Stellungnahmen der Parteien zum Bleiberechtsvorschlag von Innenminister Schünemann

Nachfolgend die Stellungnahmen von FDP, SPD, Grünen und Linken zu den Vorschlägen von Innenminister Uwe Schünemann (CDU):

OETJEN (FDP): Wir müssen das Bleiberecht liberaler gestalten

HANNOVER. Jugendliche, die in Deutschland gut integriert sind, sollen ein eigenständiges Bleiberecht bekommen. Dafür spricht sich der Innenexperte der FDP-Fraktion Jan-Christoph Oetjen aus und unterstützt damit einen Vorschlag des niedersächsischen Innenministers. „Das kann aber nur ein erster Schritt sein. Es bleibt dabei: Wir müssen das Bleiberecht liberaler gestalten.“

„Wir wollen Kinder und junge Menschen, die hier geboren und gut integriert sind, bei uns behalten und ihnen eine Perspektive in Deutschland bieten“, sagt Oetjen. „Ich hoffe, dass auch die Innenministerkonferenz morgen diese Haltung unterstützt.“ Der innenpolitische Sprecher der FDP-Fraktion sieht aber auch die Bundesregierung in der Pflicht, sich um ein neues Bleiberecht zu kümmern. Dazu sollte es seiner Meinung nach zeitnah einen Gesetzentwurf des Bundesinnenministers geben. „Dabei geht es vor allem auch darum, in Zukunft Kettenduldungen zu vermeiden. Sie sind ein zutiefst unsicherer Status und dadurch für die Betroffenen eine starke Belastung.“ Zum Hintergrund: Von Kettenduldungen spricht man, wenn eine zeitlich befristete Aussetzung der Abschiebung immer wieder verlängert wird.

„Wir sind in Deutschland auf junge Menschen angewiesen“, so Oetjen, „das sollten wir bei Änderungen im Bleiberecht immer im Hinterkopf behalten.“ Der FDP-Innenpolitiker plädierte einmal mehr für eine Willkommenskultur in Deutschland. „Wer in den nächsten Jahrzehnten so dringend auf Fachkräfte angewiesen ist wie wir, sollte offen sein für Zuwanderer.“

Pressemitteilung der SPD Nr. 16-401 vom 15.11.10
Abschiebung nach Noten ist menschenverachtend

Die SPD-Fraktion im Niedersächsischen Landtag lehnt den Vorschlag von Innenminister Schünemann ab, Abschiebungen von ausländischen Familien von den Schulnoten der Kinder abhängig zu machen. „Das Bleiberecht an Zeugnisnoten von Kindern festzumachen ist menschenverachtend. Damit hinge das Schicksal ganzer Familien ausschließlich von der Leistungsfähigkeit von Kindern und Jugendlichen ab. Abgesehen von dem ungeheuren Druck, der damit den Kindern aufgebürdet würde, widerspricht der Vorschlag von Schünemann jeglicher pädagogischen Erfahrung“, sagte die stellvertretende innenpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Sigrid Leuschner, am Montag in Hannover. Die Entwicklung junger Menschen könne oft unterschiedlich sein. Leuschner: „Bei Schünemann zählt allein der Leistungsgedanke. Er teilt Migranten in gute und schlechte Ausländer ein.“

17. November 2010
GRÜNE erneuern Forderung nach gesetzlichem Bleiberecht
Schünemanns Vorschlag macht 18. Geburtstag zum Schicksalstag für alle Familienmitglieder

Im Zusammenhang mit den jüngsten Vorschlägen des Niedersächsischen Innenministers Uwe Schünemann für eine „Form von privilegierten Abschiebestopps“ haben die Landtagsgrünen ihre Forderung nach einer gesetzlichen Bleiberechtsregelung erneuert. Weder sollte der Schulabschluss über die weitere Lebensperspektive von Flüchtlingsfamilien entscheiden, noch dürfe der 18. Geburtstag eines Familienmitglieds zum Schicksalstag für alle werden, sagte die migrationspolitische Sprecherin Filiz Polat am Mittwoch (heute) in Hannover. „Seit 20 Jahren wird an der Bleiberechtsregelung herumgedoktert. Keine der Änderungen hat das Problem der Kettenduldungen gelöst“, sagte die Grünen-Politikerin. Der neuerliche Vorschlag des Innenministers biete den betroffenen Familien lediglich eine „Galgenfrist“. Polat befürchtet, dass mit der Volljährigkeit der Kinder die „Familientragödien nur verschoben“ werden. Die Grünen fordern seit langem ein gesetzliches Bleiberecht, das unabhängig von Stichtagen den Erwerb von Aufenthaltserlaubnissen nach fünfjährigem geduldeten Aufenthalt ermöglicht.

Zum Vorschlag Innenminister Schünemanns, ein eigenständiges Bleiberecht für gut integrierte junge Flüchtlinge einzuführen, erklärt die innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion, Pia Zimmermann:

„Die Schaffung eines eigenständigen Bleiberechts für Flüchtlingskinder ist längst überfällig. Schünemann will das Bleiberecht jedoch nur solchen Kindern und Jugendlichen gewähren, die er als nützlich anerkennt. Einen solchen Selektionsmechanismus lehnen wir ab – er ist zutiefst inhuman.“

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