25.3 Arbeit und Ausbildung

Achtung! Die Auskünfte in diesem Kapitel geben nicht den aktuellen Stand wieder. Vor dem Hintergrund kurzfristiger und wiederholter Änderungen der Rahmenbedingungen orientieren Sie sich bitte bis auf Weiteres an den aktuellen Auskünften hier:

Aktualisierte Informationen für Geflüchtete aus der Ukraine

 

Mit einer Aufenthaltserlaubnis nach § 24 AufenthG dürfen Sie nicht ohne weiteres arbeiten. Die Ausländerbehörde kann Ihnen aber erlauben, eine Arbeit aufzunehmen.[1] In Ihrer Aufenthaltserlaubnis kann daher die Nebenbestimmung „Beschäftigung nur mit Genehmigung der Ausländerbehörde“ eingetragen sein.[2] Dann müssten Sie für ein konkretes Arbeitsangebot bei der Ausländerbehörde die Erteilung einer Arbeitserlaubnis beantragen. Die Bundesagentur für Arbeit muss der Erteilung einer Arbeitserlaubnis nicht zustimmen.[3] Die Ausländerbehörde darf Ihnen aber nicht generell erlauben eine Beschäftigung aufzunehmen.[4]

Sie können sich selbst eine Arbeit suchen, sich arbeitslos melden und die Förderangebote der Agentur für Arbeit oder der JobCenter in Anspruch nehmen.

Die Agentur für Arbeit ist für Sie zuständig, wenn Sie Arbeitslosengeld I bekommen oder wenn Sie nur Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erhalten können.[5] Das ist der Fall, wenn die Entscheidung über die Aussetzung Ihrer Abschiebung noch keine 18 Monate zurückliegt.[6]

Das JobCenter ist für Sie zuständig, wenn Sie Arbeitslosengeld II bekommen; zu den Einzelheiten zum Bezug von Sozialleistungen vgl. 25.4.

Wenn Sie Arbeitslosengeld I oder II beziehen, sind Sie verpflichtet, nach Arbeit zu suchen. Die Arbeitsagentur bzw. das JobCenter kann Sie verpflichten, sich auf konkrete Stellen zu bewerben und an Bewerbungstrainings oder bestimmten Qualifizierungsmaßnahmen teilzunehmen. Auch wenn die Arbeitszeiten ungünstige sind oder Sie aufgrund Ihrer Ausbildung lieber eine andere Arbeit hätten, dürfen Sie die angebotenen Jobs nicht ohne weiteres ausschlagen. Wenn Sie ohne triftigen Grund eine Arbeit ablehnen, können Ihnen die Sozialleistungen gekürzt oder sogar ganz gestrichen werden.

Die Arbeitsagentur bzw. das JobCenter kann Ihre Kosten für Bewerbungen (Bewerbungsmappen, Beglaubigungen, Fotos, Gesundheitszeugnis, Übersetzung von Zeugnissen) übernehmen. Auch Fahrtkosten zu Vorstellungsgesprächen können erstattet werden.[7] Die Arbeitsagentur bzw. das JobCenter kann außerdem finanzielle Unterstützung leisten, um Ihre Eingliederung in den Arbeitsmarkt zu fördern. Dazu zählt zum Beispiel die Kostenübernahme für die Anerkennung im Ausland erworbener Abschlüsse,[8] für Lohnkostenzuschüsse für Arbeitgeber[9] und die Finanzierung einer psychosozialen Beratung oder einer Suchtberatung.[10] Außerdem werden Qualifizierungsangebote und die berufliche Weiterbildung gefördert.[11]

  • Beantragen Sie die Übernahme z.B. von Bewerbungskosten, bevor Sie diese bezahlt haben. Erkundigen Sie sich nach speziellen Fördermöglichkeiten für Sie.

