Mitte Januar haben wir in der Beratung in Abschiebehaft Pawel P. kennengelernt. Dem polnischen Staatsangehörigen war die EU-Freizügigkeit aberkannt worden, er sollte zurück nach Polen. In der Beratung erzählte er uns, dass er obdachlos sei und seit langer Zeit in Hannover auf der Straße lebe. Bei der Inhaftierung habe er die meisten seiner Sachen verloren. Da er nach der Abschiebung weiter obdachlos sein werde, fürchtete er vor allem die Kälte des Winters. Deshalb organisierte die Knastgruppe von Hannover Solidarisch ihm einen neuen Schlafsack, eine Isomatte und einen Rucksack. Am 24. Januar wurde Pawel P. nach Polen abgeschoben.
Durch das Asphalt Magazin haben wir nun erfahren, dass der 45-Jährige am Raschplatz in Hannover gestorben ist. Vermutlich starb er an der Kälte, die Obduktion stehe aber noch aus. Pawel P. war nach nur fünf Tagen in Polen nach Hannover zurückgekehrt, genau an seinem Geburtstag war er wieder hier, im Umfeld der polnischen Wanderarbeiter-/Gestrandeten-Community, in der er sich laut Sylwia Jasion von der Selbsthilfe für Wohnungslose (Sewo) bewegte.
Uns macht der Tod von Pawel P. sehr betroffen. Wir drücken allen seinen Freund*innen, Weggefährt*innen und Angehörigen unser tiefes Mitgefühl aus.
In den letzten Wochen sind immer wieder polnische Staatsangehörige in Abschiebehaft, die auf der Straße leben (müssen). Oft wurde wegen Armutsdelikten an irgendeinem Punkt die EU-Freizügigkeit aberkannt, also das Recht von EU-Bürger*innen, sich innerhalb der EU frei zu bewegen. Auf den ersten Blick mögen Abschiebungen von EU-Bürger*innen in Nachbarländer weniger einschneidend wirken, als Abschiebungen in weiter entferntere und teils schwer krisen- und kriegsgeplagte Regionen. Aber jede Abschiebung ist ein Akt staatlichen Zwangs. Menschen werden aus ihrem Umfeld, aus ihren Unterstützungsstrukturen und Communities gerissen, verbringen dann eine Zeit eingesperrt hinter Gittern und finden sich nach der Abschiebung ohne Unterstützung und oft in starken psychischen Krisen weit entfernt an einem ihnen oftmals unbekannten Ort wieder. Viele Menschen berichten uns, dass die Rückkehr nach Deutschland für sie trotz Einreiseverbot alternativlos ist, weil sie auf ihr vertrautes Umfeld nicht verzichten können und dieses brauchen.
Wenn Sie individuell Beratung und Unterstützung brauchen, wenden Sie sich bitte an ...