Das Projekt ist ausgelaufen, die Informationen sind veraltet. Die Inhalte belassen wir nur zu Dokumentationszwecken auf unserer Homepage.
[Stand: 2007]
„Jeder Mensch hat das Recht auf Arbeit, auf freie Berufswahl, auf angemessene und befriedigende Arbeitsbedingungen sowie auf Schutz gegen Arbeitslosigkeit“ (Artikel 23 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte)Unter der Rubrik „Debatte zum Arbeitsrecht“ veröffentlichen wir Artikel und Beiträge, in deren Mittelpunkt das Thema „Zugangsmöglichkeiten zum Arbeitsmarkt für Flüchtlinge“ steht.
BAföG-Änderungsgesetzes soll nun doch bereits zum Wintersemester 2007/2008 in Kraft treten
Das Bundeskabinett hatte ein BAföG-ßnderungsgesetz beschlossen, dass laut Bildungsministerin Schavan das BAföG „familienfreundlicher und internationaler“ machen soll. Diese BAföG-ßnderung sollte ursprünglich im Herbst 2007 in Kraft treten. Durch die (erfreuliche) geplante Erhöhung des BAföG um 10%, dem der Bundesrat erst noch zustimmen muss, drohte eine Verzögerung bis zum Wintersemester 2008/2009. Nun soll laut Bundesintegrationsbeauftragter Maria Böhmer alles daran gesetzt werden, dass die ßnderungen bereits ab Wintersemester 2007/2008 wirksam werden.
Auszubildende und Studierende sollen nach dem Gesetzentwurf dann BaföG erhalten können, wenn sie eine dauerhafte Bleibeperspektive haben. Wenn eine Aufenthaltserlaubnis vorliegt, soll dann nicht mehr “ wie bisher “ notwendig sein, dass die Eltern oder die Betroffenen zuvor eine Mindestzeit erwerbstätig waren. ßber das ßnderungsgesetz muss jedoch noch im und Bundesrat abgestimmt werden.
Den Gesetzentwurf gibt es hier als PDF
Pressemitteilung der Bundesbildungsministerin Schavan
Landtagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen stellt Antrag auf Erleichterung zum Arbeitsmarktzugang für Flüchtlinge
Am 10.05.2006 hat die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen im Niedersächsischen Landtag einen Antrag auf Erleichterung des Zugangszum Arbeitsmarkt für Flüchtlinge gestellt. In dem Entschließungsantragwird die Landesregierung aufgefordert, Ausländerbehörden und Kommunenanzuweisen, Anträge von AsylbewerberInnen und geduldeten Flüchtlingenauf eine Arbeitsgenehmigung durch „entsprechende Ermessensausübungweitestgehend positiv zu bescheiden“. Weiterhin soll die Landesregierung aufgefordert werden, eine Bundesratsinitiative auf den Weg zu bringen, die eine Erteilung von Arbeitserlaubnissen für Flüchtlinge “ hierbei insbesondere Jugendliche“ erleichtert. Dies zielt v.a. auf ßnderungen in der Beschäftigungsverfahrensverordnung ab.
Arbeitserlaubnis für geduldete Jugendliche/junge Erwachsene imRahmen der Härtefallregelung nach § 7 BeschVerfV nur im Einzelfall
Die Bundesarbeitsgemeinschaft Jugendsozialarbeit (BAG JAW) hat beimBundesministerium für Wirtschaft und Arbeit angeregt, grundsätzlich dieHärtefallregelung nach § 7 der Beschäftigungsverfahrensverordnung (BeschVerfV) für Jugendliche mit Duldungsstatus anzuwenden. DieHoffnungen, die mit der Härtefallregelung verknüpft waren, haben sich allerdings zerschlagen. Die Regelung findet auch bei Jugendlichen nur Anwendung, wenn eine Härte „den Ausländer in außergewöhnlicher Weisebelastet“.
