90 Jahre rechtswidrige Abschiebungshaft – und jetzt das: „Rückführungsoffensive meets Rückführungsverbesserung“

Von Rechtsanwalt Peter Fahlbusch, Kanzlei LSFW, Hannover

Vor 2 Jahren hatte der „Mehr Fortschritt wagen“ Koalitionsvertrag von rot-gelb-grün es bereits angekündigt: Man werde (Achtung, Originalwortlaut!) „eine Rückführungsoffensive starten“, hieß es dort auf S. 112.

Heute nun hat die Bundesregierung mit dem „Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Rückführung“ (wer denkt sich eigentlich solche Namen aus?) verbal zwar ab-, inhaltlich aber massiv aufgerüstet (um im Militärjargon zu bleiben). Verkürzt gesagt lautet die Formel des Rückführungsverbesserungsgesetzes in etwa wie folgt: Mehr Haft + mehr Durchsuchungen = mehr Abschiebungen.

Aus aktuellem Anlass hier meine neuesten Zahlen zur rechtsstaatswidrigen Anordnungspraxis von Abschiebungshaft in Deutschland (Stand 25.10.2023):

  • Seit 2001 habe ich bundesweit 2.458 Menschen in Abschiebungshaftverfahren vertreten (in rund 22 Jahren etwa alle 3 – 4 Tage ein neues Mandat).
  • 1.283 dieser Menschen (dh 52,2 %) wurden nach den hier vorliegenden rechtskräftigen Entscheidungen rechtswidrig inhaftiert (manche „nur“ einen Tag, andere monatelang).
  • Zusammengezählt kommen auf die 1.283 Gefangenen 33.116 rechtswidrige Hafttage (etwas plastischer: Das sind 90 Jahre rechtswidrige Haft!).
  • Im Durchschnitt befand sich jede/r Mandant/in genau 25,8 Tage zu Unrecht in Haft.

Ob die Bundesregierung ernsthaft glaubt, dass die im „Gute-Rückführung-Gesetz“ beschlossenen Maßnahmen „zur Bewältigung der hohen Zuzugszahlen“ in spürbarer Form beizutragen geeignet sind, kann sie nur selbst beantworten. Eins aber – das lehrt die jahrelange Vertretung von Betroffenen- ist sicher: Mehr Haft wird zu mehr rechtswidriger Haft führen. Da die Bundesregierung im Entwurf zum „Gute-Rückführung-Gesetz“ erneut keinen Gedanken daran verschwendet hat, von Abschiebungshaft Betroffenen einen Pflichtanwalt zur Seite zu stellen, scheint sie diese Sorge nicht umzutreiben – oder aber das Ganze (als Kollateralschaden?) in Kauf zu nehmen.

Bedrückte Grüße

Peter Fahlbusch

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