PRO ASYL – Rückkehr von Flüchtlingen in den Kosovo

Die Unabhängigkeitserklärung des Kosovo darf nicht zum Startschuss für die erzwungene Rückkehr von Flüchtlingen aus Deutschland und anderen EU-Staaten werden.

Etwa 38.000 Personen in Deutschland sind Roma, Ashkali oder sogenannte ßgypter aus dem Kosovo. Die zwangsweise Rückkehr zahlreicher Minderheitenangehöriger könnte lokale Spannungen verstärken und ßbergriffe oder Pogrome provozieren. Ob der neue Staat stabil und zum Schutz der Minderheiten willens und in der Lage ist, ist zur Zeit unkalkulierbar.

In den letzten Jahren haben kontinuierlich Minderheitenangehörige das Land verlassen, weil sie sich unsicher fühlten und keinerlei Existenzmöglichkeiten für sich sahen. Roma, Ashkali und die Angehörigen anderer kleiner Minderheiten waren in den vergangenen Jahren vom regulären Arbeitsmarkt praktisch ausgeschlossen. Die Arbeitslosenquote in ihren Siedlungsgebieten tendiert gegen 100 Prozent. Das ist trotz der allgemein hohen Arbeitslosigkeit im Kosovo (ca. 50 Prozent) ein extremer Wert, an dem sich auch seit der Verbesserung der Sicherheitssituation nach den Pogromen des Jahres 2004 nichts geändert hat. Wer Minderheitenangehörige abschieben will, der expediert sie vorsätzlich ins Elend.

Im Oktober 2007 haben sich UNMIK und die provisorische Regierung des Kosovo auf ein Strategiepapier zur Integration von repatriierten Personen geeinigt. Dieses Papier wird von Vielen als Bereitschaftserklärung des Kosovo verstanden, die noch im Ausland lebenden Flüchtlinge inklusive der Minderheitenangehörigen nach der Unabhängigkeit schnell aufzunehmen. Weder freiwillige Rückkehrer noch Abgeschobene werden mit wirksamer Unterstützung rechnen können. Mittel für die Reintegration von Roma und Ashkali in die Kommunen standen in den letzten Jahren nicht zur Verfügung.

PRO ASYL fordert die Innenminister des Bundes und der Länder auf, die Unabhängigkeit des Kosovo nicht zu intensivierten Abschiebungsbemühungen zu nutzen. Keines der Probleme, das bislang eine Rückkehr der Minderheiten in das Kosovo unmöglich machte, wird in einigen Monaten gelöst sein. Zu befürchten ist allerdings, dass die Innenminister die Haltung der kosovarischen Regierung mit verstärkten Abschiebungen testen werden und dabei die Tatsache nutzen, dass UNMIK seine Kompetenzen im Repatriierungsbereich in den nächsten Monaten abgibt. Von den schätzungsweise etwa 100.000 Menschen, die aus dem Kosovo stammen und sich in europäischen Staaten ohne legalen Status aufhalten, lebt etwa die Hälfte in Deutschland.

gez. Bernd Mesovic

Referent

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In Ergänzung zur Presseerklärung von PRO ASYL – ein Schreiben des BMI vom 17.12.2007 an die Länderinnenministerien, in dem über das Inkrafttreten der neuen „Readmission Policy“ zum 1. Januar 2008 informiert wird. Deutlich wird die tendenzielle Reduktion der UNMIK-Einflussmöglichkeit, obwohl es weiterhin formelle Rückführungsersuchen gibt. UNMIK sieht sich aber weiterhin (wie lange noch?) dem UNHCR-Positionspapier insoweit verpflichtet, als es „zunächst“ bei einem grundsätzlichen Rückführungsverbot für Roma, mit Ausnahme besonders schwerer Straftäter, bleibt.

Die Rollenverteilung zwischen UNMIK und der kosovarischen Regierung findet sich im Papier „Readmission Policy“ vom 28. November 2007, siehe hier.

Der die Minderheitenrückkehr betreffende Passus in der Einleitung auf Seite 3 ist sehr schwach und verbindet im selben Satz die Selbstverpflichtung der kosovarischen Behörden, sich mit den Ansichten von UNHCR ernsthaft auseinanderzusetzen und die Rücknahme aller aus Kosovo stammender Personen vorzubereiten. Solange UNMIK noch an Bord ist im ßbergangsprozess, wird man sich dort in Sachen der Personen, die weiterhin des internationalen Schutzes bedürfen, an UNHCR-Positionen orientieren (S. 11).

Die Presseerklärung von PRO ASYL nimmt Bezug auf das Papier „Strategy for Reintegration of Repatriated Persons“ vom 10. Oktober 2007, siehe hier.

Ein bereits im September von PRO ASYL und amnesty international herausgegebener Aufruf mit Zahlen und Informationen findet sich hier.

gez. Kai Weber

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