Einige Hoffnungen und Diskussionen über Möglichkeiten der Erteilung von Arbeitsgenehmigungen insbesondere für Jugendliche mit Duldungsstatus hat ein Schreiben des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit (BMWA) an das Büro der Bundesbeauftragten für Migration, Flüchtlinge und Integration ausgelöst. In diesem Schreiben vom 10. November 2004 bestätigt eine Mitarbeiterin des BMWA einer Mitarbeiterin der Bundesbeauftragten, „dass bei als minderjährigen eingereisten Jugendlichen oder jungen Erwachsenen, die trotz einer über 18 Monate hinaus bestehenden Unmöglichkeit der Abschiebung und einer im konkreten Fall nicht bestehenden zumutbaren Möglichkeit der freiwilligen Ausreise keine Aufenthaltserlaubnis bekommen, das Ministerium für Wirtschaft und Arbeit ggf. im Wege der Weisung dafür sorgt, dass die Dienststellen der Bundesagentur für Arbeit im Rahmen der Härtefallregelung des § 7 BeschVerfV eine Zustimmung zur Ausübung einer Beschäftigung oder Berufsausbildung erteilen können.“Auf das in diesem Schreiben erläuterte Verfahren bezog sich die Bundesarbeitsgemeinschaft Jugendsozialarbeit (BAG JAW) und regte in einem Brief an den damaligen Bundesinnenminister Schily und den damaligen Bundeswirtschaftsminister Clement an, die Härtefallregelung pauschal auf geduldete Jugendliche/junge Erwachsene, die als Minderjährige eingereist sind und in absehbarer Zeit nicht ausreisen bzw. abgeschoben werden können, anzuwenden.
In einem Antwortschreiben an die BAG JAW teilte der Leiter der Abteilung Arbeitsmarkt/ Ausländerbeschäftigung/ Arbeitslosenversicherung im BMWA mit, dass eine pauschale Anwendung der Härtefallregelung der Zielrichtung der Verordnung und des Verordnungsgebers widerspräche. Wer seine Abschiebehindernisse selbst zu verschulden habe, solle nach dem Willen des Gesetzgebers nicht in Deutschland integriert werden. Deshalb sei auch nicht beabsichtigt, diese Menschen in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Der Mitarbeiter des BMWA verweist hierbei ausdrücklich auf den § 11 der Beschäftigungsverfahrensverordnung, wonach „geduldeten Ausländern“ die Ausübung einer Beschäftigung nicht erlaubt werden darf, „wenn sie sich in das Inland begeben haben, um Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu erlangen, oder wenn bei diesen Ausländern aus von ihnen zu vertretenden Gründen aufenthaltsbeendende Maßnahmen nicht vollzogen werden können“. Es müsse in jedem Einzelfall geprüft werden, ob ein Jugendlicher/junger Erwachsener mit Duldung selbst verschuldet hat, dass er nicht abgeschoben werden könne. Weiterhin wies er darauf hin, dass die besondere Härte in jedem Einzelfall geprüft werden müsse.
Auf die Anfrage des Niedersächsischen Flüchtlingsrates an den Leiter der Abteilung Arbeitsmarkt/ Ausländerbeschäftigung/ Arbeitslosenversicherung im BMWA, in welchen Fällen eine Anwendung der Härtefallregelung nach § 7 BeschVerfV denkbar sei, bekräftigte er, dass „nur Umstände die Annahme einer Härte rechtfertigen, die den Ausländer in außergewöhnlicher Weise belasten“. Es werde im Einzelfall geprüft werden müssen, allgemeine Umstände, wie sie bei einer Vielzahl von Ausländern auftreten könnten, würden nicht ausreichen. Dies wurde zudem noch durch einen Mitarbeiter des Büros der Bundesbeauftragten für Integration bestätigt.
Demnach stellt es noch keine besondere Härte im Sinne des § 7 BeschVerfV dar, wenn Jugendliche/junge Erwachsene allein die Voraussetzungen erfüllen, dass sie als Minderjährige eingereist sind, seit über 18 Monaten wegen Unmöglichkeit der Abschiebung geduldet sind und auch auf absehbare Zeit nicht abgeschoben werden können und denen zudem nicht zugemutet werden kann, freiwillig auszureisen.
