Widerrufsverfahren Irak

Von UNHCR erfuhr ich heute, dass das BAMF seit Juni 2007 ein neues Verfahren zur Erfassung von Widerrufsverfahren eingeführt hat, das nicht mehr nur die durchgeführten Widerrufsverfahren erfasst, die ja in der Regel einen negativen Ausgang haben, sondern alle Verfahren, d.h. auch die, bei denen ohne Einleitung eines Widerrufsverfahrens nach außen nach Prüfung der Aktenlage festgestellt wird, dass kein Widerruf ergeht. Insbesondere betrifft dies die neuen Verfahren nach § 73 (2a) AsylVfG, die mit einer positiven Mitteilung an die ABH enden (dass kein Widerrufsverfahren durchgeführt wird), ohne dass die/der Betroffene dies erfährt. Dies erkläre, warum die Zahl der Widerrufsprüfverfahren im September und Oktober 2007 drastisch gestiegen ist (866 bzw. 1.811 eingeleitete Widerrufsprüfverfahren gegenüber 259 im August).Ende 2007 waren nach Informationen von UNHCR beim BAMF in ca. 4.000 Irak-Fällen die Widerrufsverfahren noch anhängig. Diese relativ hohe Zahl ist auf das durch das BMI angewiesene – und weiterhin geltende – „Ruhen der Verfahren“ in bestimmten Fallkonstellationen zurückzuführen (Schreiben des BMI vom 15. Mai 2007). In ca 2.000 Fällen erging kein Widerruf, das entspricht 54% der Fälle (hier sei, so UNHCR, zu beachten, dass die geänderte Widerrufspraxis ja erst im Frühsommer 2007 in Kraft trat). Die letzteren Fälle betreffen in erster Linie die religiösen Minderheiten wir Mandäer, Christen und Jeziden, in Einzelfällen auch andere Konstellationen.

Falsch ist jedoch die vor einigen Wochen verbreitete Information, dass die Widerrufspraxis gegenüber irakischen Flüchtlingen weitgehend „zum Erliegen gekommen“ sei: Bei den Straftätern, „Gefährdern“, Nordirak-„Pendlern“, alleinstehenden Männern aus dem Nordirak werden weiterhin Widerrufsverfahren durchgeführt und in der Regel negativ entschieden, in Einzelfällen auch bei Personen, die nicht der oben genannten Gruppe angehören, aber auch nicht der vom BMI genannten Positivliste angehören, bei denen keine Widerrufsverfahren eingeleitet werden sollen bzw. laufende Verfahren ruhen sollen (Personen aus dem Großraum Bagdad ohne interne Fluchtalternative, alleinstehende Frauen ohne Familienbindung, Familien mit minderjährigen Kindern, kranke und ältere Personen und gut integrierte Personen ohne Bindungen zum Herkunftsland).

gez. Kai Weber

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