von Thomas Hohlfeld, DIE LINKE
die Süddeutsche Zeitung berichtet heute über die aktuelle Antwort der Bundesregierung auf die regelmäßige ergänzende Asylstatistik-Anfrage der LINKEN (Ulla Jelpke u.a.). Schwerpunkt ist die unverändert hohe Fehlerquote im BAMF – die Erfolgsquote von Geflüchteten bei Gerichtsurteilen lag in den ersten drei Quartalen 2018 (aktuellere Zahlen liegen nicht vor) bei 32 Prozent, d.h. fast jeder dritte inhaltlich durch die Gerichte überprüfte Bescheid des BAMF wurde aufgehoben und korrigiert! Sehr anschaulich und hilfreich ist die übersichtliche grafische Darstellung der Zahlen zu den Gerichtsentscheidungen durch die SZ, auch nach Herkunftsländern differenziert:
Bernd Kastner weist zu Recht darauf hin, dass wohl kaum eine andere Bundesbehörde sich eine solch hohe Fehlerquote leisten könnte. Als wesentliche Gründe nennt er die enormen Qualitätsmängel und die Überforderung des BAMF insbesondere seit 2015, aber auch die Auswirkungen politischer Vorgaben.
In der Tat: Unverhohlen hatte der damalige Bundesinnenminister de Maizière einen schärferen Umgang mit afghanischen Schutzsuchenden und mehr Abschiebungen nach Afghanistan gefordert, die damalige Große Koalition hatte das BAMF dementsprechend aufgefordert, die Vorgaben zu internen Fluchtalternativen in Afghanistan zu ändern. Das Ergebnis waren verstärkte Ablehnungen afghanischer Flüchtlinge mit pauschalen Textbausteinen, in denen angebliche interne Schutzalternativen behauptet wurden, etwa in Kabul.
Dass der UNCHR dieser Einschätzung zuletzt klar widersprochen hat, ist für die Entscheidungspraxis des BAMF ohne große Auswirkung geblieben. Das Resultat ist eine extrem hohe Fehlerquote bei Entscheidungen zu afghanischen Asylsuchenden: Etwa 58 Prozent dieser BAMF-Bescheide [bereinigt um „formale Entscheidungen“] werden von den Gerichten aufgehoben, fast doppelt so viele wie im Durchschnitt aller Herkunftsländer! Bernd Kastner zählt zusammen: In der Jahren 2017 bis Oktober 2018 wurde 55.000 Asylsuchenden vom BAMF der ihnen nach Auffassung der Gerichte zustehende Schutzstatus verweigert.
Als im Raume stand, die BAMF-Außenstelle in Bremen hätte womöglich 1.200 jesidischen Flüchtlingen aus dem Irak und Syrien zu Unrecht Schutz gewährt (eine von Beginn an irrige Annahme – aber das ist ein anders Thema), wurde das in den Medien an vorderster Stelle rauf und runter debattiert, es gab Sondersitzungen des Innenausschusses, und der Bundesinnenministers hielt es für geboten, sich öffentlich für einen angeblichen „Skandal“ zu entschuldigen, den es nicht gab. Dass zehntausenden Schutzsuchenden zu Unrecht der ihnen zustehende Schutzstatus verweigert wird, scheint hingegen als weniger skandalös wahrgenommen zu werden…
Die Bundesregierung hat mehrfach versucht zu behaupten, die hohe so genannte „Klagequote“ in Bezug auf (ablehnende) BAMF-Bescheide der Jahre 2017 und 2018 entspreche in etwa den Vorjahren (siehe die Vorbemerkung zur Anfrage). Das war schon immer falsch, ist durch die Antwort zu Frage 18 nun aber auch schön übersichtlich nachlesbar: Die Klagequote (Anteil der beklagten Bescheide) lag bei Ablehnungen durch das BAMF im bisherigen Jahr 2018 bei 75,6 Prozent, 2015 und 2016 lag die Quote bei unter 40%, und in den Jahren 2012 bis 2014, auf die das BAMF und die Bundesregierung dann hilfsweise Bezug nahmen, lag die Quote zwischen 55,8 und 58,5%!
Die fast 100 Seiten starke Antwort der Bundesregierung ist hier verfügbar
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