Fazit: Die Hoffnungen, die sich an die Härtefallregelung geknüpft haben, dass für etliche Jugendliche mit Duldungen großzügig Arbeitserlaubnisse ohne Vorrangprüfung und Prüfung der Arbeitsbedingungen erteilt werden würden, haben sich leider zerschlagen. Nur in Einzelfällen, in denen eine außergewöhnliche Härte geltend gemacht werden kann, besteht die Möglichkeit einer generellen Arbeitserlaubnis.
Potentiale von Flüchtlingen bleiben ungenutzt
Von Dagmar Beer-KernVor rund drei Jahren wurde die EU-Gemeinschaftsinitiative EQUAL gestartet. Die damals 15 Mitgliedsstaaten der Europäischen Union beschlossen mit EQUAL als eine Art Laboratorium für neue Ideen, bestehende Ungleichheiten und Diskriminierungen auf dem Arbeitsmarkt und in der Arbeitsmarktförderung abzubauen.
Erstmals ist in einem europaweiten arbeitsmarktpolitischen Programm die Gruppe der Asylbewerber und Flüchtlinge explizit einbezogen, was auch in Deutschland zur erheblichen Problemen sowohl in der Planungsphase als auch in der konkreten Praxis führte und immer noch führt, denn die Förderung der Integration in den Arbeitsmarkt, der Abbau der Erschwernisse beim Arbeitsmarktzugang und die Entwicklung aller Humanressourcen in einem europäischen wissensbasierten Wirtschaftsraum, war in den Mitgliedsstaaten und vor allem auch in Deutschland für die Zielgruppe der Asylbewerber und Flüchtlinge nicht vorgesehen. Deutschland hatte kein Interesse an der erstmaligen Einbeziehung dieser Zielgruppe in ein arbeitsmarktpolitisches Programm, weshalb auch Probleme arbeitsrechtlicher Art oder auch die notwendige nationale Kofinanzierung, die EU-geförderten Asylprojekte immer wieder vor schwer zu bewältigenden Probleme stellten.
Das es trotzdem gelungen ist in der ersten Förderwelle insgesamt acht „Asyl-Entwicklungspartnerschaften“ mit großem Erfolg durchzuführen und auch in der zweiten Förderwelle wiederum acht Projekte dieses Jahr starten werden, das es gelungen ist, die nationale Kofinanzierung zu sichern und Arbeitsgenehmigungen auch für eine duale Ausbildung wenn auch nur nach Einzelfallprüfung zu erreichen, grenzt an ein Wunder, denn Die auf geduldete Flüchtlinge und Asylbewerber bezogene Bildungs-, Sozial- und Beschäftigungspolitik in Deutschland ist besonders restriktiv. Flüchtlinge und Asylbewerber sind in nahezu allen Lebensbereichen ausgegrenzt, so z.B.: – noch immer sind ihre Kinder nicht in allen Bundesländern selbstverständlich in die Schulpflicht einbezogen – Jugendliche können nach Abschluss der allgemeinbildenden Schule nicht selbstverständlich eine Berufsausbildung bzw. ein Studium aufnehmen – Erwachsene Asylbewerber oder geduldete Flüchtlinge haben keinen Anspruch auf einen Deutschkurs – Eine Arbeitserlaubnis wird den meisten Flüchtlingen nicht erteilt – Ein Bleiberecht bis zum Abschluss einer Schulausbildung bzw. Qualifizierungsmaßnahme wird ihnen nicht zugestanden. – Die Gesundheitsversorgung der Flüchtlinge ist mangelhaft. Vor diesem Hintergrund sind Projekte wie SPuk hier in Niedersachen, aber auch in den anderen sieben Entwicklungspartnerschaften besonders ambitioniert, denn es geht nicht nur um die Verbesserung der gesundheitlichen Versorgung der Asylbewerber und geduldeten Flüchtlinge, es geht vor allem auch um eine tatsächliche aktive Qualifizierungs- und Beschäftigungspolitik für eine Zielgruppe. Das Ziel der Entwicklungspartnerschaften eine Brücke zu Ausbildung, Weiterbildung und Umschulung zu schaffen, um darüber den Zugang auch zu Beschäftigung im Gastland zu ermöglichen und damit Asylbewerbern und Flüchtlinge neue Perspektiven zu eröffnen gerät immer wieder in Konflikt eines grundlegenden in der Gemeinschaftsinitiative EQUAL angelegten Widerspruchs, denn: Mit EQUAL sollen laut EU-Programm Diskriminierungen auf dem Arbeitsmarkt abgebaut werden, aber Die entscheidende Diskriminierung der Asylbewerber und geduldeten Flüchtlinge auf dem Arbeitsmarkt “ das restriktive Arbeitsgenehmigungsrecht “ darf dabei allerdings nicht angetastet werden.
