Familientrennung bei Abschiebung: Vater und Kinder abgeschoben, schwangere Mutter allein im Krankenhaus zurückgelassen

Der Landkreis Lüchow-Dannenberg hat einen Vater und seine sieben Kinder nach Serbien abgeschoben – während die schwangere Mutter im Krankenhaus lag. Der Flüchtlingsrat Niedersachsen, die Migrationsberatung BLEIBEN und die Initiative „ZuFlucht Lüchow“ kritisieren die Maßnahme scharf und fordern den Landkreis auf, sich an die geltende Rechtslage zu halten.

Mitten in der Nacht des 19. August 2020 um ca. 03:00 Uhr schlug die Polizei unangekündigt mit einem Großaufgebot bei der neunköpfigen Familie R. in Schnega auf, um sie nach Serbien abzuschieben. Die Beamt:innen verschafften sich gewaltsam Zutritt zu der Wohnung der Familie, indem sie die Eingangstür eintraten. Die Kindesmutter, Frau R., war jedoch nicht zuhause: Aufgrund von Komplikationen in der Schwangerschaft musste sie mehrere Tage stationär im Altmarkklinikum Salzwedel behandelt werden. Dennoch wurden der Kindesvater, Herr R., gemeinsam mit seinen sieben minderjährigen Kindern gegen seinen Willen nach Serbien verbracht – und die schwangere Frau R. allein zurückgelassen.

Muzaffer Öztürkyilmaz, Referent des Flüchtlingsrats Niedersachsen, Hannover

„Das Vorgehen des Landkreises ist rechtswidrig. Der Rückführungserlass des Landes verbietet es den Vollzugsbehörden grundsätzlich, Familien bei Abschiebungen zu trennen. Vorliegend ist keine Rechtfertigung ersichtlich, um von diesem Grundsatz abzuweichen. Die Beamt:innen hätten die Abschiebung spätestens zu dem Zeitpunkt abbrechen müssen, an dem sie davon erfuhren, dass Frau R. nicht anwesend bzw. im Krankenhaus ist.“

Sebastian Leierseder, Mitarbeiter der Migrationsberatung BLEIBEN, Wendland:

„Es kann keine guten Abschiebungen geben, aber eine schwangere Frau, ihren Ehemann sowie ihre sieben minderjähriigen Kinder auf diese gewaltvolle Weise unnötig zu traumatisieren, ist schlicht beschämend.“

Frau R.  ist aufgrund einer Risikoschwangerschaft auf die Unterstützung ihres Mann und ihrer Familie angewiesen. Zwischenzeitlich hat sie sich dieser Tatsache und dem immensen Druck der Behörden gebeugt. Sie wird am Samstag „freiwillig“ nach Serbien ausreisen, um nicht weiter von ihren Kindern und ihrem Ehemann getrennt zu sein und die erforderliche Unterstützung bei der Bewältigung ihres Alltags in der Schwangerschaft zu erfahren.

Uta Müller, Aktivistin der Treffpunktes „ZuFlucht Lüchow“, Lüchow:

„Weshalb wählt unser Landkreis erneut diesen rechtswidrigen Weg und zerstört die Kraft einer Mutter, sich und ihrer Familie ein Leben im Wendland aufzubauen? Wir haben Platz und Raum in unseren Häusern und Herzen. Wir brauchen und wollen keine Abschiebungen!“

Die drei Organisationen fordern den Landkreis auf, sich bei Abschiebungen künftig zumindest an die geltende Rechtslage zu halten.

Für Rückfragen:

Muzaffer Öztürkyilmaz, Flüchtlingsrat Niedersachsen, 0511 98 24 60 38, moy@nds-fluerat.org

Sebastian Leierseder, Migrationsberatung BLEIBEN, 0151 631 98 341, bleiben@kuba-ev.de
Uta Müller, ZuFlucht Lüchow, zuflucht.luechow@web.de
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