Innenminister fordern vom BAMF schnellere Asylentscheidungen – und sorgen durch Rückkehr zu bürokratischen Einzelfallentscheidungen bei syrischen Flüchtlingen für weitere Verfahrensverzögerungen.
Die Innenministerkonferenz (IMK) hat sich über die massive Kritik von Flüchtlings- und Menschenrechtsorganisationen (u.a. Schweizerische Flüchtlingshilfe) hinweggesetzt und trotz des entgegenstehenden Votums des Auswärtigen Amtes der Auffassung des Bundesinnenministers de Maizière angeschlossen, Abschiebungen in „sichere Regionen“ Afghanistans nach einem zehnjährigen Moratorium (ausgenommen von dem faktischen Abschiebestopp waren bislang nur Straftäter) grundsätzlich wieder zu ermöglichen. Hierzu soll es „verbindliche Absprachen mit der afghanischen Regierung, UNHCR und IOM“ geben. Offenkundig haben auch die rot-rot und die rot-grün regierten Länder dieser Beschlussvorlage zugestimmt – eine Protokollnotiz über ein abweichendes Votum findet sich im Beschlussprotokoll zur IMK nicht.
Die Innenminister ließen sich auch nicht davon beirren, dass die bereinigte Schutzquote bei afghanischen Flüchtlingen im 2. Quartal 2015 bei 78 % und im dritten Quartal bei über 86% lag (siehe Bundestags-Drucksache 18/6869). Statt den Forderungen der Flüchtlingsräte nach einer Aufenthaltserlaubnis für die rund 12.000 geduldeten Menschen aus Afghanistan und dem Irak zu entsprechen, setzt die IMK auf Abschiebungen. Flüchtlingsräte und Menschenrechtsorganisationen kündigten dagegen ihren entschiedenen Protest und Widerstand an.
Mit Rückendeckung der Bundesländer hat die IMK zudem die Wiedereinführung von Einzelfallprüfungen der Asylanträge syrischer Flüchtlinge beschlossen. Die zur Begründung ins Feld geführten „Sicherheitsbedenken“ sind absurd – eine Sicherheitsüberprüfung kann außerhalb des Asylverfahrens erfolgen. Auch für die immer wieder zu hörende Behauptung, es gäbe eine erhebliche Zahl „falscher“ Syrer:innen, gibt es keinerlei empirische Belege. Es stellt sich die Frage, wie eine dringend notwendige Beschleunigung der Verfahren und Entlastung des BAMF erfolgen soll, wenn der Behörde immer neue Aufgaben aufgebürdet werden. Statt eine Entbürokratisierung zu betreiben und das Verfahren durch eine Altfallregelung zu entlasten, betreibt die IMK das pure Gegenteil. Das BAMF hat schon heute über 350.000 unbearbeitete Asylanträge, hinzu kommen fast doppelt so viele noch nicht eröffnete Asylverfahren.
Durch den jüngsten Beschluss der IMK wird die Arbeit des BAMF deutlich verlangsamt werden, und die Flüchtlinge werden noch viel länger in überfüllten Notunterkünften leben müssen.
IMK Beschluss zu Top 5: Polizeieinsatz in Afghanistan
- Die IMK stellt fest, dass die Sicherheitslage in Afghanistan in einigen Regionen eine Rückkehr ausreisepflichtiger afghanischer Staatsangehöriger grundsätzlich erlaubt.
- Die IMK kommt zu dem Ergebnis, dass Rückführungen in diese sicheren Regionen
Afghanistans dann möglich sind, wenn nicht im Einzelfall tatsächliche Anhaltspunkte dagegen sprechen.
IMK Beschluss zu Top 24: Bearbeitung von Asylanträgen durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge
- Die IMK nimmt zur Kenntnis, dass aus Gründen der Identitätssicherung und Missbrauchsunterbindung alle Schutzsuchenden künftig einer Einzelfallprüfung mit mündlicher Anhörung vor der Entscheidung über den Asylantrag zu unterziehen sind. Sie erwartet, dass die Verfahrensdauer sich dadurch nicht verlängert.
Vollständige Sammlung der Beschlüsse hier
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