Das Auswärtiges Amt hat die Entscheidung des deutschen Konsulats in Izmir verteidigt, Gazale Salame kein Besuchsvisum zu erteilen, damit die vor mehr als vier Jahren abgeschobene Frau ihren Mann und ihre Kinder in Deutschland wiedersehen kann. Es beständen, so das AA, nach Auffassung des Konsulats „erhebliche Zweifel an der Bereitschaft von Frau Önder zur Rückkehr in die Türkei“. Diese Entscheidung sei „aus Sicht des zuständigen Fachreferates im Auswärtigen Amt rechtlich nicht zu beanstanden“.
Die Begründung für eine Visumsverweigerung ist außerordentlich unbefriedigend. Natürlich möchte Gazale dauerhaft nach Deutschland kommen. Genau so klar ist aber auch, dass sie Sehnsucht nach ihrer Familie hat und alles dafür tun würde, zumindest vorübergehend kommen und ihre Familie wiedersehen zu können. Die Unterstützer haben ihrer Einladung an Gazale eine Bürgschaftserklärung beigefügt, mit der sie sich verpflichten, alle eventuelle anfallenden Kosten – eingeschlossen die Kosten einer Abschiebung – zu übernehmen. Über weitere Garantien zur Gewährleistung einer Rückkehr könnte man sprechen. Offensichtlich besteht auch bei dem Außenminister Dr. Frank-Walter Steinmeier unterstehenden Auswärtigen Amt jedoch gar nicht die Bereitschaft, dieses Gespräch zu führen und bei Vorlage weiterer Rückkehrgarantien eine Visumserteilung aus humanitären Gründen auch nur in Erwägung zu ziehen.
Nachfolgend dokumentieren wir den Brief von Frau Geyer an Außenminister Steinmeier und das Antwortschreiben des zuständigen Fachreferats im Auswärtigen Amt.
gez. Kai Weber
Brief von Frau Geyer an Außenminister Steinmeier
Sehr geehrter Herr Minister,
der Fall „Gazale Salame“ hat bereits im vergangen Jahr bundesweites Aufsehen erregt, so dass Ihnen der Sachverhalt der mit Gewalt auseinandergerissen Familie nicht unbekannt sein dürfte.
Nach der öffentlich abgegebenen Erklärung der Präsidentin des Bundesverwaltungsgerichts Eckertz-Höfer – geäußert im Zusammenhang ihrer Urteilsbegründung – der Fall „schreie“ geradezu nach einer politischen Lösung, steht fest, dass eine humantiäre Entscheidung zu Gunsten dieser Familie möglich und notwendig ist. Somit muss die Politik endlich handeln.
Schon allein, dass die kurzfristige Visumerteilung an Gazale Salame (Önder) vom Generalkonsulat Izmir mit äußerst fadenscheinigen Argumenten abgelehnt wurde (siehe Anhang: Schreiben des Konsulats vom 20.02.2009), bringt den Ball nicht nur nach Hannover zurück, sondern weiter nach Berlin.
Neben einer kurzfristigen Visumerteilung für Gazale Salame im Rahmen eines Besuchsaufenthalts braucht die Familie natürlich eine langristige politische Lösung für eine dauerhafte Legalisierung und Familienzusammenführung in Deutschland.
Die seit vier Jahren erzwungene Trennung der Familie ist ein offenkundiger Verstoß gegen Artikel 6 der Verfassung und Artikel 8 EMRK. Insbesondere die Kinder sind Opfer eines grotesken Streits um abstrakte Rechtsgrundsätze. Die Familie muss sich endlich wiedersehen können. Das niedersächsische Innenministerium verweigert bis heute eine politische Lösung, obwohl das Bundesverwaltungsgericht in seiner mündlichen Urteilsbegründung deutlich gemacht hat, dass dem Ehemann Ahmed Siala ein Aufenthaltsrecht nach 24-jährigem Aufenthalt in Deutschland kaum abgesprochen werden kann. Um die Situation nicht noch weiter zu verschlimmern, muss jetzt ein Besuchsvisum erteilt werden, zumal die Familie und die Unterstützer/innen alle erforderlichen Bedingungen erfüllen und Garantien geben (siehe: www.nds-fluerat.org/projekte/gazale-salame).
Es ist unglaublich empörend, wie sich Berlin und Hannover gegenseitig die Zuständigkeit zuschieben mit dem Ergebnis, dass in der Sache bisher nichts passiert ist. Die Angelegenheit duldet keinen Aufschub mehr!
Ich appelliere an Sie als Außenminister, sich für die Familie Salame/Siala einzusetzen.
Mit freundlichen Grüßen
Hanne Geyer
Antwortschreiben des Auswärtigen Amts
Sehr geehrte Frau Geyer,
vielen Dank für Ihre E-Mail vom 15.03.2009 in der Visumangelegenheit von Frau Gazali Önder / Gazale Salame an Bundesminister Dr. Frank-Walter Steinmeier. Ich wurde gebeten, Ihnen zu antworten.
Unsere Auslandsvertretungen üben bei der Visumerteilung kein freies Ermessen aus, sondern sind an die geltende Rechtslage gebunden. Sie müssen vor der Erteilung eines Besuchsvisums in jedem Einzelfall die Bereitschaft des Antragstellers zur Rückkehr in sein Heimat- bzw. Aufenthaltsland prüfen. An dieser Bereitschaft bestehen im Fall von Frau Önder Zweifel.
Frau ßnder wurde am 10.02.2005 mit der Tochter Shams aus Deutschland abgeschoben abgeschoben. Der Sohn Ghazi wurde im August 2005 in der Türkei geboren. Zwei weitere Kinder und der Lebensgefährte von Frau ßnder, Herr Siala, verblieben in Deutschland. Die Kinder sind ebenfalls vollziehbar ausreisepflichtig. Herr Siala hat auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis geklagt; das Verfahren ist noch nicht abgeschlossen. Vor diesem Hintergrund ergeben sich für das Generalkonsulat Izmir erhebliche Zweifel an der Bereitschaft von Frau Önder zur Rückkehr in die Türkei. Der Antrag auf Erteilung eines Besuchsvisums war deshalb abzulehnen. Diese Entscheidung des Generalkonsulats ist aus Sicht des zuständigen Fachreferates im Auswärtigen Amt rechtlich nicht zu beanstanden.
Selbstverständlich steht Frau Önder gegen die Entscheidung des Generalkonsulats der Rechtsweg (schriftliche Remonstration, Klage) offen.
Sobald das gerichtliche Verfahren von Herrn Siala beendet ist und er über einen Aufenthaltstitel verfügt, kann Frau Önder einen Visumantrag zum Familiennachzug stellen. Eine andere Möglichkeit, Frau Önder eine Einreise nach Deutschland zu ermöglichen, wird derzeit seitens des Auswärtigen Amtes nicht gesehen.
Mit freundlichen Grüßen
Im Auftrag
Christoph Tannenberger
Auswärtiges Amt
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