In diesem Spagat bewegen sich die Entwicklungspartnerschaften. Die eingeschränkte Sichtweise in der Programmbeschreibung von EQUAL und die Stellungsnahmen der politisch Verantwortlichen betonen immer wieder die Priorität der Rückkehrförderung bei allen Qualifizierungs- und Sprachfördermaßnahmen. Das heißt Herstellung, Wiederherstellung und Erhalt der Beschäftigungsfähigkeit hat unter dem Diktat der Rückkehrförderung zu erfolgen. Diese Sichtweise der Förderung der Beschäftigungsfähigkeit für den Arbeitsmarkt des Herkunftslandes kollidiert allerdings mit der nationalen Arbeitsmarktförderung, die für die Integration in den deutschen Arbeitsmarkt gedacht ist. Dies erschwert nicht nur die konkrete Ausgestaltung von Qualifizierungsangeboten, sondern gleichzeitig die Beantragung und Sicherung der nationalen Kofinanzierung.
Dem zugrunde liegt vor allem ein eingeschränktes Verständnis von Migration. Nach dieser Sichtweise bewegen sich die Flüchtlinge nur zwischen einer Herkunfts- und einer Ankunftsgesellschaft, somit zwischen zwei nationalstaatlich definierten Arbeitsmärkten. Entweder sie sind nur vorübergehend hier und müssen auf ihre Rückkehr in die Herkunftskultur vorbereitet werden (Erhalt der Rückkehrfähigkeit), oder aber sie bleiben hier und müssen sich an die so genannte deutsche Kultur anpassen (Förderung der Integration).
Bildungs- und Qualifizierungsangebote werden deshalb ausschließlich mit Bezug auf hier und dort diskutiert. Für die Zielgruppe der Asylbewerber und geduldeten Flüchtlinge ist dabei nur das dort vorgesehen. Neuere Untersuchungen und Erkenntnisse der transnationalen Migration werden dabei nicht berücksichtigt. Dabei wird seit einigen Jahren deutlich, dass gerade Flüchtlinge als Transmigranten gesehen werden müssen, d.h. ihnen stellen sich die Alternativen nicht unbedingt als Verbleib im Aufnahmeland oder Rückkehr ins Herkunftsland, sondern gerade für sie besteht die Option der Weiterwanderung in ein Dritt- oder auch Viertland, d.h. sie leben global.
Vor diesem Hintergrund ist die konkrete Praxis in den Entwicklungspartnerschaften im Themenbereich „Asyl“ zu begrüßen, das sie sich nicht nur auf die Förderung der Beschäftigungsfähigkeit für den Herkunftsarbeitsmarkt beschränkt. Vor dem Hintergrund dieser Transmigration, muss die Ausgangsbasis für Bildung und Qualifizierung in den Bedingungen des Arbeitsmarktes in Deutschland liegen, denn im Rahmen globaler Migration sind einzelne nationale Arbeitsmärkte, auf die vorbereitet werden kann, kaum zu identifizieren. Es gilt unter den in Deutschland gegebenen Bedingungen einer zunehmenden Wissensgesellschaft, auch Asylbewerbern und Flüchtlingen das Recht auf höchstmögliche Bildung und Qualifizierung und somit auf Selbstentfaltung zuzugestehen. Das bedeutet auch den gleichberechtigten Zugang zum hiesigen Arbeitsmarkt, denn Bildung, Beruf und Arbeit stabilisiert und eröffnet individuelle Entwicklungschancen.