Rechte als Arbeitnehmer*in

Als Arbeitnehmer*in haben Sie gegenüber dem Arbeitgeber bestimmte Rechte. Dazu gehören die Auszahlung des vereinbarten Lohns, die Lohnzahlung im Krankheitsfall, der Urlaubsanspruch, die Einhaltung bestimmter Mindeststandard bei der Dauer der Arbeitszeit pro Tag und beim Arbeitsschutz.

  • Wenn Sie Schwierigkeiten mit Ihrem Arbeitgeber haben, können Sie vor dem Arbeitsgericht klagen. Lassen Sie sich vorher gut beraten, zum Beispiel bei der Gewerkschaft.

Wenn Sie eine Arbeit gefunden haben und bislang Arbeitslosengeld I oder II erhalten, sind Sie verpflichtet, dies der Arbeitsagentur oder dem Jobcenter  so schnell wie möglich mitzuteilen. Wenn Sie nicht viel verdienen, bekommen Sie einen neuen Bescheid über Ihre Sozialleistungen und weiterhin ergänzende Leistungen. Wenn Sie Ihre Arbeit nicht unverzüglich melden, fordern die Ämter von Ihnen das zu viel gezahlte Geld zurück. Unter Umständen bekommen Sie auch Probleme, weil man Ihnen Betrug vorwirft.

Ausbildung

Betriebliche Berufsausbildung

Die Ausländerbehörde kann Ihnen auch erlauben, eine Ausbildung aufzunehmen.[12] Die Bundesagentur für Arbeit muss der Erteilung einer Arbeitserlaubnis nicht zustimmen.[13]

Mit einer Aufenthaltserlaubnis nach § 24 AufenthG können Sie Anspruch auf Berufsausbildungsbeihilfe (BAB) haben.[14] Sie wird zusätzlich zu Ihrem Gehalt als Auszubildende/r gezahlt.

Berufsausbildungsbeihilfe wird während einer beruflichen Ausbildung oder einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme gewährt. Gefördert wird nur, wer in einer Wohnung ohne seine Eltern lebt. Jugendliche unter 18 Jahren erhalten unter Umständen keine Berufsausbildungsbeihilfe, wenn ihre Ausbildungsstätte in der Nähe der Wohnung der Eltern liegt und die Behörde argumentiert, dass Sie auch dort wohnen könnten. Dann können Sie während der Ausbildung weiterhin Arbeitslosengeld II bzw. Leistungen nach dem AsylbLG erhalten.[15] Für Verheiratete und Personen mit Kindern spielt die elterliche Wohnung keine Rolle; sie erhalten trotzdem Berufsausbildungsbeihilfe.[16]

Auch durch Berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen, Ausbildungsbegleitende Hilfen und eine Assistierte Ausbildung können Sie ohne Wartezeit gefördert werden.[17]

Eine Außerbetriebliche Ausbildung können Sie ebenfalls aufnehmen; das gilt aber nicht, wenn Sie die Aufenthaltserlaubnis nach § 24 AufenthG wegen des Krieges in Ihrem Herkunftsland erhalten haben und daher leistungsberechtigt nach dem Asylbewerberleistungsgesetz sind (siehe Kapitel 25.4).[18]

Schulische Berufsausbildung

Fach- und Berufsfachschulen vermitteln in Vollzeitunterricht die für den Beruf erforderlichen Kenntnisse. Schulische Ausbildungen werden unter anderem in folgenden Bereichen angeboten:

  • Fremdsprachen
  • Gestaltung
  • Informationstechnik
  • Sozial- und Gesundheitswesen
  • Technik
  • Wirtschaft

Eine berufliche Vorbildung ist für den Besuch einer Berufsfachschule nicht erforderlich, es werden jedoch oft praktische Tätigkeiten in den jeweiligen Tätigkeitsfeldern erwartet. Zu der Frage, ob Sie für die praktischen Tätigkeiten eine Arbeitserlaubnis brauchen, vgl. Kapitel 4.3, schulische Ausbildung.

