Polizeiliche DNA-Analyse und Rassismus: Organisationen warnen vor Herkunftsanalyse

(Berlin, 17. Februar 2025) Aktuell überbieten sich die Parteien im Bundestagswahlkampf mit Forderungen zur Verschärfung von Migrations- und Sicherheitspolitik. Schon länger wird die Legalisierung der sogenannten Biogeografischen Herkunftsanalyse (BGA) bei Polizeiermittlungen diskutiert. So sprach sich Anfang Dezember 2024 die 222. Innenministerkonferenz (IMK) in ihrem Beschluss für eine „Erweiterung der gesetzlichen Grundlagen um die BGA“ aus. Das Gen-ethische Netzwerk (GeN) und neun Organisationen protestieren nun mit einer Stellungnahme dagegen. Darin warnen sie vor Racial Profiling, fehlgeleiteten Ermittlungen und empfindlichen Einschnitten beim Datenschutz. Ebenso sei eine Ausweitung auf andere Merkmale möglich. Die zivilgesellschaftlichen Organisationen fordern die zukünftige Bundesregierung daher auf, die Herkunftsanalyse nicht zu legalisieren.

„Die genetische Herkunftsanalyse birgt insbesondere für rassistisch diskriminierte Minderheiten große Gefahren: Ihnen droht vermehrtes Racial Profiling. Dabei ist der Nutzen der Analysen zur Aufklärung von Kriminalfällen gering. Die Ergebnisse könnten Ermittler*innen sogar auf die falsche Fährte führen“, sagt Dr. Isabelle Bartram, Referentin für Medizin beim Gen-ethischen Netzwerk.

Genetisches Racial Profiling

Bei der BGA handelt es sich um eine genetische Analyse von Tatortspuren, die Aussagen über die Herkunft der Vorfahren einer unbekannten Person ermöglichen sollen. Die Forderungen nach einer Einführung der genetischen Herkunftsanalyse sind im Jahr 2016 im Kontext rechtspopulistischer Meinungsmache aufgekommen, in der Migration und Kriminalität eng miteinander verknüpft werden.

Die „erweiterten DNA-Analysen“ auf Augen-, Haar und Hautfarbe von unbekannten Personen wurde bereits 2019 im Zuge einer Strafrechtsreform erlaubt – trotz vielfältigen Protests von Wissenschaftler*innen und zivilgesellschaftlichen Organisationen wie dem GeN. Zu dem Zeitpunkt hatte die Bundesregierung die „bewusste Entscheidung“ getroffen, die BGA nicht in die Neufassung des § 81e Absatz 2 StPO aufzunehmen. Die damalige Justizministerin Christine Lambrecht begründete dies damit, dass durch die Analyse einer vermeintlichen kontinentalen Herkunft „größere Gruppen an den Pranger gestellt werden“ könnten.

Stigmatisierung und rassistische Hetze

„Am Risiko der Pauschalverdächtigung hat sich seit der Reform vor sechs Jahren nichts geändert. Im Gegenteil: Durch aktuelle extrem rechte Narrative, in denen Migration als Bedrohung von innerer Sicherheit dargestellt wird, könnte die Kommunikation von BGA-Ergebnissen die rassistische Hetze und Stigmatisierung ganzer Communitys befeuern“, so Bartram. Zudem stelle eine solche Analyse einen tiefen Einschnitt in den Datenschutz aller Bürger*innen dar.

Bereits 2019 hatte das GeN gemeinsam mit anderen Organisationen vor genetischem Racial Profiling und Pauschalverdächtigung von Minderheiten durch die Anwendung von genetischer Herkunftsanalyse gewarnt. Es sind mehrere Fälle bekannt – auch in Deutschland – bei denen BGA-Ergebnisse polizeiliche Ermittlungen durch rassistische Vorannahmen fehlgeleitet haben. Umgekehrt gibt es weltweit nur wenige Kriminalfälle, bei denen BGA tatsächlich dazu beitrugen Fälle zu lösen.

Unterstützende Organisationen:

Über das Gen-ethische Netzwerk

Das Gen-ethische Netzwerk e. V. (GeN) ist ein spendenfinanzierter Verein, der Wissen zu Bio-, Gen- und Fortpflanzungstechnologien für die interessierte Öffentlichkeit aufbereitet. In Zusammenarbeit mit feministischen und ökologischen Bewegungen ermöglicht das GeN seit 1986 differenzierte Debatten, die die gesellschaftlichen Auswirkungen der Technologien ins Zentrum stellen. Kernstück der Arbeit ist die Herausgabe der viermal jährlich erscheinenden Fachzeitschrift Gen-ethischer Informationsdienst (GID MAGAZIN).

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