[Mai 2018]
Einen weiteren eindrücklichen Fall aus 2017, der auch die juristischen Grenzen der innereuropäischen Abschiebungen aufzeigt, wurde uns durch APROTO e.V. zur Kenntnis gebracht. Hier handelte es sich um den pakistanischen Schutzsuchenden Herrn T., der im Dezember 2016 um vier Uhr morgens ohne Ausweispapiere, ausreichend Kleidung und Geld vom Landkreis Heidekreis nach Italien abgeschoben wurde. In Italien war Herr T. zunächst obdachlos und wurde dann – erst nach Intervention von APROTO e.V. – in ein Camp geschickt. Dieses entpuppte sich allerdings als mafiös organisiert und entsprach den humanitären Mindestanforderungen weder hinsichtlich der Unterbringungsstandards noch hinsichtlich der ärztlichen Versorgung. Darüber hinaus wurde Herr T. – auch wegen seiner Glaubenszugehörigkeit zur pazifistisch-muslimischen Glaubensgemeinschaft Ahmadiyya – bedroht. Angesichts dieser Umstände kehrte Herr T. im Januar 2017 nach Deutschland zurück und stellte einen weiteren Asylantrag.
Vergeblich bat Herr T. unter Verweis auf die desaströsen Zustände in Italien um die Wahrnehmung des so genannten Selbsteintrittsrechts: Das BAMF lehnte vier Monate später den Asylantrag als unzulässig ab und ordnete erneut die Abschiebung nach Italien an. Im Juli 2017 ordnete das Verwaltungsgericht Lüneburg die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den neuen Bescheid des BAMF an, da es formale Zweifel an der Rechtmäßigkeit dieses zweiten Bescheides hegte. Das Gericht bezog sich dabei auf einen Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 27.04.2016 (1 C 22/15) im Rahmen eines Vorabentscheidungsersuchens an den Europäischen Gerichtshof. Vor einer Entscheidung des EuGH ist eine neuerliche Abschiebung nach Italien also in jedem Fall unzulässig. Für Herrn T. bleibt die Hoffnung, dass die Zuständigkeit Deutschlands für die Weiterbearbeitung seines Asylantrags festgestellt wird, und dass er seine Bezüge in Deutschland – nicht nur sein Vater lebt hier, er hat mittlerweile auch Arbeit gefunden und Freundschaften geschlossen – nicht wieder aufgeben muss.