Deutschland steht wegen seiner Abschiebungspraxis in der Kritik. Eine Delegation des Europarates bemängelt, dass die Betroffenen nicht rechtzeitig informiert würden. Das Anti-Folter-Komitee des Europarats (CPT) kritisiert, dass Abschiebungen aus Deutschland den Betroffenen häufig zu kurzfristig angekündigt werden, und fordert, dass Betroffene auch in Abschiebehaft wissen müssen, wann sie Deutschland verlassen müssen. Es sei unerlässlich, dass den Menschen rechtzeitig mitgeteilt werde, dass sie Deutschland verlassen müssten. Nur so könnten sich die Menschen psychisch mit der Situation auseinandersetzen.
Damit bestätigt das CPT die Kritik des Flüchtlingsrats an den gesetzlichen Verschärfungen, die der Gesetzgeber bereits 2015 im Rahmen des sog. „Asylverfahrensbeschleunigungsgesetzes“ eingeführt hat: „Nach Ablauf der Frist zur freiwilligen Ausreise darf der Termin der Abschiebung dem Ausländer nicht angekündigt werden“, heißt es seither in §59 abs. 1 AufenthG.
Die CPT-Expert:innen kritisierten im Übrigen Misshandlungen von afghanischen Geflüchteten im Rahmen einer Abschiebung von München in die afghanische Hauptstadt Kabul im August vergangenen Jahres: Einem von sechs Polizisten festgehaltenen Mann habe ein Polizist einen Arm gegen den Hals gedrückt, was seine Atemfähigkeit eingeschränkt habe. Ein anderer Polizist habe dem am ganzen Körper mit Klebeband Gefesselten mehrmals für längere Zeit die Genitalien gequetscht. Diese Methode „zielt eindeutig darauf ab, durch Zufügung starker Schmerzen kooperatives Verhalten zu erreichen“, kritisierten die Experten des Europarats. Ein solches Vorgehen sei „unverhältnismäßig und unangemessen“. Deutschland müsse „sofort Maßnahmen ergreifen“, um die Anwendung dieser Techniken zu unterbinden.
Das Anti-Folter-Komitee, das Haftbedingungen in Europa überprüft, bemängelte zudem die Einrichtung des besuchten Abschiebegefängnisses in Eichstätt. Das Wachpersonal dort sei nicht speziell geschult, außerdem würden die dort untergebrachten Männer mehr wie Strafgefangene behandelt. So dürften sie beispielsweise nicht ihre eigene Kleidung tragen und hätten nur eingeschränkten Zugang zu Mehrzweckräumen, um sich die Zeit zu vertreiben.
Außerdem könnten die Insassen nicht direkt einen Arzt sprechen, sondern müssten einen Termin erst bei einem der Aufpasser anmelden, wie der Bericht bemängelte. In ihrer Antwort erklärte das Ministerium, dass die Männer in Abschiebehaft meist nicht genügend eigene Kleidung besäßen, um diese regelmäßig zu wechseln – deshalb werde auf Kleidung der Haftanstalt zurückgegriffen. Die in Eichstätt eingerichtete Freizeithalle könne zudem erst länger geöffnet werden, wenn es für die zusätzliche Zeit Sicherheitspersonal gebe. Dass ein direkter Arztbesuch für die Insassen nicht möglich sei, wies das Justizministerium zurück. Die Delegation forderte in ihrem Bericht, dass an Abschiebungen beteiligte Polizisten eine Kennzeichnung tragen müssen. Bei der begleiteten Ausweisung aus Bayern sei das nicht der Fall gewesen. Betroffene in Abschiebehaft im ehemaligen Gefängnis in Eichstätt seien erst informiert worden als die Polizei sie abholte, um sie zum Flughafen in München zu bringen, berichtete die Delegation.
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