Das Bundesinnenministerium vertritt in einem Schreiben an den Innensenator des Landes Berlin vom 21.08.2020 die Auffassung, dass die Durchführung eines Corona-Tests von Geflüchteten erzwungen werden kann, wenn die Behörden der Herkunftsstaaten dies zur Bedingung für eine Aufnahme machen. In der Stellungnahme des BMI heißt es wörtlich:
„§ 82 Absatz 4 Satz 1 und 2 AufenthG regelt: „Soweit es zur Vorbereitung und Durchführung von Maßnahmen nach diesem Gesetz und nach ausländerrechtlichen Bestimmungen in anderen Gesetzen erforderlich ist, kann angeordnet werden, dass (..) eine ärztliche Untersuchung zur Feststellung der Reisefähigkeit durchgeführt wird. Kommt der Ausländer einer Anordnung nach Satz nicht nach, kann sie zwangsweise durchgesetzt werden.“
Nach Auffassung des Flüchtlingsrats Niedersachsen lassen sich Corona-Tests vor Abschiebungen nicht auf § 82 Abs. 4 S. 1 und 2 stützen. Personen, die zwar mit Corona infiziert sind, aber keine oder nur leichte Symptome aufweisen, sind deshalb nicht reiseunfähig – auch wenn natürlich gute Gründe dafür sprechen, dass sie nicht auf Reisen gehen sollten. Gemäß § 60a Abs. 2c AufenthG wird bekanntlich vermutet, „dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen“, sodass grundsätzlich auch kein Erfordernis für eine behördliche Prüfung der Reisefähigkeit besteht, solange die Betroffenen keine qualifizierten ärztlichen Bescheinigungen vorlegen, die das Gegenteil belegen.
Dass gewisse Länder die Vorlage negativer Corona-Tests fordern, ist keine Frage der Reisefähigkeit, sondern der Einreisebestimmungen. Dass gewisse Fluggesellschaften solche Personen, die keinen negativen Corona-Tests vorlegen, nicht transportieren, ist ebenfalls keine Frage der Reisefähigkeit, sondern der Beförderungsbedingungen. Für die Durchführung von Zwangstests besteht insofern keine Rechtsgrundlage.
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