Das heißt, aus meiner Sicht gilt es Asylbewerbern und Flüchtlingen, deren vorübergehender Aufenthalt sich häufig über viele Jahre erstreckt und oftmals sogar dauerhaft ist, den gleichberechtigten Zugang zu beruflichen Ausbildungsgängen und zu qualifizierter Beschäftigung zu ermöglichen. Das derzeitige so genannte Vorrangprinzip bedeutet, dass die Möglichkeiten zur Arbeits- und Ausbildungsaufnahme regional sehr unterschiedlich und angesichts der derzeitigen Arbeitslosigkeit nahezu ausgeschlossen ist. Nur ein Beispiel:
Welchen Sinn macht es, wenn ein Jugendlicher aus dem Libanon, der nun seit zwölf Jahren hier lebt, der seinen Realschulabschluss gemacht und einen Ausbildungsplatz gefunden hat, dann gesagt bekommt, dass er diese Ausbildung nicht antreten kann, weil er keine Arbeitserlaubnis bekommt. Dies ist eine Verschwendung von Lebenszeit für den Einzelnen und eine Verschwendung von Ressourcen für die Gesellschaft.
Betroffen sind von dieser Situation etwa 200,000 geduldete Flüchtlinge und rund 35.000 Asylbewerber, deren Zahlen insgesamt seit Jahren kontinuierlich zurückgehen.
Auch die Süssmuth Kommission plädierte aus integrationspolitischen und wirtschaftlichen Gründen für einen gleichrangigen Zugang zum Arbeitsmarkt, um Ressourcen nicht ungenutzt zu lassen und zukünftige Problemfälle zu vermeiden.
Deutschland erlaubt sich seit Jahren konsequent den Luxus, Potentiale ungenutzt zu lassen und Ressourcen zu vergeuden. Es ist noch nicht einmal flächendeckend bekannt, mit welchen Potentialen und Qualifikationen Asylbewerber und Flüchtlinge nach Deutschland kommen. Einzelne qualitative Untersuchungen belegen einen hohen Anteil von Akademikern unter den Flüchtlingen sowie ein hohes Maß an mehrsprachiger Kompetenz und Weiterbildungsmotivation. Statt dies zu nutzen, wird es gesellschaftlich ignoriert und damit wird dem Klischee, dass Asylbewerber und Flüchtlinge meist ohne fundierte Ausbildung bzw. als Analphabeten nach Deutschland kommen, Vorschub geleistet. Diesem Ressourcenverlust durch langjährige Wartezeiten muss entgegengesteuert werden.
Ein Beispiel, das diese Absurdität verdeutlicht:
Der dringende Bedarf der Wirtschaft an hoch qualifizierten IT-Kräften, führte zur so genannten Green Card. In einigen Regionen gab es hoch qualifizierte IT-Kräfte unter den geduldeten Flüchtlingen, denen zunächst die Arbeitsgenehmigung verweigert wurde. Der Hinweis, sie können in ihr Herkunftsland zurückkehren und von dort aus einen Green Card-Antrag stellen ist vor dem Hintergrund des Flüchtlingsstatus dieser Menschen nur als absurd zu bezeichnen. Erst durch den Einsatz einer Vielzahl von Akteuren, gelang es, diesen Menschen eine qualifizierte Beschäftigung zu ermöglichen, was allerdings teilweise bis zu neun Monaten gedauert hat. Dies ist nicht nur menschenverachtend, es entspricht auch nicht den Interessen der Bundesrepublik Deutschland.
Voraussetzung für die Humanisierung der Lebenssituation geduldeter Zuwanderer ist die Anerkennung der Tatsache, dass es sich bei den langfristig Geduldeten letztendlich um Einwanderer handelt. Sie werden es um so mehr, je häufiger und länger ihre Duldung erneuert wird.
2003 lebten 28 % der geduldeten Ausländer seit 5 bis 10 Jahren, 32 % zwischen 10 und 20 Jahren und sogar 2 % seit 20 bis 30 Jahren in Deutschland.
