Göttinger Improvisationskünstler Lars Wätzold organisiert ein Abendessen als Protest gegen die Flüchtlingspolitik des Landes
Thai Suppe, Krebs-Wan-Tan und Thunfischpraline – die Herkunft der Vorspeise des Vier-Gänge-Menüs gegen Abschiebungen ist eindeutig asiatischen Ursprungs. Der Zwischengang kommt aus der Balkan-Region, das Hauptgericht aus Algerien, und zum Nachtisch gibt es Süßes aus Brasilien. Fast 40 Euro kostet das von ausgesuchten Göttinger Spitzenköchinnen und -köchen zubereitete Mahl, das als „Benefizessen für Schünemann-Opfer“ firmiert und am 28. März 56 Gäste anzieht: Das Ausbildungsrestaurant bei Arbeit und Leben ist damit bis zum letzten Platz ausgebucht. Neben Franz Sexlinger und Ulf Schöbeck (Arbeit und Leben) sorgen Helmut Nebel (Naturfreunde Göttingen) sowie die Fernsehköchin Jacqeline Amirfallah dafür, dass auch die Feinschmecker auf ihre Kosten kommen.
Mit ihrer Aktion, die von der Form her die gehobene Mittelschicht anspricht und bewusst an die Tradition caritativer Benefizveranstaltungen anknüpft, setzen die Veranstalter ein politisches Zeichen und sorgen für eine kleine Provokation, ist es doch nicht die schicksalhafte Not der Armen oder eine Naturkatastrophe, die hier zum Anlass und Auslöser einer Spendenaktion erklärt wird, sondern die Politik der derzeitigen Landesregierung. „Die Drangsalierung von Flüchtlingen in Niedersachsen ist unerträglich“, begründet der Göttinger Improvisationskünstler Lars Wätzold die Aktion. „Selbst langjährig Geduldete, die in Deutschland geboren sind, werden nachts aus den Betten gerissen und in Länder abgeschoben, zu denen sie gar keinen Bezug haben. Mit dieser Politik sind wir nicht einverstanden.“
Zwischen den Gängen stellt Kai Weber von Flüchtlingsrat Niedersachsen einige Einzelfälle vor, die den skandalösen Umgang mit Flüchtlingen in Niedersachsen zeigen. Der Arbeitskreis Asyl Göttingen berichtet von den Göttinger Aktionstagen für ein Bleiberecht der Roma. Die Veranstaltung erweist sich auch finanziell als Erfolg: Bemerkenswerte 1.700 € kommen über die Veranstaltung zusammen, was u.a. daran liegt, dass alle Beteiligten auf eine Gage verzichten. Der Erlös geht an den Flüchtlingsrat Niedersachsen und wird – getreu dem Motto der Veranstaltung – zur Unterstützung von Flüchtlingen verwendet, die Opfer der Schünemann’schen Flüchtlingspolitik geworden sind.
Wätzold plant weitere Veranstaltungen in Göttingen. Ein Chor will Lieder gegen Schünemann singen, eine Samba-Band für Flüchtlinge trommeln. Geplant sind zudem ein Gospelkonzert, eine Benefiz-Disco und eine Talk-Show. Es solle möglichst viele kleine Veranstaltungen geben, das sei „effektiver als ein Mega-Event“, glaubt Wätzold. Mit seiner Ankündigung, geduldeten Flüchtlingen unter bestimmten Voraussetzungen ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht zu gewähren, habe sich Schünemann zudem bereits „ein kleines bisschen reuig“ gezeigt.
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