Die Staatsanwaltschaft Oldenburg sieht keine Hinweise auf ein schuldhaftes Verhalten der Polizei am Tod des Qosay K., der in der Nacht vom 05. auf den 06. März 2021 nach einem Polizeieinsatz im Delmenhorster Wollepark auf die Wache gebracht wurde, dort kollabierte und kurze Zeit später im Krankenhaus starb. Spuren von unverhältnismäßig starker Polizeigewalt hätten sich aus den Untersuchungen nicht ergeben. Die Todesursache des 19-Jährigen sei auch nach dem Abgleich sämtlicher Untersuchungsergebnisse unklar. Die beteiligten Polizisten hätten sich aber korrekt verhalten.
Zur Begründung für die Einstellung des Verfahrens verweist die Staatsanwaltschaft auf eine Untersuchung, die noch am Festnahmeort durch die eingesetzten Rettungskräfte stattgefunden und bestätigt habe, dass Puls und Atmung unauffällig gewesen seien. Damit widerspricht die Staatsanwaltschaft den Erklärungen, die die Polizei unmittelbar nach dem Todesfall abgegeben haben soll: „Eine Behandlung durch Rettungskräfte lehnte der 19-Jährige jedoch ab“, schrieb sie in ihrer Mitteilung zum „Unglücksfall im Gewahrsam der Polizei“ (laut „Kreiszeitung“ vom 23.04.2021). Widersprüchlich auch die Aussagen zum Zustand des Betroffenen nach Festnahme: Nach den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft hatten die Polizeikräfte keine Anhaltspunkte dafür, dass der Mann in einem kritischen Gesundheitszustand war. Nach den Angaben „nahezu aller Anwesenden“ sei der Verstorbene eigenständig und ohne Auffälligkeiten zum Polizeiwagen gegangen, heißt es von der Staatsanwaltschaft. Dem widerspricht die Aussage des Augenzeugen Hamudi: Polizisten hätten auf Khalaf gekniet, ihm sei nicht geholfen worden. Beim Versuch, ihn hochzuheben, sei er eingesackt und zum Auto geschleift worden.
Laut Staatsanwaltschaft fanden Rechtsmediziner:innen im Magen- und Darmtrakt des Toten Qosay K. Polyacrylamid und Natriumpolyacrylat. Diese Chemikalien seien ursächlich für eine schwere Schädigung des Verdauungstraktes und stünden möglicherweise mit dem Tod von Qosay im Zusammenhang. Jedenfalls würden sie als sog. „Superabsorber“ ein Menge Flüssigkeit absorbieren und erklären, warum Qosay immer wieder nach Wasser verlangte. Warum Qosay K. das Pulver schluckte und ob er wusste, worum es sich dabei handelte, ist unklar. Es handelt sich bei dem Pulver nicht um eine Droge. Nach Recherchen von Panorama soll im Blut des 19-Jährigen lediglich geringe Mengen von Marihuana nachgewiesen worden sein. Laut einem rechtsmedizinischen Gutachten starb er an multiplem Organversagen.
„Der Tod ist durch einen sauerstoffmangelbedingten Schockzustand eingetreten“, sagt dagegen die Anwältin der Hinterbliebenen, Lea Voigt, und verweist auf ein Obduktionsgutachten, das die Familie des Gestorbenen in Auftrag gegeben hat. „Woher dieser Sauerstoffmangel kam, ist unklar. Das kann das Obduktionsgutachten möglicherweise nicht erklären.“ Es sei Aufgabe der Ermittler herauszufinden, warum ein junger, munterer Mann starb.
Nach Auffassung des Oldenburger Polizeipräsidenten Johann Kühme hat sich der Fall nun erledigt. Es dränge sich der Eindruck auf, „dass unbedingt die Geschichte von einem deutschen Fall George Floyd mit brutal vorgehenden und rassistisch motivierten Polizisten erzählt werden sollte“ (Spiegel vom 17.05.2021). Anwältin Voigt kritisiert dagegen das Vorgehen der Staatsanwaltschaft scharf: „Aus meiner Sicht ergeben sich durch den Einsatz von Pfefferspray und ausgebliebene Hilfe, die Augenzeugen schildern, Anhaltspunkte für strafbares Verhalten der Polizei.“ (siehe taz vom 17.05.2021) Die Staatsanwaltschaft wolle den Fall offensichtlich auf Biegen und Brechen zu den Akten legen. Sie werde daher Beschwerde gegen die Einstellung des Ermittlungsverfahrens einlegen.
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