Es ist schlechthin unmenschlich, dass Geduldete, die sich seit Jahren in Deutschland aufhalten, hier geboren und zur Schule gegangen sind, ein gesicherter Aufenthalt und der ungehinderte Zugang zum Arbeits- und Ausbildungsstellenmarkt versagt bleiben. Die Diskriminierung von Flüchtlingen auf dem Arbeitsmarkt verhindert wie wenig anderes ihre Integration. Der Zwang zum Nichtstun und die damit verbundene dauerhaft frustrierende Lebenssituation machen viele Flüchtlinge krank, zerbrechen ihre Persönlichkeit und ihren Selbsterhaltungswillen. Andererseits ist es aus der Perspektive des Steuerzahlers nahezu unverständlich, dass Geduldeten die Möglichkeit ihrer Selbstfinanzierung durch eigene Arbeit verwehrt wird.
Weitverbreitete Vorurteile, Flüchtlinge seien aufgrund mangelhafter Grundbildung, fehlender beruflicher Qualifikationen, Sprachproblemen, psychischer Instabilität, unzureichender Motivation und fehlendem Durchhaltevermögen nicht geeignet für eine qualifizierte Aus- und Weiterbildung sowie Beschäftigung wurde in den Entwicklungspartnerschaften „Asyl“ widerlegt.
Zuwanderer, auch Asylsuchende und Flüchtlinge, sind in aller Regel nicht die Desorientierten, ßngstlichen und Schwachen “ sie werden allenfalls durch jahrelanges erzwungenes Nichtstun dazu gemacht. Es sind gerade die Hochmotivierten, Leistungsstarken und Risikobereiten. Sie wollen sich nicht in der viel zitierten sozialen Hängematte ausruhen, sondern sie suchen und wünschen eine Chance.
Entscheidend dafür ist, ihre vorhandenen Qualifikationen zu identifizieren, anzuerkennen und zu nutzen. Zumindest für als minderjährig eingereiste geduldete Jugendliche und junge Erwachsene wird sich voraussichtlich diese Situation entschärfen, denn das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit hat im November 2004 zugesagt, die Dienststellen der Bundesagentur für Arbeit im Rahmen der Härtefallregelung anzuweisen, eine Zustimmung zur Ausübung einer Beschäftigung oder Berufsausbildung zu erteilen. Auch die Tatsache, dass Praktika bis zu einem halben Jahr mittlerweile genehmigungsfrei sind, erleichtert den Einstieg in Qualifizierung und Arbeit und bietet eine erste Orientierung in der Arbeitswelt.
Darüber hinaus hat die Konferenz der Ausländer- und Integrationsbeauftragten des Bundes, der Länder und Kommunen in diesem Monat den ungehinderten Zugang von geduldeten Jugendlichen und jungen Erwachsenen zu einer beruflichen Ausbildung gefordert und erklärt:
Die Bundeskonferenz hält Ergänzungen beim Recht des Ausbildungszuganges von geduldeten jungen Menschen noch in diesem Jahr für unumgänglich, wenn die Vorgaben des Gesetzgebers zur Abschaffung der Kettenduldung und zum Ausbildungszugang für diese Personen in der Praxis nicht greifen. Sie hält es nicht mehr für hinnehmbar, dass jungen Menschen, die in Deutschland aufwachsen, durch die Verweigerung einer Beschäftigungserlaubnis der Zugang zu einer Ausbildung und insgesamt die Chance zur persönlichen Entwicklung dauerhaft genommen wird. Das Entwicklungslaboratorium EQUAL wurde und wird auch weiterhin genutzt, transnationale Bildungs- und Qualifizierungsangebote für Asylbewerber und geduldete Flüchtlinge zu entwickeln und zu etablieren, unabhängig von der Frage für welchen nationalen Arbeitsmarkt, denn berufliche Qualifizierung schadet nie, egal in welchem Land die Betreffenden letztendlich leben werden.
Dr. Dagmar Beer-Kern ist bildungspolitische Referentin bei der Bundesbeauftragten für Migration und Integration in Berlin, in ihrem Beitrag setzt Sie sich u.a. mit dem Thema Verschwendung von Lebenszeit und Potentialen auseinander.
