Presseinformation, 09.11.2018
Am heutigen Tage hat der Flüchtlingsrat Niedersachsen e.V. im Rahmen einer Feierstunde in Hannover zum zweiten Mal den Dr. Matthias Lange-Fluchthilfepreis verliehen. Preisträgerin ist Sabine Tatge aus Rodenberg (Landkreis Schaumburg). Sie hat weitgehend auf sich allein gestellt erreicht, dass ein rechtswidrig nach Simbabwe abgeschobener Mann nach Deutschland zurückkehren konnte. Durch ihren selbstlosen und unermüdlichen Einsatz ist es ihr gelungen, gegen alle Widerstände der Behörden einem Asylsuchenden zu seinem Recht zu verhelfen.
Der junge Mann aus Simbabwe, der mit zwei weiteren Geflüchteten im Haus von Tatge wohnte, war im Oktober 2017 ohne Vorankündigung in sein Heimatland abgeschoben worden. Obwohl das Verwaltungsgericht Hannover die Unrechtmäßigkeit der Abschiebung feststellte und einen Abbruch des Abschiebungsvollzugs anordnete, als der Mann sich noch im Flughafentransit in Addis Abeba befand, wurde er von dort aus weiter nach Simbabwe abgeschoben. „Das BAMF hat den Handlungsbefehl, die Vollziehung der Abschiebung einzustellen, missachtet“, stellt das Verwaltungsgericht später fest. Die Deutsche Botschaft Addis Abeba erklärte den äthiopischen Behörden, dass ein direkter Rückflug mit einer Maschine nach Frankfurt/ Main nicht möglich sei und der Mann sich für die Wiedereinreise an die Deutsche Botschaft Harare, Simbabwe wenden solle, wie aus dem Flüchtlingsrat Niedersachsen vorliegenden Dokumenten hervorgeht. Die Abschiebung in den potenziellen Verfolgerstaat Simbabwe stellte einen groben Verstoß gegen das Non-Refoulement-Verbot der Genfer Flüchtlingskonvention dar.
Nach monatelanger Begleitung und Unterstützung aus der Ferne gelang es Sabine Tatge, dass der Mann im Januar 2018 wieder nach Niedersachsen einreisen konnte. „Ausgezeichnet wird Sabine Tatge heute vor allem für ihre Zivilcourage, mit der sie darum gekämpft hat, dass ein zu Unrecht abgeschobener Flüchtling wieder nach Deutschland zurückkehren konnte. Frau Tatge hat sich in aussichtslos erscheinender Lage nach der bereits eingeleiteten Abschiebung mit den Behörden angelegt und dafür gesorgt, dass der Abschiebungsvollzug zunächst auf halber Strecke gestoppt wurde“, erklärt Dündar Kelloglu, Vorstandsmitglied des Flüchtlingsrats Niedersachsen in seiner Laudatio. „Tatge hat nach der rechtswidrig durchgezogenen Abschiebung nicht aufgegeben, sondern weiter gekämpft und sich nicht beirren lassen. Am Ende hat sie dafür gesorgt, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge einlenken und die Abschiebung rückgängig machen musste. Damit hat sie dem Recht zu seinem Recht verholfen, hat frei nach Hannah Arendt dafür gesorgt, dass Flüchtlinge nicht nur Rechte haben, sondern sie auch einlösen können.“
In ihrer Begrüßungsrede erinnerte die Voritzende Claire Deery an die Arbeit des 2006 verstorbenen Dr. Matthias Lange, an den der Fluchthilfepreis erinnert, und spann den Bogen zu den heutigen Herausforderungen, die sich dem Flüchtlingsrat Niedersachsen weiterhin stellen. Matthias Lange engagierte sich bereits in den 1980er-Jahren als Leiter der Flüchtlingsunterkunft „Hotel Astoria“ in Göttingen in der Flüchtlingsarbeit und war 1984 Mitbegründer des Flüchtlingsrats Niedersachsen.
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