Innenminister antwortet auf 10-Punkte-Programm der FDP

Residenzpflicht wird gelockert, kein Ermessen für humanitäre Entscheidungen der Ausländerbehörden

Der niedersächsische Innenminister hat in seiner Antwort auf eine dringliche Anfrage der SPD erläutert, was es von dem 10-Punkte-Programm der FDP zur Flüchtlingspolitik hält. Dabei ergibt sich ein durchaus differenziertes Bild: Die Anregungen und Vorschläge der FDP werden teilweise ignoriert und mit allgemeinen Luftblasen und Beschreibungen zur aktuellen Rechtslage ins Abseits geschoben. Bei einigen Punkten scheint das Innenministerium allerdings auch bereit, Zugeständnisse an den liberalen Koalitionspartner zu machen:

  1. Residenzpflicht: Das MI teilt mit, dass eine Verordnung zur Ausweitung der Residenzpflicht für Asylsuchende auf das Land Niedersachsen in Vorbereitung sei.
    Das Vorhaben ist zunächst einmal positiv. Für eine endgültige Bewertung müssen wir abwarten, ob und ggfs. welche Einschränkungen und Bedingungen in die Verordnung hineinformuliert werden
  2. Das Land prüft, ob Flüchtlingen mit positiver Anerkennungsprognose des BAMF die Teilnahme an Sprachkursen in Friedland ermöglicht werden kann. Auch dies eine Verbesserung zur bisherigen Lage, wenn es denn dazu kommt. Für problematisch halten wir es allerdings, wenn die Teilnahme an Sprachkursen von vorläufigen Prognosen des BAMF abhängig gemacht werden soll.
  3. Das MI kann sich eine Modifizierung der Vorrangprüfung für Flüchtlinge vorstellen, die ein Ausreisehindernis nicht selbst zu vertreten haben. Die vorgenommene Einschränkung erscheint insoweit unsinnig, als letzterer Personenkreis ohnehin nach §11 BeschVerfV ein Arbeitsverbot erhält. Immerhin ist es erfreulich, dass das Land sich der Forderung nach einer Liberalisierung des Arbeitsmarktzugangs nicht mehr grundsätzlich verschließt
  4. Das MI hält, ohne auf das vorgeschlagene Punktesystem explizit Bezug zu nehmen, Konzepte für eine legale Wirtschaftsmigration nach Deutschland auf Grundlage und in Abhängigkeit von der Arbeitsmarktsituation für zielführend

Keine Bereitschaft zu Verbesserungen sieht das MI in folgenden Fragen:

  1. Kein Verzicht auf zentralisierte Unterbringung von Flüchtlingen nach Abschluss der Erstaufnahme (3 Monate): Auch weiterhin will das Land eigene Großeinrichtungen zur Unterbringung von Flüchtlingen im Anschluss an die Erstaufnahme betreiben, auch wenn die Unterbringung hier etwa dreimal teurer ist als eine Unterbringung in den Kommunen.
  2. Bei Abschiebungshaft soll alles beim Alten bleiben. Der Innenminister versteigt sich gar zu der offenkundig absurden Behauptung, es habe in der Vergangenheit „keine gerichtlich festgestellten Grundrechtsverletzungen im Rahmen des Abschiebungsvollzugs in Niedersachsen“ gegeben. Demgegenüber bleibt festzuhalten: Rund ein Drittel aller Haftbeschlüsse sind rechtswidrig, auch das Bundesverfassungsgericht hat mehrfach die rechtswidrige Abschiebungshaftpraxis in Niedersachsen gerügt (siehe hier)
  3. Die Ausländerbehörden in Niedersachsen sollen weiterhin bei Entscheidungen über die Erteilung eines humanitären Aufenthaltsrechts kein Ermessen haben. Zur Begründung verweist der Innenminister darauf, dass ein solches Ermessen „bundesgesetzlich nicht vorgesehen“ sei – und verschweigt dabei, dass die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zu Art. 8 EMRK die deutschen Behörden regelmäßig dazu verpflichtet zu prüfen, ob eine Abschiebung sich wegen faktischer Verwurzelung in Deutschland und geringer Bindungen ins Herkunftsland verbiete. Offenkundiges Motiv des Landes ist es, mehr Abschiebungen durchzusetzen. Es spricht für sich, wenn der Innenminister die restriktive Verwaltungspraxis in Niedersachsen mit der Begründung rechtfertigt, die Mitarbeiter/innen in den Ausländerbehörden müssten „insbesondere bei Vollzugsentscheidungen vor möglichem erheblichen Druck von außen“ geschützt werden.
  4. Beim Dublin II – Verfahren sieht das MI keinen Änderungsbedarf. Auch eine Flüchtlingsaufnahme etwa von afrikanischen Flüchtlingen aus Choucha, wie sie jüngst vom Flüchtlingsrat und weiteren Initiativen gefordert wurde, hält der Innenminister für verzichtbar und verweist dabei auf die Aufnahme von Flüchtlingen in Deutschland aus Malta.
  5. Ein über frühere Bleiberechtsregelungen hinausgehendes, großzügigeres oder entfristetes Bleiberecht lehnt das Innenministerium ab.
  6. Ein kommunales Wahlrecht für Ausländer soll es nicht geben. Das MI bezieht sich hier auf rechtliche Hindernisse.

gez. Kai Weber

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1 Gedanke zu „Innenminister antwortet auf 10-Punkte-Programm der FDP“

  1. Entweder ist dieser Abschiebe-Minister Rassist,dumm oder betreibt Dummheit!
    Ich erinnere ihn an sein Deutsches-Grundgesetz! Darin lautet Artikel eines: Die Würde des Menschen ist unantastbar. Gilt das etwa nicht für uns? Ach so! Ich habe vergessen, dass wir, die Flüchtlinge, kein Deutscher sind. Aber immerhin bin ich kein böser Mensch.
    Nelson Mandella hat mal gesagt: einem Menschen, seine Menschenrechte zu verweigern, bedeutet es, ihn in seiner Menschlichkeit zu missachten. Und genau dies geschieht hier in der BRD.
    Wiederhole es nochmal: ich bin wie Sie Herr Innenminister. Nur eines ist der unterschied, nämlich Sie haben gerade die Staatliche-Macht & können Gesetze erlassen, die mich entmachten & mir das Leben vermiesen, aber den Mut & Hoffnung können Sie niemals von mir berauben.
    12 Jahren lebe hier mit dem Totenschein (Duldung), & immer noch wird uns vorgeworfen, wir haben uns selbst verschuldet, da wir nicht ausreisen! aber wohin? auf den Mars????????

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