(Anmerkung: Die Entscheidung des OVG Lüneburg, auf die sich der nachfolgende Kommentar der Anwältin Silke Schäfer bezieht, findet sich hier. )
Nach einem 22jährigen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland soll dem als Kleinkind eingereisten und sehr gut integrierten Ahmed Siala seine auf Grundlage des Bleiberechtserlasses von 1990 erteilte Aufenthaltserlaubnis über das Jahr 2001 hinaus nicht verlängert werden.Der 11. Senat des Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht begründete dies in seinem am 02.10.2007 verkündeten Urteil damit, dass Ahmed Siala kein Bleiberecht nach dem Erlass von 1990 erhalten konnte, weil er kein Kurde aus dem Libanon mit ungeklärter oder libanesischer Staatsangehörigkeit, sondern tatsächlich türkischer Staatsangehöriger sei.
Dass weder Ahmed Siala, noch sein Vater, jemals in der Türkei lebten, sie kein Türkisch sprechen und sie eine Eintragung in türkische Register, wodurch sie die türkische Staatsangehörigkeit erhalten haben sollen, nicht veranlasst haben, interessiert den Senat dabei ebenso wenig wie die Tatsache, dass der Registerauszug hinsichtlich Nachnamens, Anzahl, Alter und Vornamen der Geschwister erheblich von den tatsächlichen Familienverhältnissen des Vaters des Ahmed Siala abweicht.
Während das Oberverwaltungsgericht in seinen Beschlüssen zur Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klageverfahren im Jahre 2002 die „Ermittlungsergebnisse“ der Ausländerbehörde als zu dürftig befunden hatte, lässt es dieselben Ergebnisse nunmehr plötzlich genügen, um Ahmed Siala zum Türken zu erklären, obwohl er nie in der Türkei lebte, kein Wort Türkisch spricht und auch sein Vater nachweislich bereits im Libanon aufgewachsen ist.
In seinem Beschluss vom 20.06.2002, 10 ME 39/02, hatte der 10. Senat Folgendes ausgeführt:
„Zwar misst der Senat anders als das Verwaltungsgericht der ßbereinstimmung der vom Vater des Antragstellers genannten Vornamen seiner Eltern und Geschwister mit den Vornamen der in dem türkischen Registerauszug eingetragenen Personen durchaus einen gewissen Beweiswert zu, der aber angesichts der Tatsache, dass der Antragsteller bestreitet, sein Vater sei mit der im Register eingetragenen Person identisch, weiter zu untermauern ist. Dem Einwand des Antragsgegners, die Anforderungen an die Nachweispflicht der Behörde würden in unzumutbarer Weise erhöht, wenn diese im Falle des Bestreitens der Identität beweispflichtig sei, teilt der Senat nicht. Zum einen berücksichtigt diese Sichtweise nicht, dass ein Ausländer mit ungeklärter Staatsangehörigkeit, der über keine Personenstandsurkunde verfügt, keine andere Möglichkeit als das Bestreiten der türkischen Staatsangehörigkeit hat, wenn diese aufgrund eines Registereintrags vermutet wird. Zum anderen stehen dem Antragsgegner weitere, bisher nicht ausgeschöpfte Ermittlungsmöglichkeiten offen, die der Senat in dem das Verfahren des Vaters des Antragstellers betreffenden Beschluss vom heutigen Tage – 10 ME 38/02 – aufgezeigt hat, und auf die zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird.“
Nds. OVG, a.a.O., S. 3
Im Beschluss des Vaters von Ahmed Siala vom 20.06.2002, 10 ME 38/02 hatte das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht Folgendes ausgeführt:
„Auch wenn der Senat es anders als das Verwaltungsgericht für kaum wahrscheinlich hält, dass der Antragsteller, sofern er mit der in dem türkischen Register eingetragenen Person identisch sein sollte, von seiner Eintragung in diesem Register bisher nichts gewusst hat, bedürfen die Umstände der Eintragung, die 1975 erfolgt sein soll, näherer Aufklärung.“
Das Oberverwaltungsgericht hat es sich in dem verkündeten Urteil jedoch nunmehr offensichtlich leicht gemacht, indem auf eine Beweisführung seitens des Landkreises verzichtet wurde und zweideutige Indizien genügen sollen, um Ahmed Siala zu einem Türken zu erklären, ihm damit seine alte Heimat im Libanon und seine neue Heimat in Deutschland zu entziehen.
Nach der Zustellung des Urteils bleibt Ahmed Siala und seiner Familie vorerst nur noch der langwierige Weg zum Bundesverwaltungsgericht.
Wie die vier Kinder und die Eheleute diese länger andauernde Auseinandergerissensein ertragen sollen und welche dauerhaften negativen Folgen diese mehrjährige Trennung für die Kinder haben wird, steht in den Sternen.
Ahmed Siala geht in Deutschland erfolgreich einer Berufstätigkeit nach, womit er auch den Lebensunterhalt seiner zwangsweise in der Türkei lebenden Ehefrau und den beiden Kleinkindern sichern kann. Im Falle einer vorübergehenden Ausreise in die Türkei könnte er bereits mangels Sprachkenntnissen den Lebensunterhalt für seine Familie nicht verdienen, auch die beiden schulpflichtigen Töchter sprechen kein Türkisch.
gez. Schäfer (Rechtsanwältin)
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