Der WikiLeaks-Gründer Julian Assange soll nicht an die USA ausgeliefert werden. Das entschied ein Londoner Gericht soeben und lehnte damit den US-Auslieferungsantrag ab. Dem 49-Jährigen hätten in Amerika im Fall einer Verurteilung bis zu 175 Jahre Haft gedroht. Die Richterin begründete ihre Entscheidung mit dem psychischen Gesundheitszustand Assanges und den Haftbedingungen, die ihn in den USA erwarten würden. Es sei damit zu rechnen, dass er sich in Isolationshaft das Leben nehmen werde. Eine Revision ist noch möglich.
Der Flüchtlingsrat Niedersachsen hatte gemeinsam mit dem Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein am 30. Januar 2020 Asyl für Assange in Deutschland gefordert. Der Forderung schlossen sich im Februar 2020 viele Prominente an. Unter anderen setzte sich die ehemalige Justizministerin Herta Däubler-Gmelin dafür ein, Assange notfalls Asyl in Deutschland zu gewähren. Auch die Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Bärbel Kofler (SPD), zeigte sich über den Prozess besorgt. Vor dem Jahreswechsel erklärte sie zum Auslieferungsverfahren: „Menschenrechtliche und humanitäre Aspekte einer möglichen Auslieferung dürfen nicht übersehen werden. Der körperliche und psychische Gesundheitszustand von Julian Assange muss bei der Entscheidung über die Auslieferung in die USA unbedingt Berücksichtigung finden.“ Bereits Ende Dezember hatte sich im Bundestag eine interfraktionelle Initiative von CDU bis Linken gegründet. Die Bundestagsabgeordneten fordern die Freilassung von Assange, dessen Verfahren ein Präzedenzfall für den Schutz der Meinungs- und Pressefreiheit sei. Die Organisation „Reporter ohne Grenzen“ organisierte eine Petition für die Freilassung von Assange.
Der gebürtige Australier Assange hatte über seine Enthüllungsplattform WikiLeaks Hunderttausende geheime Dokumente über Kriegsverbrechen veröffentlicht. US-Ermittlern und westlichen Sicherheitskreisen gilt Assange damit als Staatsfeind. Um einer Auslieferung zu entgehen, hatte sich Assange in die Botschaft Ecuadors geflüchtet und dort sieben Jahre gelebt, bevor ihm 2019 das Asyl entzogen wurde. Er wurde festgenommen und kam in ein Londoner Hochsicherheitsgefängnis.
Der Rechtsstreit dürfte jedoch weitergehen, denn gegen die Entscheidung kann Berufung eingelegt werden. Nach einer weiteren Instanz könnte das Verfahren vor den britischen Supreme Court gehen und schließlich den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg beschäftigen.
Der Wikileaks-Gründer saß bereits seit rund eineinhalb Jahren im Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh im Südosten der britischen Hauptstadt in Einzelhaft, wo er nach Aussagen von Prof. Melzer, UN-Sonderberichterstatter über Folter, misshandelt wurde: „Er zeigt alle Symptome, die typisch sind für eine Person, die psychischer Folter ausgesetzt ist“, so Melzer. Er durfte nur sehr eingeschränkt Besuch empfangen, auch Telefonate nach draußen waren nicht unbegrenzt möglich.
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