Für eine schulische Ausbildung ist mindestens ein Hauptschulabschluss erforderlich, meistens sogar ein Realschulabschluss. Oft gibt es mehr Bewerber/innen als Ausbildungsplätze, und es kommt zu einem Auswahlverfahren. Auswahlkriterien können bestimmte Schulnoten, der Notendurchschnitt oder auch die Art der schulischen Vorbildung und die Wartezeit sein. Auch Eignungsprüfungen und Vorstellungsgespräche sind üblich. Schulische Ausbildungen kosten bei privat geführten Schulen oft Gebühren. Ausbildungsstellen ohne Gebühren gibt es zum Beispiel für Erzieher/innen, Heilerziehungspfleger/innen, Hebammen, Medizinisch-technische/r Assistenten/innen.

  • Erkundigen Sie sich bei der für Sie zuständigen Arbeitsagentur nach kostenlosen schulischen Ausbildungsangeboten oder schauen Sie im Internet nach unter

http://infobub.arbeitsagentur.de/kurs/index.jsp.

Bei einer schulischen Ausbildung könnte der Lebensunterhalt durch Schüler-BAföG finanziert werden.[19] Mit einer Aufenthaltserlaubnis nach § 24 AufenthG können Sie Anspruch auf BAföG-Leistungen nur haben, wenn Sie selbst vor Beginn der Ausbildung fünf Jahre in Deutschland erwerbstätig waren oder wenn ein Elternteil hier während der letzten sechs Jahre drei Jahre gearbeitet hat.[20] Nach den Verwaltungsvorschriften zum BAföG[21] ist es hierfür erforderlich, dass der Verdienst zur Finanzierung des Lebensunterhalts ausgereicht hat. Hat ein Elternteil Kinder unter zehn Jahren betreut, werden diese Zeiten angerechnet. Auch wenn einer Ihrer Elternteile mindestens sechs Monate hier gearbeitet hat und aus einem wichtigen Grund nicht weiter arbeiten konnte (zum Beispiel bei Arbeitslosigkeit, wenn Arbeitslosengeld bezogen wird, und bei einer Einschränkung der Arbeitsfähigkeit), können Sie BAföG-Förderung erhalten.

Wenn Sie Sozialleistungen nach §§ 3 f AsylbLG in Anspruch nehmen, dürfen Sie gleichzeitig eine schulische Ausbildung aufnehmen, ohne dass das Sozialamt die Sozialleistungen streicht. Denn anders als für die Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch II oder XII gibt es im AsylbLG keine Regelung, die besagt, dass man keine Leistungen mehr erhält, wenn man studiert.[22]
Schwieriger ist die Finanzierung eines Studiums, wenn Sie eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 4 S. 1 AufenthG haben und nach 18 Monaten Leistungen nach § 2 AsylbLG gemäß den Bestimmungen des SGB XII beziehen. Das Sozialgesetzbuch XII verbietet den Bezug von Sozialleistungen zum Zweck der Finanzierung eines Studiums. Sie können allerdings versuchen, Sozialleistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts als Darlehen oder als Beihilfe über die Härtefallregelung des § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB XII zu beantragen – z. B. dann, wenn Sie bereits kurz vor Abschluss Ihres Studiums stehen.

Entsprechendes kann gelten, wenn Sie Arbeitslosengeld II erhalten.[23]

Selbstständigkeit

Eine selbständige Erwerbtätigkeit muss Ihnen die Ausländerbehörde auf Ihren Antrag hin erlauben, wenn die ggf. erforderlichen Berufszugangsvoraussetzungen, wie zum Beispiel eine Gewerbeerlaubnis  vorliegen.[24]

Um den Einstieg in die Selbstständigkeit finanzieren zu können, können Sie von der Arbeitsagentur einen so genannten Gründungszuschuss von 300 Euro monatlich erhalten.[25] Der Gründungszuschuss wird sechs Monate lang zusätzlich zu Ihrem Arbeitslosengeld I gezahlt und kann dann noch einmal für neun Monate verlängert werden. Um einen Gründungszuschuss zu erhalten, müssen Sie noch mindestens fünf Monate lang Anspruch auf Arbeitslosengeld I haben. Außerdem müssen Sie der Arbeitsagentur nachweisen, dass Ihre Gründungsidee tragfähig ist und Sie die dafür benötigten Kenntnisse und Fähigkeiten besitzen.

