Zum Tag des Flüchtlings am 29. September 2017
Zum diesjährigen Tag des Flüchtlings, der unter dem Motto „Flüchtlingsrechte sind Menschenrechte“ steht, appelliert der Flüchtlingsrat Niedersachsen an die künftige Bundes- und Landesregierung, menschenrechtliche Standards in der Flüchtlingspolitik zu wahren. Zur Landtagswahl in Niedersachsen hat der Flüchtlingsrat einen Forderungskatalog aufgestellt. Der Flüchtlingsrat fordert, den vor vier Jahren eingeleiteten Paradigmenwechsel in der Flüchtlingspolitik nicht zur Disposition zu stellen und die Teilhabe von Flüchtlingen auf allen Ebenen zu ermöglichen.
Dazu gehört, den bis März 2018 ausgesetzten Familiennachzug für subsidiär schutzberechtigte Menschen aus Kriegsgebieten wieder zu gewährleisten. „Die Aussetzung des Familiennachzugs kostet Menschenleben der im Krieg zurückbleibenden meist Frauen und Kinder, treibt Betroffene in die Boote und beschädigt Integration nachhaltig“, so Kai Weber, Geschäftsführer des Flüchtlingsrats Niedersachsen. Seit die Bundesregierung im März 2016 den Familiennachzug zu Flüchtlingen mit subsidiärem Schutz für zwei Jahre ausgesetzt hat, erhalten immer mehr Flüchtlinge vom zuständigen Bundesamt nur noch diesen herabgesetzten Schutz und nicht die volle Flüchtlingsanerkennung. Das Grundrecht auf Schutz der Familie wird hier bewusst ausgehebelt.
Der Flüchtlingsrat verurteilt darüber hinaus die Kooperation der EU mit der Türkei und Libyen, die zum Ziel hat, Fluchtwege zu versperren und es Flüchtlingen zu verunmöglichen, in den Mitgliedstaaten der EU ein Asylverfahren zu durchlaufen. Die effektive Abschottung Europas durch die Zusammenarbeit mit Drittstaaten, in denen Menschenrechte missachtet werden, und die gleichzeitige Verfolgung und Kriminalisierung von Rettungsorganisationen auf dem Mittelmeer darf von der Bundesregierung nicht länger unterstützt werden (siehe hier).
Der Bund muss außerdem von seiner Haltung abrücken, Abschiebungen nach Afghanistan seien vertretbar. Afghanistan, dessen Sicherheitslage sich immer weiter verschlechtert, darf keinesfalls Ziel von Abschiebungen werden. Der Flüchtlingsrat appelliert an das Land Niedersachsen, weiterhin keine Abschiebungen nach Afghanistan durchzuführen und Afghan:innen konsequent die Teilhabe an Integrationsmaßnahmen zu ermöglichen.
Der Flüchtlingsrat fordert die niedersächsische Landesregierung auf, sich bei der für Ende November terminierten Ministerpräsident:innenkonferenz für die Aufhebung bis dato fortbestehender Hürden bei der Arbeitsmarktintegration von Flüchtlingen stark zu machen. Selbst die Arbeitsverwaltung und Unternehmensorganisationen fordern Aufenthaltserlaubnisse statt Duldungen für Auszubildende und den ungehinderten Zugang zu Arbeitsförderungsmaßnahmen für alle aufenthaltsgestatteten und geduldeten Geflüchteten.
Von der zukünftigen Landesregierung erwarten wir, dass sie an der grundsätzlichen Orientierung festhält, Flüchtlingen zu einem möglichst frühen Zeitpunkt eine gesellschaftliche Teilhabe zu ermöglichen. Mit Sorge nehmen wir zur Kenntnis, dass aus der CDU Forderungen nach Abschreckungs- und Abschiebungsmaßnahmen (Wohnsitzauflagen, Lagerunterbringung, Gutscheine, Abschiebungen) laut werden (siehe u.a. Bild 26.09.2017) „Die entscheidende Frage ist jetzt, ob die zukünftige Landesregierung den Rechtspopulisten durch eine überzeugende, den Grund- und Menschenrechten verpflichtete Politik entschieden entgegen stellt oder den Parolen der Rechten hinterher läuft“, so Kai Weber.
Pressekontakt: Kai Weber, Tel. 0511 – 8487 9972
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