nach einer friedlichen Perspektive im Shengal anderseits stärker zu Gehör zu bringen.

Wir danken der der Bürgerstiftung Hannover, der Landeshauptstadt Hannover, NAV-DEM Hannover, dem Pavillon, Pro Asyl e.V., der Rosa Luxemburg Stiftung Niedersachsen und wadi e.V. für ihre freundliche Unterstützung und die hilfreiche Kooperation.

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