Pressemitteilung, 30.07.2015
Forderungen zur Unterbringung für Asylsuchende in Landeshauptstadt Hannover:
Entbürokratisieren – Auszugsmanagement stärken – Eigenständiges Wohnen fördern
Vor dem Hintergrund der hohen Zahl der in der Landeshauptstadt Hannover unterzubringenden Flüchtlinge fordert der Flüchtlingsrat Niedersachsen eine Entbürokratisierung der Flüchtlingsunterbringung, um die Lage nachhaltig zu entspannen. Die Notunterbringung in Turnhallen und wie jetzt geplant in ehemaligen Baumärkten darf nur eine kurzfristige Übergangslösung sein.
Die Landeshauptstadt sollte allen Flüchtlingen das Recht einräumen, sich selbst eine Wohnung suchen zu dürfen.
Derzeit hält die Landeshauptstadt Hannover völlig unverständlicherweise an einem Zwangsunterbringungskonzept fest, das den Geist des alten Asylbewerberleitungsgesetzes aus den 1990er Jahren atmet. So werden alle Asylsuchenden über vier Jahre verpflichtet, ausschließlich in städtischerseits bereitgestellten Unterkünften zu leben, sofern ihr Asylverfahren bis dahin nicht positiv abgeschlossen werden konnte. Dabei übersieht die Stadtverwaltung, dass die Gesetzeslage bundesweit längst flexibilisiert und liberalisiert wurde. Mit der jüngsten Novelle des Asylbewerberleistungsgesetzes (AsylblG) wurde zum 01.03.15 der Vorrang des sogenannten Sachleistungsprinzips abgeschafft. Nach 15 Monaten sind Asylsuchende deutschen Hilfeempfänger:innen im Prinzip gleichgestellt.
Im Rahmen ihres sog. „Dreisäulenmodells“ (s. Anhang) bietet die Stadtverwaltung zwar einigen Flüchtlingen die Möglichkeit, in städtischerseits angemietete Wohnungen umzuziehen, um nicht jahrelang in Wohnheimen verbleiben zu müssen. Die Stadt Hannover selbst hat aber nicht die Kapazitäten, um genügend Wohnungen anzumieten. So werden Auszüge unmöglich und dringend benötigte Wohnheimplätze dauerhaft belegt.
Berlin macht vor, dass es auch anders geht: Dort wird jeder untergebrachte Asylsuchende angeschrieben mit dem Verweis auf die Auszugsmöglichkeiten aus den Unterkünften und einer Erläuterung zu den Mietobergrenzen, die von den Sozialleistungsträgern maximal anerkannt werden können. Dies fordert der Flüchtlingsrat Niedersachsen auch von der Stadtverwaltung Hannover. Wenn es die Stadt Hannover ernst meint mit der Willkommenskultur, dann muss sie ihren Teil dazu beitragen, dass möglichst frühzeitig ein eigenständiges Leben und Wohnen ermöglicht wird.
Hunderte von Unterstützerinnen und Unterstützer und Ehrenamtlichen in den Stadtteilen verfügen über zahlreiche Kontakte, die zur Vermittlung von Unterkünften genutzt werden könnten. Auch die Flüchtlingssozialarbeiter:innen könnten systematisch in die Organisation eines Auszugsmanagements eingebunden werden. Wenn die Betroffenen auf diese Weise unterstützt werden, kann dieses einen deutlichen Beitrag zur Entspannung der Lage leisten.
Der Flüchtlingsrat Niedersachsen erkennt an, dass die Aufnahme und Unterbringung von Asylsuchenden in der Landeshauptstadt Hannover eine große Herausforderung darstellt. Es ist offenkundig, dass es in der Landeshauptstadt – mit und ohne Flüchtlinge – einen eklatanten Mangel an bezahlbarem Wohnraum gibt. Mittelfristig wird hier nur ein Wohnungsbauprogramm weiterhelfen. Es braucht Konzepte für die Versorgung aller Hannoveraner:innen mit menschenwürdigem Wohnraum. Dessen ungeachtet müssen aber jetzt Maßnahmen ergriffen werden, um das städtische Unterbringungskonzept in der geschilderten Weise zu dynamisieren.
Anlage: Exemplarisches Beispiel aus der Beratungspraxis, das verdeutlicht, wie die derzeitige Verwaltungspraxis die Unterbringungsmisere verschärft.
Wenn man bedenkt, dass nicht mal Studenten in Hannover Wohnungen oder WGs zu annehmbaren Preisen finden, mutet diese Forderung des Flüchtlingsrats doch höchst abenteuerlich an. Wo sollen diese günstige nPrivatwohnungen denn auf einmal herkommen?