Humanisierung der Arbeitsberechtigung und Aufenthaltserlaubnis für „geduldete“ Ausländer
Von Dieter Oberndörfer Zentral für die Verhinderung von Integration sind die Hürden für den Arbeitsmarktzugang
Nach Artikel 25 des Aufenthaltsgesetzes wird die Gewährung einer Aufenthaltserlaubnis für „geduldete“ Ausländer ermöglicht. Ihnen „kann“ aus humanitären Gründen nach Ablauf von 18 Monaten ausgesetzter Abschiebung eine auf drei Jahre befristete Aufenthaltserlaubnis gewährt werden. Sie „soll“ nach drei Jahren in ein unbegrenztes Niederlassungsrecht verfestigt werden. Die Behörden haben von dieser Regelung bisher nur überaus zögerlich Gebrauch gemacht.
Es handelt sich dabei in weitem Umfange um Ermessensentscheidungen von oft auf Ablehnung und Abschiebung getrimmten Landesbehörden. Negativ wirkt sich zudem aus, dass eine Arbeitsgenehmigung für Geduldete nicht mehr von den Arbeitsämtern sondern von den auf Abwehr programmierten Ausländerbehörden erteilt wird. Ohne Nachweis einer regelmäßigen Arbeit und bei Bezug reduzierter Sozialhilfe nach dem „Asylbewerberleistungsge-setz“ wird jedoch die Chance der Gewährung einer befristeten Aufenthaltserlaubnis mit folgendem Niederlassungsrecht extrem gering. Gleiches gilt für eine befristete Aufenthaltsgenehmigung. Auch hier hängt der ßbergang in ein unbefristetes Niederlassungsrecht vom Nachweis regelmäßiger Arbeit und des Nichtbezugs staatlicher Sozialhilfe ab. Am Jahresende 2004 waren sechzig Prozent der in der amtlichen Statistik aufgeführten 202.000 „Geduldeten“ seit über fünf Jahren und von ihnen wiederum die Hälfte sogar schon mehr als zehn Jahre in Deutschland. Diese Zahlen zeigen, dass der ßbergang in eine Aufenthaltserlaubnis bislang nur wenigen längerfristig Geduldeten gewährt wurde. Zentral für die Ausgrenzung der Geduldeten und Verhinderung ihrer Integration in die deutsche Gesellschaft sind die Hürden für ihren Zugang zum Arbeitsmarkt. Erst nach einjährigem Aufenthalt in Deutschland, nach Zustimmung durch die Bundesagentur für Arbeit und einer so genannten „Vorrangprüfung“ kann eine Arbeitserlaubnis erteilt werden d.h. erst wenn feststeht, dass kein Deutscher oder Ausländer mit Arbeitsberechtigung zur ßbernahme der Arbeit gefunden wurde, um die sich der geduldete Ausländer beworben hatte, kann die Arbeitserlaubnis gewährt werden. Viele Arbeitgeber werden durch die langen Prüfzeiten von vier bis sechs Wochen und mehr entmutigt, Geduldete einzustellen.
Unverständliche Negativlisten der Arbeitsbehörden
Die Arbeitsbehörden haben Negativlisten von Tätigkeiten, die Geduldeten bisweilen verwehrt sind. Zu ihnen gehören vor allem die so genannten Helferberufe “ Tätigkeiten vor allem im Gaststättengewerbe oder in der Krankenversorgung. Geduldete werden also bei Bedarf von vorne herein von Arbeitsbereichen ausgeschlossen, in denen sie besonders gute Chancen hätten, einen Arbeitsplatz zu finden. Die gewährte Arbeitserlaubnis bleibt in der Regel befristet. Sie kann sogar auf bestimmte Betriebe beschränkt bleiben. Extrem negativ für die Arbeitschancen der Geduldeten kann sich ihre Residenzpflicht auswirken. Sie dürfen das Bundesland bzw. den Landkreis, in dem sie leben, nicht verlassen. Selbst der Besuch von Verwandten außerhalb des ihnen zugewiesenen Residenzbereichs ist antrags- und genehmigungspflichtig. Sie werden dadurch regelmäßig behindert dabei, sich Arbeit außerhalb ihres Residenzbereichs zu suchen oder zu übernehmen. Aber auch innerhalb ihres Residenzbereichs wird die Art und der zeitliche Umfang ihrer Beschäftigung in ihren Ausweisen genau definiert.
