Die rumänischen Roma-Flüchtlinge hatten über mehrere Wochen zunächst in einem Kreuzberger Park übernachtet. Sie verdienten sich tagsüber etwas Geld mit dem Putzen von Autoscheiben an Straßenkreuzungen. Die Polizei weckte sie mindestens 14 Tage lang nachts jede Stunde und bedrohte die Gruppe schließlich massiv mit grundlosen Festnahmen sowie mit Kindesentzug wegen angeblicher Kindeswohlgefährdung. Unterstützer brachten die Roma darauf zunächst für eine Woche mit Zustimmung des Jugendamtes in Räumen des linken Kreuzberger Projekts Bethanien sowie in einer angrenzenden, zu diesem Zweck besetzten leerstehenden Kita unter.
Nachdem die Kita mit Räumung drohte, folgte vor knapp zwei Wochen eine nur wenige Stunden dauernde Kirchenbesetzung. Aufgrund von Zusagen von Senatsvertretern verließ die Gruppe dann auch die katholische Kirche in der Kreuzberger Wrangelstraße und wurde der Senatssozialverwaltung in der von der AWO Berlin-Mitte betriebenen, auch als Asylaufnahmestelle sowie als „Ausreisezentrum“ dienenden Flüchtlingsunterkunft Motardstr. in Berlin-Spandau untergebracht. Zugesagt war, dass sie dort erstmal bleiben könnten, die Rede war von 3 Monaten.
In der Motardstr. wurden dann vom Berliner Integrationsbeauftragten Piening beauftragte, in Berlin lebende Roma als „Moderatoren“ aktiv. Diese versuchten, die rumänischen Roma zur Ausreise zu überreden. Klar war jedoch, dass die Roma als Unionsbürger hier für mindestens 3 Monate ein Aufenthaltsrecht haben, und wenn sie z.B. eine selbständige Erwerbstätigkeit aufnehmen auch länger bleiben können. Die Unterstützer versuchten, die dazu nötigen formalen Schritte in die Wege zu leiten. Die AWO Heimleitung arbeitete dem allerdings entgegen, versuchte die notwendige polizeiliche Anmeldung zu verhindern und beklagte sich bei der Senatssozialverwaltung über das angeblich untragbare Fehlverhalten der Roma. Diese hätten z.B. versucht, ein beim Metzger gekauftes geschlachtetes Schaf ins Heim zu „schmuggeln“.
Unter den Romafamilien waren – was der AWO und der Sozialverwaltung bekannt war – zahlreiche Kinder, einige Schwangere und auch Kranke. Nach knapp zwei Wochen in der Unterkunft Motardstr wurden die Roma heute geräumt und obdachlos ausgesetzt. Mitarbeiter der AWO, des Landessozialamtes (LaGoSo Berlin) und der rumänischen Botschaft forderten die Roma unter Androhung der polizeilichen Räumung auf, das Haus zu verlassen. Ihnen wurden die Schlüssel abgenommen und die meisten erhielten eine Bescheinigung, mit der sie beim Sozialamt Berlin-Mitte eine Rückkehrhilfe von 250 â?¬ erhalten könnten. Aus gegebenem Anlass war – wenngleich diese sich während der gesamten Räumungsaktion dezent im Hintergrund hielt – auch die Polizei aufgefahren. Die rumänischen Botschaftsmitarbeiter drohten den Roma nicht nur mit der Polizei, sondern auch mit einer zwangsweisen Abschiebung, obwohl die Abschiebung von Unionsbürgern rechtlich gesehen unter den gegebenen Umständen vollkommen ausgeschlossen ist.
Einige Frauen und Kinder wiedersetzten sich angesichts der völligen Aussichtslosigkeit ihrer Situation der Räumung. Sie wurden darauf von der Heimleitung wieder in die Unterkunft zurückgebracht. Allerdings wurden nur wenige Stunden später auch die zurückgebliebenen Frauen und Kinder von der AWO ausnahmslos und endgültig obdachlos ausgesetzt.
Mit Kirchen und Wohlfahrtsverbände fanden im Verlauf der vergangenen Wochen zahlreiche Gespräche statt. Diese zeigten sich angesichts der Situation jedoch handlungsunfähig und waren auch am Tag der Räumung selbst zu keinerlei Hilfsangeboten bereit bzw. in der Lage. Uns wurde erklärt, kirchliche Hilfen für die obdachlosen Roma-Flüchtlinge seien nur möglich, wenn dafür eine Kostenerstattung seitens des Landes Berlin garantiert sei.
Die Roma wurden dann schließlich gegen 16 Uhr mit einem Bus zum Sozialamt Berlin-Mitte gefahren. Die Rückkehrhilfen wurden dort zügig ausgezahlt. Zahlreiche uniformierte und zivile Polizisten waren nicht nur bei der Auszahlung im Sozialamt anwesend. Sie verfolgten die Roma auch nach der Auszahlung auf Schritt und Tritt weiter, stiegen mit ihnen in die U-Bahn und in Kreuzberg auch wieder mit aus. Offenbar hatten viele Roma unter diesen Umständen Angst, den gleichfalls von zahlreichen uniformierten und zivilen Polizisten in penetranter Weise observieren, mit den Unterstützern vereinbarten Treffpunkt Bethanien wieder aufzusuchen. Wo und wie diese heute die ziemlich kalte, regnerische Nacht verbringen können ist unklar…
Georg Classen
www.fluechtlingsrat-berlin.de
Komisch, wie die linken Parteien mit den Flüchtlingen umgehen, oder ist dies einfach die Angst vor dem Wähler?