Datum/Zeit
16.06.2017
13:00 - 17:45 Uhr
Veranstaltungsort
Historisches Gebäude der SUB Göttingen (Seminarraum 1. OG)
Papendiek 14
37073 Göttingen
„Die Perspektive flüchtender Frauen und Mädchen und ihre besondere Gefährdungssituation vor, während und nach der Flucht finden kaum Eingang in die aktuelle Debatte. Nur selten sind ernsthafte Anstrengungen bemerkbar, ihre Lage tatsächlich verbessern zu wollen.“
(Aus dem Forderungspapier von Medica Mondiale zur Bundestagswahl 2017)
Sowohl Fluchtgründe von Frauen als auch die Gegebenheiten und Gefahren während der Flucht und im Aufnahmeland unterscheiden sich von jenen geflüchteter Männer. Frauen und Mädchen sind in ihren Herkunftsländern, während der Flucht und auch in den Unterbringungen vor Ort spezifischen Problemen ausgesetzt und vermehrt von geschlechtsspezifischer Gewalt betroffen.
Nach ihrer Ankunft in Deutschland haben Geflüchtete bei der kommunalen Verteilung und Unterbringung zumeist wenig bis keine Mitsprache. Daraus ergibt sich für die Kommunen die Verantwortung, den Schutz der von ihnen in Gemeinschaftsunterkünften untergebrachten Geflüchteten zu gewährleisten. Insbesondere für geflüchtete Frauen und Kinder besteht hier ein erhöhter Schutzbedarf. Denn nicht nur mangelnde Privatsphäre, räumliche Enge und fehlende Rückzugsmöglichkeiten, sondern auch soziale Hierarchien und der geringe Handlungsspielraum für Frauen in Gemeinschaftsunterkünften begünstigen eine oft unzumutbare Situation. Allein in der Stadt Göttingen leben derzeit mehr als 830 Geflüchtete in Gemeinschaftsunterkünften – mehrere hundert von ihnen sind Frauen und Mädchen. Notwendig ist es daher, Gewaltschutzkonzepte nicht nur modellhaft zu entwickeln, sondern verbindlich umzusetzen und strukturelle Wege für ein Empowerment geflüchteter Frauen zu entwickeln.
Im vergangenen Jahr haben das Bundesfamilienministerium und UNICEF unter Beteiligung namhafter Expert:innen Mindeststandards für Flüchtlingsunterkünfte erarbeitet. Eines der Pilotprojekte zur Umsetzung läuft derzeit in einer Göttinger Unterkunft. Zudem haben Frauen-, Migrant:innen- und Gewaltschutzinitiativen in Göttingen konkrete Maßnahmen zum Gewaltschutz für Frauen und Kinder in Flüchtlingsunterkünften entwickelt, die in der Stadt umgesetzt werden sollen. Auch lokale Initiativen der Geflüchtetenarbeit fordern die Durchsetzung von Mindeststandards und Maßnahmen zum Gewaltschutz ein.
Diese Themen und weitere Fragen werden in der öffentlichen Veranstaltung am konkreten Beispiel der Stadt Göttingen diskutiert. Hierzu werden wissenschaftliche Einschätzungen, kommunale Praxis, die Perspektive von Geflüchteten und zivilgesellschaftliche Haltungen miteinander verbunden. Wie lassen sich Unterkünfte so gestalten, dass sie schützende Rahmenbedingungen bieten? Welche Handlungsleitlinien müssen Kommunen befolgen, um geflüchtete Frauen vor Gewalt zu schützen? Wie können Konzepte zum Gewaltschutz implementiert und ihre Umsetzung gewährleistet werden? Welche Lücken bestehen bei der Gewaltprävention und wo sind Verbesserungen möglich? Das Ziel ist es, einen Überblick über die Lebensbedingungen geflüchteter Frauen in Göttingen zu gewinnen, um daran anlehnend gemeinsam konkrete Empfehlungen für kommunales Handeln zu entwickeln.
Das Programm (PDF-Version)
13:00 – 13:15
I. Begrüßung und Einführung
Laura Müller, Flüchtlingsrat Niedersachsen e.V.
Begrüßung und Einführung
Christine Müller, Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Göttingen
Grußwort
13:15 – 15:30
II. Geflüchtete Frauen und Gewaltschutz in Flüchtlingsunterkünften
Prof. Dr. Sabine Hess, Institut für Kulturanthropologie/Europäische Ethnologie der Georg-August-Universität Göttingen
Frauen in der Fluchtbewegung und die Instrumentalisierung von Gender in Migrationspolitiken
Tatjana Leinweber, Frauenhauskoordinierung e.V. (Berlin)/Susann Thiel, Der Paritätische Gesamtverband (Berlin)
Gewaltschutz für geflüchtete Frauen. Aktuelle Entwicklungen zum Schutz vor geschlechtsspezifischer Gewalt in Unterkünften
Elizabeth Ngari, Women in Exile and Friends (Potsdam)
Ausgelagert, ausgegrenzt, ausgeliefert… Flüchtlingsfrauen in Sammelunterkünften (Vortrag auf Englisch mit Simultanübersetzung)
Geflüchtete Frauen in Göttingen
Beiträge, Stimmen, Perspektiven aus Göttingen
16:00 – 16:45
III. Gewaltprävention in Göttingen
Katrin Hille, Frauennotruf Göttingen
Flüchtlingsfrauen in Göttingen. Erfahrungen des Frauennotrufs in der Arbeit mit Flüchtlingsfrauen
Conny Hiller/ Naoual Ghafari, Bonveno Göttingen gGmbH, Flüchtlingsunterkunft am Nonnenstieg
Modellprojekt und Betreuungsalltag. Die Umsetzung der Mindeststandards von Bundesfamilienministerium und UNICEF vor Ort
Gesamtmoderation:
Vivien Hellwig, Flüchtlingsrat Niedersachsen e.V.
16:45 – 17:45
Abschlussdiskussion mit Fragen und Beiträgen aus dem Publikum
Prof. Dr. Sabine Hess
Elizabeth Ngari
Claire Deery, Rechtsanwältin (Göttingen) und Vorstandsvorsitzende des Flüchtlingsrats Niedersachsen e.V.
Die Veranstaltung wird organisiert vom Flüchtlingsrat Niedersachsen e.V., dem Forschungsprojekt Gender, Flucht, Aufnahmepolitiken. Prozesse vergeschlechtlichter In- und Exklusionen in Niedersachsen am Institut für Kulturanthropologie/Europäische Ethnologie der Georg-August-Universität Göttingen, dem Integrationsrat Göttingen, der Initiative Willkommen Flüchtlinge am Klausberg e.V., dem Refugee Network Göttingen – Hilfe für Geflüchtete e.V. sowie dem Verein Niedersächsischer Bildungsinitiativen e.V.
Zur besseren Planung freuen wir uns über eine Anmeldung per E-Mail an sas@nds-fluerat.org bis zum 12. Juni 2017. Wir bemühen uns darum, während der Veranstaltung Übersetzungen zu ermöglichen. Wir bitten daher darum, gewünschte Übersetzungen in eine bestimmte Sprache bei uns anfragen.
Kontakt
Sascha Schießl
Flüchtlingsrat Niedersachsen e.V.
sas@nds-fluerat.org
Tel.: 0511 – 98 24 60 30
Durchwahl: 0511 – 85 64 54 59