Positionspapier: Dringender Bedarf Mindeststandards, um Gewalt zu verhindern und Schutz zu gewährleisten

 

 

Anfang September 2022 veranstaltete der Flüchtlingsrat Niedersachsen im Rahmen des Projekts AMBA zusammen mit der Landesvereinigung für Gesundheit und Akademie für Sozialmedizin Niedersachsen e. V., dem GKV-Bündnis und dem Kooperationsverbund Gesundheitliche Chancengleichheit eine Online Fachveranstaltung zum Thema Gesundheitsförderung und Sammelunterkünfte für geflüchtete Menschen.

Im Rahmen dieser Veranstaltung entstand ein Positionspapier anlässlich der anstehenden Landtagswahl am 09. Oktober 2022 zum dringendem Bedarf für flächendeckende Mindeststandards, um Gewalt zu verhindern und Schutz zu gewährleisten.

Sicheres Ankommen und Gesundheitsförderung für geflüchtete Menschen: Dringender Bedarf für flächendeckende Mindeststandards, um Gewalt zu verhindern und Schutz zu gewährleisten

Nach einer oftmals langen Flucht stellt auch die Ankunft in Deutschland geflüchtete Menschen vor große Herausforderungen. Die Menschen erleben nach ihrem Ankommen und dem Einleiten des Asylverfahrens in den landesbetriebenen Erstaufnahmeeinrichtungen in vielen Fällen einen jahrelangen Aufenthalt in kommunalen Sammelunterkünften. Die Gestaltung dieser Unterkünfte ist sehr heterogen und als strukturell konflikt- und gewaltfördernd einzustufen. So sind diese Einrichtungen nur durch das Brandschutz- und das Infektionsschutzgesetz reguliert, andere Standards existieren nicht.

Die dementsprechend oft schlechten, beengten und ohnehin fremdbestimmten Lebensbedingungen in Kombination mit einem schlechten Zugang zur Gesundheitsversorgung haben schwere Folgen für die physische und vor allem psychische Gesundheit. Dabei sind überdurchschnittlich oft Frauen, Kinder und LSBTIQ-Asylsuchende oder Menschen mit Behinderung betroffen.

Durch die Chronifizierung von Erkrankungen und unbehandelte Traumata entstehen lebenslange Hindernisse für soziale Teilhabe, die großes menschliches Leid und hohe Folgekosten für die Gesellschaft erzeugen, z. B. durch verspätete Behandlungen oder Rückzug vom Arbeitsmarkt. Dabei gibt es auf Bundesebene erstellte „Mindeststandards zum Schutz von geflüchteten Menschen in Flüchtlingsunterkünften“ die handlungsleitend sein sollten, jedoch bisher rechtlich nicht bindend sind. Auch für die Landeserstaufnahmeeinrichtungen wurde daran anknüpfend von den Ministerien für Gesundheit, Soziales und Gleichstellung sowie für Inneres und Sport ein Schutzkonzept erarbeitet, was jedoch nicht über einen Empfehlungscharakter an die Kommunen hinausgeht.

Daher fordern die Landesvereinigung für Gesundheit & Akademie für Sozialmedizin Niedersachsen und der Flüchtlingsrat Niedersachsen e.V. die Landesregierung dazu auf, in der kommenden Legislaturperiode folgende Maßnahmen zu ergreifen:

  • Die Festlegung von angemessenen, gesundheitsförderlichen Mindeststandards für kommunale Sammelunterkünfte durch das Land Niedersachsen nach Vorgabe der „Bundesinitiative zum Schutz von geflüchteten Menschen in Flüchtlingsunterkünften“.
  • Die verbindliche und flächendeckende Einführung einer elektronischen Gesundheitskarte für Menschen, die Leistungen nach dem AsylBLG erhalten, anstatt der bisherigen Krankenscheine.
  • Eine dauerhafte und verlässliche Förderung des Netzwerks für traumatisierte Flüchtlinge in Niedersachsen (NTFN), um den Ausbau flächendeckender psychosozialer Versorgung zu sichern.
  • Die Einführung eines Anrechts auf Sprachmittlung für geflüchtete Menschen bei Kontakten mit Behörden und Ärzt*innen.
  • Die Einführung eines Partizipations- und Teilhabegesetzes für Zuwanderer*innen in Niedersachsen, das eine schnelle soziale und berufliche Integration fördert und an den Ressourcen von Menschen ansetzt, statt an Defiziten.
  • Eine Bundesratsinitiative zur Abschaffung des Asylbewerberleistungsgesetzes und zur Überführung aller Flüchtlinge und Asylbewerber*innen ins SGB II.

Ansprechpartner:innen:

Flüchtlingsrat Niedersachsen e.V.
Laura Müller,
lm@nds-fluerat.org,
Tel: 0511 98 24 60 35

LVG&AFS Niedersachsen e.V.
Dr. Moritz von Gliszczynski,
moritz.von-gliszczynski@gesundheit-nds.de,
Tel: 0511 388 11 89 208

Weitere Forderungen

der Flüchtlingsrat hat einen Forderungskatalog zur Etablierung einer Menschenrechtsbasierten und nachhaltigen Flüchtlingspolitik für eine zukünftige Landesregierung erstellt, den Sie hier finden: Forderungen zur Landtagswahl 2022

Dokumentation „Sicheres Ankommen“

eine Zusammenfassung mit allen Präsentationen der Referent:innen der Veranstaltung finden sie hier: Dokumentation

 

 

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