Ex-Richter kämpft gegen Abschiebepraxis

Ernst Gottfried Mahrenholz mahnt Änderungen bei der Abschiebung von Flüchtlingen an.

Ernst Gottfried Mahrenholz stellt die niedersächsische Ausländerpolitik an den Pranger. Die Abschiebepraxis reiße Familien auseinander und ließe die Menschen nach der Abschiebung in den anderen Staaten hilflos zurück, heißt es in einem Schreiben des ehemaligen Vizepräsidenten des Bundesverfassungsgerichts an Landtagspräsident Hermann Dinkla. Mahrenholz sieht dringenden Handlungsbedarf und hat sich daher an den obersten Repräsentanten der gesetzgebenden Gewalt gewandt. Schließlich gehe es dabei auch um das Ansehen des Landes selbst. Doch Dinkla lässt ihn abblitzen.

Runder Tisch für Thema Abschiebung

In dem Briefverkehr, der dem NDR vorliegt, fordert Mahrenholz Dinkla dazu auf, einen Runden Tisch zum Thema Abschiebung zu gründen. Vertreter der Fraktionen, des Innenministeriums, der Kirchen, des Flüchtlingsrates und der Roma sollen gemeinsam Richtlinien erarbeiten, die Innenminister Uwe Schünemann (CDU) und seine Behörde umsetzen.

Hermann Dinkla sieht keinen Handlungsbedarf seinerseits.

Dinkla sieht sich nicht als richtigen Ansprechpartner für eine solche Forderung. Es gehe um die „Überwachung und Steuerung der vollziehenden Gewalt“, und die stehe dem Landtagspräsidenten nicht zu, schreibt Dinkla an Mahrenholz. Außerdem fürchtet er, sich „durch eine Positionierung in Ihrem Sinne zwangsläufig dem Verdacht der politischen Parteinahme auszusetzen“. Und Dinklas Sprecher Kai Sommer ergänzt: „Mit dem Petitionsausschuss, der Integrationskommission und der Härtefallkommission gibt es bereits Gremien im Land, die mit solchen Fragen befasst sind.“

Mahrenholz zeigt sich enttäuscht. Es wäre ihm nicht um Überwachung und Steuerung gegangen, sondern um Erörterung, schreibt er an Dinkla zurück. Eine solche unpolemische Erörterung hätte in der Öffentlichkeit und im Landtag entspannend gewirkt, meint der ehemalige Kultusminister Mahrenholz.

Opposition empört

Dass es an dieser Entspannung bei dem Thema fehlt, zeigt sich an den prompten Reaktionen aus der empörten Opposition: Dinkla verleugne seine Kompetenzen, um sich willfährig hinter die Interessen des Innenministers zu stellen, heißt es von den Grünen. Die SPD kritisiert, bis heute würden Flüchtlinge aus Niedersachsen in ihre Herkunftsländer abgeschoben, obwohl dort zum Teil ihr Leben unmittelbar bedroht sei und katastrophale Zustände herrschten. Die Linken fordern, die bestehenden Gremien zu Ausländerfragen müssten gestärkt werden. (dpa)

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