Deutschland – Asyl in Zahlen 2022/2023

Asylanträge 2022

Nachdem die Antragszahlen 2021 wieder auf das Niveau von vor der Pandemie zurückgekehrt waren (ca. 191.000 Asylanträge), stiegen die Zahlen 2022 deutlich an und lagen bei etwa 244.000 Anträgen am Ende des Jahres. Vor allem die Erstanträge 2022 (218.000) weisen eine starke Zunahme um 50% im Vergleich zum Vorjahr (148.000) auf, insgesamt sind die Asylantragszahlen um etwa 28% gestiegen. Bis Juni 2023 kamen weitere 162.271 Anträge hinzu.

Von den in 2022 gestellten Asylanträgen waren etwa 10% Folgeanträge und 9% Asylanträge von hier geborenen Kindern.

 

 


Hauptherkunftsländer

Die Hauptherkunftsländer sind im Jahr 2022 sowie im ersten Halbjahr 2023 (s. Abbildung) v. a. Syrien, Afghanistan und die Türkei, die über die Hälfte aller Asylanträge auf sich vereinen. Auch Georgien, Iran und Irak, sowie Russland gehören zu dieser Gruppe; In der überwiegenden Zahl dieser Staaten kommt es häufig zu schweren Menschenrechtsverletzungen.


Schutzquoten 2022

Die Gesamtschutzquote hat sich wechselhaft entwickelt. Im Jahr 2021 gab es zunächst eine Abnahme um 3% (von 43% im Jahr 2020 auf knapp 40% 2021), 2022 ist sie allerdings wieder auf 56,2% angestiegen.

Diese offizielle Schutzquote umfasst allerdings noch die formalen Entscheidungen des BAMF, also solche Entscheidungen, die etwa auf eine Ablehnung des Asylantrags als „unzulässig“ (Dublin-Fälle) oder auf andere Verfahrenserledigungen wie einem Rückzug des Antrages zurückzuführen sind. Um beurteilen zu können, wie hoch die Schutzquote tatsächlich ist, sollte man den Anteil an formeller Verfahrenserledigung herausrechnen. Die sogenannte „bereinigte Schutzquote“ liegt deutlich höher als die offizielle Schutzquote. Im Jahr 2022 lag erstere bei 72%, so hoch wie noch nie (zum Zeitvergleich siehe Mediendienst Integration).

Die folgende Grafik zeigt, dass der Anteil der Fälle, die formell erledigt, also nicht mehr inhaltlich entschieden werden, mit 22,3% nach wie vor inakzeptabel hoch ist:



Für die Hauptherkunftsländer (plus Sudan) stellt sich die Verteilung der Schutzquoten wie folgt dar:



Kaum noch Flüchtlingsanerkennungen außerhalb des sog. Familienasyls

Die obige Grafik macht allerdings nicht kenntlich, dass ein großer Anteil der zuerkannten Flüchtlingsstatus auf den Familienschutz zurückgeht (2022 ca. 67%); darunter fallen z. B. hier geborene Kinder oder über einen Familiennachzug nachgekommene Familienmitglieder. Darüber hinaus fällt ein steigender Anteil an Schutzgewährungen auf die Zuerkennung sogenannter „Abschiebungsverbote“.

Damit setzt sich der Trend der restriktiven Erteilung des Flüchtlingsschutzes durch das BAMF weiter fort: Die offizielle Quote von erteilten Flüchtlingsanerkennungen lag Ende 2020 noch bei etwa 35%, und hat sich bei einer Quote von 17% Ende 2022 innerhalb von zwei Jahren halbiert. Der Anteil der Geflüchteten an den Entscheidungen des BAMF, denen ohne Bezugnahme auf Familienangehörige der Flüchtlingsschutz zugebilligt wurde, lag 2022 bei gerade mal 5,6%!



Syrer:innen bekommen fast nur subsidiären Schutz

Dies lässt sich v. a. für Syrer:innen feststellen. Sie erhalten fast ausschließlich subsidiären Schutz, da etwa 92% der knapp 20% Flüchtlingsanerkennungen auf den Familienschutz fallen. Insgesamt erhalten syrische Geflüchtete den Flüchtlingsstatus unabhängig vom Familienschutz in lediglich 1,7% der Fälle.


 

Ähnlich wie im Fall Syriens verhält es sich auch bei anderen Hauptherkunftsländern wie Afghanistan, Irak und Eritrea.


Dublin-Verfahren

Die Zahl der Dublin-Verfahren hat im Vergleich zum Vorjahr deutlich zugenommen, von noch ca. 42.000 Übernahmeersuchen 2021 ist die Zahl auf ca. 69.000 Ersuche im Jahr 2022 gestiegen. Wie im Vorjahr kam es in nur 6% der Übernahmeersuchen tatsächlich zu einer Überstellung. Die Gründe hierfür sind – neben Corona – auch in der schwierigen Lage von Geflüchteten in verschiedenen europäischen Herkunftsländern zu sehen.

Im Fall Italiens, das die meisten Aufnahmeersuche durch Deutschland erhält, lässt sich dies gut veranschaulichen: Lediglich 362 Personen von mehr als 14.000 Aufnahmeersuchen, also 2,5% wurden tatsächlich nach Italien überstellt. An zweiter Stelle steht Griechenland mit 9.166 Aufnahmeersuchen von Deutschland: 2022 wurde davon allerdings keine einzige Person überstellt.

Das Dublin-Verfahren ist für das BAMF somit ein höchst aufwändiges und vor allem vollkommen ineffizientes Verfahren, wenn in lediglich 6% der eingeleiteten Dublin-Verfahren eine Überstellung erfolgt. Obwohl es seit 2011 immer weniger Überstellungen gibt, hält das BAMF auch weiterhin stur an dem Verfahren fest.

Widerrufsverfahren

Im Jahr 2021 hatte das BAMF noch mehr Entscheidungen über Widerrufe/Rücknahmen getroffen als über Asylverfahren (etwa 169.000 zu 150.000). Allerdings ist diese Zahl der Widerrufsentscheidungen im Vergleich zu 2020 bereits deutlich zurückgegangen (von 253.000 auf 169.000), ein Trend, der sich 2022 fortgesetzt hat (32.500). Nichts geändert hat sich an der Sinnlosigkeit dieses Verfahrens sowie am Leid und der Verunsicherung für die Betroffenen: In 92% der Verfahren wurde der Schutzstatus nicht widerrufen bzw. zurückgenommen. Zum Stand Ende 2022 sind noch etwa 115.00 Widerrufsverfahren anhängig.

Abschiebungen

Mit knapp 13.000 Abschiebungen im Jahr 2022 bleiben die Zahlen auf dem pandemiebedingt niedrigen Niveau von 2020 (knapp 11.000); wie schon im letzten Jahr wurden die meisten Abschiebungen nach Georgien und Albanien durchgeführt. Die durchschnittliche Aufenthaltsdauer zum Zeitpunkt der Abschiebung betrug 2022 etwa 33 Monate.

Quellen: BAMF Aktuelle Zahlen Dezember 2022, Juni 2023; BAMF Asylgeschäftsstatistik, BAMF das Bundesamt in Zahlen 2022, ProAsyl Asyl in Zahlen, Mediendienst Integration

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