Trotz hoher Bildung “ Arbeitsplätze auf niedrigem Niveau
Viele Geduldete haben ein überdurchschnittlich hohes Bildungsniveau. Sie sind aber dennoch durchaus bereit, auch auf niedrigerem Niveau in den Arbeitsmarkt einzusteigen. Trotz Statusverlust eröffnet sich ihnen hierdurch die Möglichkeit zu einem bescheidenen eigenen Einkommen und gesellschaftlicher Anerkennung “ zum Ausbruch aus dem Ghetto eines passiven, psychologisch frustrierenden Empfängerdaseins bei stark eingeschränkter Sozialhilfe. Besonders inhumane Folgen hat der Status der Duldung für Kinder und Jugendliche. Sie dürfen zwar allgemein bildende Schulen besuchen, nach Schulabschluss bleibt ihnen jedoch eine weitere Ausbildung verwehrt. Dass aber vor allem im Bereich der Helfertätigkeiten (Gaststätten, Erntehelfer, Krankenbetreuung) ein großes Potential an Arbeitsmöglichkeiten bereit steht ist unbestreitbar. Derzeit werden Jahr für jahr hunderttausende ausländischer Arbeitskräfte für Bereiche angeworben, in denen deutsche Kräfte fehlen (z.B. Landwirtschaft, Altenversorgung). Dies geschieht über so genannte Aufnahmestoppausnahmeverordnung (2003 = 340 Anwerbungen). Schon aus der Perspektive des Steuerzahlers ist es unverständlich, dass den Geduldeten die durchaus vorhandenen Möglichkeiten ihrer Selbstfinanzierung durch eigene Arbeit verwehrt wird.
Dass den Geduldeten, die sich seit vielen Jahren in Deutschland aufhalten ein gesicherter Aufenthaltsstatus und der unbehinderte Zugang zum Arbeitsmarkt versagt bleiben und sie Dabei über Kettenduldungen immer länger zu Insassen des Gefängnisses der Duldung werden, ist unmenschlich. Ursprünglich sollten mit dem neuen Zuwanderungsgesetz Kettenduldungen verhindert werden. Daher war die Duldung im Regierungsentwurf zunächst nicht mehr vorgesehen. Sie wurde dann aber vom Gesetzgeber, nach der Formulierung des BMI, als „Instrument der Feinsteuerung doch wieder beibehalten. Ihre inhumanen Formen sind Teil eines generellen Abschreckungs- und Abschottungsinteresses der deutschen Ausländerpolitik.
Ausschöpfung von Handlungsspielräumen des Aufenthaltsgesetzes
Für die Integration der Geduldeten sollten daher zumindest die in § 25 Aufenthaltsgesetz enthaltenen Spielräume ausgeschöpft werden. Darüber hinaus muss jedoch für die Humanisierung der Lebenssituation der Geduldeten ihr Zugang zum Arbeitsmarkt liberalisiert und berechenbar werden. Die bisherige Diskriminierung der Geduldeten auf dem Arbeitsmarkt verhindert wie wenig anderes Ihre Integration. Unmittelbar mögliche nötige Reformen sind:
– Zeitliche Begrenzung des Nachrangigkeitsprinzips nach einem Aufenthalt von drei Jahren.
– Zeitliche Verkürzung der Prüflisten innerhalb der individuellen Arbeitsmarktprüfung auf eine Woche.
– Abschaffung der bisweilen noch immer existierenden Negativlisten von Berufen für die regelmäßig keine Arbeitserlaubnis erteilt werden darf. Entscheidende Bedeutung für die erfolgreiche – Integration der geduldeten hat fernen die Gewährung eines Bleiberechts nach längerem Aufenthalt.
Der Christdemokrat Dieter Oberndörfer ist em. Professor der Politikwissenschaften in Freiburg, war als migrations-politischer Berater verschiedner Bundesregierungen tätig und ist amtierender Vorsitzender des Rats für Migration (www.rat-fuer-migration.de)
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