  • Vor einer Existenzgründung sollten Sie sich in jedem Fall umfassend bei der Industrie- und Handelskammer, dem Deutschen Hotel und Gaststättenverband, der Handwerkskammer oder anderen kompetenten Stellen beraten lassen. Diese Vereinigungen bieten auch Existenzgründungsseminare an. Gründen Sie nicht übereilt ein Gewerbe. Schließen Sie vor allem erst einen Mietvertrag oder andere Verträge ab, nachdem Sie sich umfassend beraten lassen haben und ein tragfähiges Konzept haben. Es besteht die große Gefahr dauerhafter Verschuldung.

 

[1] §§ 25 Abs. 4 S. 3; 4a Abs. 2 S. 1 AufenthG.

[2] § 4a Abs. 3 S. 1 AufenthG.

[3] § 31 BeschV.

[4] § 24 Abs. 6 S. 2 AufenthG.

[5] § 76 Abs. 6 S. 1 Nr. 3 SGB III.

[6] § 1 Abs. 1 Nr. 3c AsylbLG.

[7] Sog. Förderung aus dem Vermittlungsbudget, § 44 SGB III.

[8] Sog. Förderung aus dem Vermittlungsbudget, § 44 SGB III.

[9] §§ 88 ff SGB III.

[10] § 16a SGB II.

[11] §§ 45; 81 SGB III.

[12] §§ 25 Abs. 4 S. 3; 4a Abs. 1 AufenthG.

[13] § 31 BeschV.

[14] §§ 56; 60 SGB III.

[15] Vgl. § 7 Abs. 5 SGB II.

[16] § 60 SGB III.

[17] §§ 51; 52; 74 – 75a; 76; 450 Abs. 1 SGB III.

[18] § 76 Abs. 6 S. 1 Nr. 3 SGB III; § 1 Abs. 1 Nr. 3a AsylbLG.

[19] § 2 BAföG.

[20] § 8 Abs. 3 BAföG.

[21] Allgemeine Verwaltungsvorschriften zum BAföG Nr. 8.3.5

[22] Nds. Innenministerium, Schreiben vom 4.10.2017, siehe https://www.nds-fluerat.org/wp-content/uploads/2017/10/20171004-Erlass-H%C3%A4rtefallregelung-%C2%A7-22-SGB-XII.pdf; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 15.6.2001 – Az. 12 B 795/00 – (NRW Justiz) zum Leistungsbezug während des Studiums: Das Fehlen einer dem § 26 Abs. 1, S. 1 BSHG (diese Vorschrift entspricht § 22 Abs. 1, S. 1 SGB XII) entsprechenden Regelung im AsylbLG berechtige nicht zu einer analogen Anwendung des SGB XII, da der Gesetzgeber Anspruchsausschlüsse oder -einschränkungen, die er für notwendig erachtet hat, jeweils gesondert im AsylbLG geregelt habe; ebenso LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 19.09.2008 – L 8 B 32/08 AY ER, siehe https://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/list.php?modul=esgb; BMAS, Schreiben vom 26.2.2016; a.A. Landessozialgericht Berlin-Brandenburg; Urteil vom 15.01.2010 – L 23 AY 1/07, siehe https://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/list.php?modul=esgb.

[23] §§ 7 Abs. 5 und 6; 27 Abs. 3 S. 1 SGB II.

[24] § 24 Abs. 6 S. 1; AVwV 24.6.

[25] § 93 f. SGB III.

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