Kirchenasyl in Beverstedt (Landkreis Cuxhaven) erfolgreich beendet

Der Flüchtlingsrat Niedersachsen dankt der Kirchengemeinde für ihren selbstlosen Einsatz und fordert eine sofortige Aussetzung von Dublin II – Abschiebungen nach Malta analog zum Verfahren für Flüchtlinge, die über Griechenland einreisen.

Der Fabian- und Sebastian-Kirchengemeinde Beverstedt und der Hagener Flüchtlingsinitiative ist es zu verdanken, dass der somalische Flüchtling Abdirisaaq M. vorläufig in Deutschland bleiben kann und zum Asylverfahren zugelassen wird: Mit Schreiben vom 07. Oktober hat das Bundesamt mitgeteilt, dass die Zuständigkeit für das Asylverfahren des somalischen Staatsbürgers wegen Ablaufs der Überstellungsfrist nunmehr auf Deutschland übergegangen ist. Abdirisaaq M. konnte daher aus dem Kirchenasyl entlassen werden.

Die Abschiebung des somalischen Flüchtlings sollte eigentlich ohne eine Prüfung seiner Asylgründe am 30.08. im Rahmen des Dublin II erfolgen (Presseerklärung siehe hier). Aufgrund der haarsträubenden Bedingungen in den Flüchtlingsaufnahmelagern von Malta hatte sich die Kirchengemeinde Beverstedt auf Vermittlung der Hagener Flüchtlingsinitiative jedoch dazu entschieden, mit einer Petition den deutschen Bundestag um eine Überprüfung dieser Entscheidung zu bitten, und dem Flüchtling bis dahin Schutz zu gewähren. Der Kirchenvorstand konnte sich dabei nicht nur auf die Berichte von Menschenrechtsorganisationen (s. Dokumentation RA Dominik Bender), sondern auch auf verwaltungsgerichtliche Entscheidungen stützen (siehe z.B. VG Regensburg). Eine Entscheidung über die eingelegte Petition steht noch aus. Da inzwischen die sechsmonatige Frist für die Überstellung abgelaufen ist, hat sich das BAMF nun zur Durchführung des Asylverfahrens in Deutschland bereit erklärt.

Der Fall des Abdirisaaq M. erscheint symptomatisch für die Verantwortungslosigkeit einer europäischen Flüchtlingspolitik, die zwar weiß, dass der kleine Inselstaat Malta mit der angemessen Versorgung von Schutzsuchenden hoffnungslos überfordert ist, aber dennoch an formalen Zuständigkeitsregelungen festhält und ungerührt Flüchtlinge dorthin abschiebt. Malta verletzt mit seiner Asylpraxis auf eklatante Weise die Pflichten aus der EU-Aufnahmerichtlinie. Deutschland ist daher – wie auch andere Dublin II – Vertragsstaaten – gehalten, von seinem Selbsteintrittsrecht Gebrauch zu machen. Wir fordern den Bundesinnenminister auf, einen Abschiebungsstopp nach Malta anzuordnen und auf europäischer Ebene für eine konsequente Einhaltung der Schutznormen des Flüchtlingsrechts einzutreten. Das Asylrecht darf nicht durch formale Zuständigkeitsregelungen faktisch ausgehebelt werden.

Anhang: Zum Hintergrund des Abdisisaaq M:

2007 floh der damals 15-jährige junge Mann aus seiner Heimat Somalia, nachdem er dort von islamistischen Rebellen entführt und aufgefordert worden war, für sie mit der Waffe zu kämpfen. Aus Angst vor weiterer Verfolgung begab er sich zu Fuß auf den langen Weg durch die Wüste nach Libyen. Dort wurde er von Soldaten festgenommen und als „Illegaler“ unter unmenschlichen Bedingungen in einem libyschen Gefängnis eingesperrt.

Nach einjähriger Inhaftierung und einem anschließenden Leben auf der Straße wagte er die Flucht einem Boot über das Mittelmeer nach Malta. Dort kam er wiederum für acht Monate ins Gefängnis. „Das scheint das übliche Procedere zu sein, wenn man mit dem Boot aufgegriffen wird auf dem Meer“, erklärte der Flüchtling auf Befragen des Bundesamts. Seine Odyssee durch Europa hat Abdirisaaq Q. in einem kurzen Vermerk niedergeschrieben (s. Fluchtprotokoll).

 

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