[Juli 2020]
Gebühren in kommunalen Unterkünften
Die Höhe der Gebühren bzw. Entgelte für die Unterbringung von Geflüchteten in Gemeinschaftsunterkünften variiert sehr stark. Während im Landkreis Harburg pro Person und Monat – abhängig von der Höhe des erzielten Einkommens – maximal 180,00 € (6,00 € pro Tag) fällig werden, erhebt die Samtgemeinde Gellersen pro Person eine monatliche Pauschalgebühr in Höhe von 360,00 € (12,00 € pro Tag) – unabhängig von der Höhe des erzielten Einkommens. In der Stadt Garbsen beläuft sich das monatliche Entgelt für die Unterbringung in einer der drei Flüchtlingsunterkünfte auf mindestens 753,60 € (24,98 € pro Tag) und reicht bis zu 855,30 € (28,51 € pro Tag). In Hemmingen betragen die Gebühren der Unterbringung 930,00 €. Sofern Geflüchtete in Burgdorf untergebracht werden, zahlen sie – je nach Unterkunft – pro Monat bestenfalls 261,54 € (8,71 € pro Tag) und schlimmstenfalls mit 738,69 € (24,62 € pro Tag) fast das Dreifache. Die Stadt Laatzen fordert monatlich zwischen 271,00 € (9,06 € pro Tag) und 673,80 € (22,46 €) von den dort untergebrachten Geflüchteten, was einer Preisspanne von etwa 160 % entspricht. In Lehrte differieren die Gebühren der Unterbringung zwischen 564,00 € (18,80 € pro Tag) und 304,20 € (10,14 € pro Tag), wohingegen obdachlose Personen ohne Fluchthintergrund pauschal 5,70 € pro Tag und damit höchstens 171,00 im Monat zahlen.
Die Kommunen verfügen also über weitgehende Spielräume bei der Ausgestaltung der Gebühren- bzw. Entgeltsatzungen. Es steht ihnen frei, niedrigere Gebühren zu erheben oder sogar vollständig von der Erhebung abzusehen, soweit daran ein öffentliches Interesse besteht (§ 5 Abs. 1 S. 3 Niedersächsisches Kommunalabgabengesetz, NKAG). Zudem können die Kommunen bei der Gebührenbemessung und bei der Festlegung der Gebührensätze soziale Gesichtspunkte, auch zugunsten bestimmter Gruppen von Gebührenpflichtigen, berücksichtigen (§ 5 Abs. 3 S. 3 NKAG).
Die Höhe einiger der erhobenen Gebühren ist integrationspolitisch unsinnig und rechtlich fragwürdig, weil sittenwidrig. Im Übrigen demotivieren und frustrieren solche horrenden Gebühren die Betroffenen. Sie haben einen Job, kommen endlich auf einen grünen Zweig und wollen sich Spielräume verschaffen, dann stellen sie fest, dass sie 60 bis 80 Prozent ihres Nettoeinkommens für die Unterbringung bezahlen müssen. Meist bleibt dann nicht mehr als der Hartz IV-Satz zum Leben übrig. Besonders schockiert sind viele Geflüchtete, wenn sie mit rückwirkenden Forderungen der Kommunen von mehreren Tausend Euro konfrontiert sind und feststellen, dass sie vor einem Schuldenberg stehen.
Die Gebühren sollten daher sozial gestaffelt und nach oben gedeckelt werden, wie dies zum Beispiel in Harburg oder in der Landeshauptstadt Hannover geschieht. Es muss klare und verbindliche Regelungen für Gebühren geben, die sich an der ortsüblichen Vergleichsmiete orientieren müssen, unabhängig davon, ob es um deutsche Obdachlose oder um Flüchtlinge geht.
Darüber hinaus müssen Flüchtlinge bei ihrer Suche nach Wohnungen unterstützt werden. Die Kommunen sind gefordert, alle Anstrengungen auf ein Auszugsmanagement aus Gemeinschaftsunterkünften zu legen, das flächendeckend mit allen relevanten Akteuren vernetzt sein muss, um Wohnungen aller benötigten Größen zu akquirieren. Hierbei müssen Kommunen auch interkommunal (auch innerhalb von Landkreisen) eng zusammenarbeiten, dabei aber auch die Belange und Wünsche der Geflüchteten berücksichtigen. Die Kommunalverwaltungen dürfen die Geflüchteten nicht allein gelassen, sondern müssen sie eng unterstützen.
Die Engpässe bei der Wohnungssuche werden verschärft durch die Entscheidung des Landes, den Flüchtlingen einen Umzug in Städte zu verbieten, in denen sie Wohnungen zu akzeptablen Preisen mieten können (Delmenhorst, Wilhelmshaven, Salzgitter).