AnkER-Zentren 2018

Die Große Koalition plant die bundesweite Einführung der in Bayern ersonnenen AnkERZentren, in denen Schutzsuchende während des gesamten Asylverfahrens untergebracht werden sollen. Immer mehr Flüchtlinge sollen nicht mehr in die Kommunen verteilt, sondern direkt aus diesen Lagern abgeschoben werden.

Allerdings werden die allermeisten Flüchtlinge nach einem kurzen Aufenthalt in den Erstaufnahmeeinrichtungen bislang aus gutem Grund auf die Kommunen verteilt – denn ihre Abschiebung steht nach deutschem und europäischem Recht gar nicht an. Vielmehr erhalten die meisten Flüchtlinge, die die Bundesrepublik aufnimmt, einen Schutzstatus oder erwerben auf anderen Wegen ein Bleiberecht.

Dessen ungeachtet soll in den »AnkER-Zentren« ausgetestet werden, wie weit man menschen- und asylrechtliche Standards herunterschrauben und den effektiven Rechtschutz technisch weitgehend verhindern kann. Damit besteht die Gefahr, dass in Deutschland die Fehler der 1980er und 1990er Jahre wiederholt werden, als man schon einmal darauf gesetzt hat, bestimmte Gruppen wie etwa die Bürgerkriegsflüchtlinge aus dem Libanon durch eine möglichst schäbige Behandlung und Ausgrenzung in Lagern zu zermürben und zur »freiwilligen Ausreise« zu drängen. Dieses Konzept ist schon damals gescheitert und es wird wieder scheitern.

Lager erschweren die Integration und Teilhabe der Geflüchteten nachhaltig. Die Unterbringung in »AnkER-Zentren« und anderen Lagern bedeutet einen starken Eingriff in die Autonomie von Flüchtlingen. Solche Einrichtungen können daher nur Notbehelfe in Phasen akuten Wohnraummangels sein, um eine drohende Obdachlosigkeit zu verhüten. Die dezentrale Unterbringung aller Geflüchteten muss ab dem Moment der Aufnahme die Perspektive und das Ziel von Politik und Gesellschaft sein.

Aktuelle Stellungnahmen

Meike Riebau (Save the Children)/Nerea González Méndez de Vigo (BumF), Ankerzentren – verdorbener Wein in neuen Schläuchen?, in: Verfassungsblog. On Matters Constitutional (2. Juni 2018)

Landesflüchtlingsräte, Bundesfachverband unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, Jugendliche ohne Grenzen und PRO ASYL, Bundesweite Pressemitteilung zum Internationalen Kindertag am 1. Juni: Geplante AnKER-Zentren verletzen elementare Rechte von Minderjährigen (31. Mai 2018)

Diakonie Deutschland/Deutscher Caritasverband e.V., Schreiben an die Innenministerkonferenz (28. Mai 2018)

Gemeinsame Stellungnahme von 24 Verbänden und Organisationen, Ankerzentren für Kinder und Jugendliche ungeeignet (24. Mai 2018)

medica mondial/KOK e.V. Pressemitteilung „AnKER-Zentren begünstigen Gewalt gegen geflüchtete Frauen“ (17. Mai 2018)

Pro Asyl und Flüchtlingsräte kritisieren Ankerkonzept als Absage an Willkommenskultur (16. Mai 2018)

Pro Asyl, Mit Menschenrechten macht man keine Pilot-Projekte! (25. April 2018)

Landesflüchtlingsräte, Willkommenskultur war gestern – Abschreckung und Isolierung sind das neue Programm der Bundesregierung (9. März 2018)

Analysen

Sascha Schießl (Flüchtlingsrat Niedersachsen), AnkER-Zentren: „Normalfall“ Lager? Die Institutionalisierung der Abgrenzung (April 2018)

Max Klöckner (ProAsyl), Warum Ankerzentren eine schlechte Idee sind (20. April 2018)

Studien

Welche Auswirkungen haben „Anker-Zentren“? Eine Kurzstudie für den Mediendienst Migration verfasst von Studie des Rates für Migration und der Universität Hildesheim (August 2018)

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