Auch nach dem Fall Slawik C. wird Abschiebungshaft in Niedersachsen rechtswidrig angeordnet

Nachfolgend eine ergänzende Erklärung von Rechtsanwalt Peter Fahlbusch zum Fall des Slawik C. und dem Umgang des Innenministers mit dem Thema „rechtswidrige Abschiebungshaft“:

Eine aktuelle Entscheidung des Landgerichts Hildesheim v. 28.11.2011 zeigt, dass entgegen der Beteuerungen von IM Schünemann in Niedersachsen weiterhin rechtswidrig Abschiebungshaft angeordnet und vollstreckt wird. Es handelt sich i.ü. um die identische Rechtsfrage wie im Verfahren des Slawik C.

Zum Sachverhalt: Der Betroffene war am 3.11.2011 festgenommen und nach Antrag des Landkreises Hildesheim mit Beschluss des Amtsgerichts Hildesheim in Abschiebungshaft geschickt worden. Nach Akteneinsicht musste ich feststellen, dass (ebenso wie im Fall des Slawik C.) das erfoderliche Einvernehmen der StA fehlte. Das Landgericht hat insofern die sofortige Freilassung des Betroffenen angeordnet und festgestellt, dass die Haft vom 3.11.2011 an rechtswidrig war.

IM Schünemann hat laut Pressemitteilungen „entschieden“ den Vorwurf der rechtswidrigen Haftbeantragung zurückgewiesen. Weiter hat er erklärt, dass der BGH das Formerfordernis der Einholung des staatsanwaltschaftlichen Einvernehmens erst im Januar 2011 aufgestellt habe und seitens des IM daraufhin alle Behörden umgehend über die „neue“ Rechtslage informiert worden seien. Diese Auskunft ist einerseits falsch (der BGH hatte entsprechend bereits am 26. Mai 2010 und damit vor dem Tod von Slawik C. entschieden; zudem hatten verschiedenste Oberlandesgerichte seit 2000 so entschieden!!!) und andererseits unzutreffend, oder aber die Botschaft aus dem IM ist bei den Behörden nicht angekommen. Auch 10 Monate nach der vom IM genannten BGH-Entscheidung wird Haft weiter bedenkenlos und ohne Beachtung der verfassungsrechtlichen Vorgaben (Art. 104 Abs. 1 GG: Freiheitsentziehung nur unter Beachtung der Verfahrensvorschriften!!!) beantragt und angeordnet. Welche Folgen das im Einzelfall hat, verdeutlicht der Bericht des NDR vom 29.11.2011.

Bei dem Haftrichter des Amtsgerichts Hildesheim, der den Betroffenen in Haft geschickt hat, handelt es sich i.ü. um einen sogenannten Proberichter. Seit Jahren kritisiere ich, dass die allerjüngsten und unerfahrensten Richter Haftentscheidungen treffen dürfen….. Auch dies halten Schünemann (und das MJ) für unbedenklich.

Spannend ist schließlich auch die weitere Entwicklung dieses Verfahrens: Nachdem die JVA den Betroffenen freigelassen hatte, wurde er im Zusammenspiel des Landkreises Hildesheim mit der Richterin in Hannover, die sich jetzt zuständig fühlt, vor dem Gefängnistor wieder festgenommen.

Mit freundlichen Grüßen

Peter Fahlbusch
Rechtsanwalt

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1 Gedanke zu „Auch nach dem Fall Slawik C. wird Abschiebungshaft in Niedersachsen rechtswidrig angeordnet“

  1. Es ist eine Schande, dass mit den Schwächsten der Schwachen so unmenschlich umgegangen wird.
    Der Saustall um Schünemann & Co. sollte bei der nächsten Wahl ausgemistet werden.
    Deutschland wird immer brauner!

    Antworten

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