Arbeitsvisum für Westbalkanstaatsangehörige (§26 Abs. 2 BeschV): Botschaften unterlaufen großzügige Anwendung

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Seit dem 1. Januar 2016 gilt für Staatsangehörige aus Serbien, Albanien, Bosnien und Herzegowina, Kosovo, Mazedonien und Montenegro die Regelung nach § 26 Abs. 2 der Beschäftigungsverordnung (BeschV), die die Erteilung eines Arbeitsvisums für Angehörige der Westbalkanstaaten für jede Beschäftigung erlaubt.
Wer in den vergangen 24 Monaten Leistungen bezogen hat, kann ein solches Visum nicht bekommen. Davon gibt es jedoch eine Ausnahme für Personen, die nach dem 01.01.2015 und vor dem 24.10.2015 einen Asylantrag gestellt hatten, sich am 24.10.2015 gestattet, mit Duldung oder ausreisepflichtig aufgehalten haben und zudem „unverzüglich ausreisen“.

Die deutschen Botschaften in Belgrad, Tirana und Pristina legen in ihren Hinweisen zu der Regelung nach § 26 Abs. 2 Beschv fest, dass eine Ausreise nach dem 4. Mai 2016 nicht mehr „unverzüglich“ sei (siehe hier, hier und hier).

Das Niedersächsische Innenministerium hat daraufhin in einem Runderlass (hier) die Ausländerbehörden informiert, dass es sich um eine „widerlegbare Regelvermutung handele“. In „begründeten Einzelfällen“ könnten die Ausländerbehörden daher eine Bescheinigung ausstellen, mit der bestätigt wird, dass es sich um eine „unverzügliche Ausreise“ im Sinne des § 26 Abs. 2 BeschV handele.

Mittlerweile liegen uns Entscheidungen von Botschaften vor, bei denen trotz Vorliegens einer solchen Bescheinigung durch die Ausländerbehörde die Botschaft entschieden hat, dass das Kriterium der „unverzüglichen Ausreise“ nicht mehr erfüllt sei und der Visumsantrag kurzer Hand abgelehnt wurde.

Mit dieser Praxis konterkariert das Auswärtige Amt den politischen Sinn hinter dieser Regelung, die als Zugeständnis für die Zustimmung, die Westbalkanstaaten zu“sicheren Herkunftsstaaten“ zu erklären, eingeführt wurde. Diese Praxis ist weder im Interesse der potenziellen Arbeitgeber:innen bzw. Ausbildungsbetriebe noch im Interesse der Visumsantragsteller:innen, noch ist es volkswirtschaftlich sinnvoll.
Angesichts dieser Praxis müssen auch Ratschläge von Ausländerbehörden, die nach wie vor zur „freiwilligen“ Ausreise und zur Inanspruchnahme der Regelung nach § 26 Abs. 2 BeschV raten, mit Vorsicht betrachtet werden, so lange nicht auf politischer Ebene geklärt ist, dass das Auswärtige Amt eine großzügige Anwendung der Regelung nicht sabotiert.

Weitere Infos zur Regelung hier.

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