MinisterpräsidentInnen und Bundeskanzlerin einigen sich auf 2-Klassen-Asylrecht /
Balkan-Flüchtlinge sollen direkt aus Erstaufnahmeeinrichtungen abgeschoben werden
Beim gestrigen Treffen der MinisterpräsidentInnen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel wurde die Einführung eines 2-Klassen-Asylrechts beschlossen (s. Beschlussdokument). Flüchtlinge „aus Herkunftsländern mit einer relativ hohen Anzahl von Asylsuchenden bei zugleich besonders niedriger Schutzquote“ sollen schneller abgelehnt und abgeschoben werden. In „Clustern“ unter Federführung des Bundes und in enger Zusammenarbeit mit allen Behörden soll „eine maximale Verfahrenseffizienz“ bei optimalem Einsatz der begrenzten Ressourcen erreicht werden. Der Bund hilft dann noch bei den Abschiebungen.
Damit sind zwar die Pläne des Bundesinnenministeriums passé, alle Balkan-Flüchtlinge bundesweit in zwei bis drei Sonderlagern mit 3.000 bis 5.000 Plätzen unterzubringen. Die Programmatik aber ist klar, und sie ist erschütternd: Flüchtlinge vom Balkan, unter ihnen viele Roma, sollen unmittelbar aus der Erstaufnahme abgeschoben werden. Roma sind die am meisten verfolgte Minderheit in ganz Europa. Obwohl ihre Diskriminierung auf dem Balkan ein Niveau erreicht hat, das ihre Anerkennung nach der Genfer Flüchtlingskonvention aufgrund kumulativer Verfolgung erlauben würde, werden sie nun in Schnellverfahren abgefertigt und zur Ausreise gezwungen. Es drohen gar Sonderlager für diese Personengruppen. Bestimmte Rechte und Vergünstigungen sollen ihnen vorenthalten werden. Das hier angelegte Zwei-Klassen-Asylrecht lehnen wir ab.
Die Verbesserungen, die die MinisterpräsidentInnen und Kanzlerin Merkel beschlossen haben, sollen nur für Flüchtlinge „mit guter Bleiberechtsperspektive“ eröffnet werden: Damit wird die Prüfung des Asylantrags quasi vorweggenommen. Integrationskurse und ESF-BAMF-Kurse sollen für diesen Personenkreis geöffnet und die Anerkennung von im Herkunftsland erworbener Bildungsabschlüsse erleichtert werden. Flüchtlinge sollen, wenn die Landesregierung dies möchte, eine Krankenkassenkarte erhalten können. Für die Zeit der Ausbildung sollen Duldungen für Flüchtlinge „mit jeweils guter Bleiberechtsperspektive“ erteilt werden. Leider hat sich Niedersachsen in dieser Frage der Protokollerklärung Baden-Württembergs und Schleswig-Holsteins, die die Einschränkung „mit guter Bleiberechtsperspektive“ ablehnen, nicht angeschlossen. Dabei wäre es u.E. wichtig, auch und gerade Jugendlichen vom Balkan, die hier aufgewachsen und sozialisiert wurden, eine Ausbildung in Deutschland zu ermöglichen. In der Protokollerklärung der beiden Länder heißt es:
„Bund und Länder setzen sich dafür ein, dass junge Asylsuchende und Geduldete in Ausbildung Rechtssicherheit hinsichtlich ihres Aufenthalts für die Dauer ihrer Ausbildung erhalten. Sie begrüßen, dass diese Frage derzeit im parlamentarischen Verfahren zum Gesetzentwurf zur Neubestimmung des Bleiberechts erörtert wird.
Perspektivisch fordert Baden-Württemberg im Einklang mit den Forderungen führender Wirtschafts- und Handwerksverbände einen Aufenthaltstitel für junge Asylsuchende und geduldete Auszubildende für die Dauer der Ausbildung, sowie bei Übernahme in ein Beschäftigungsverhältnis für die ersten 2 Jahre nach Beendigung der Ausbildung. “
Kai Weber
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