Dr. Gisela Penteker: „Der niedersächsische Innenminister vergiftet das Klima“ // Flüchtlingsrat fordert Betretenserlaubnis für Gazale Salame
„Der niedersächsische Innenminister vergiftet durch seine unmenschliche Flüchtlingspolitik das innenpolitische Klima. Er stößt Flüchtlingsfamilien ins Unglück, die jahrzehntelang unter uns leben und längst integriert sind. Trotz vielfacher Appelle der Kirchen und Wohlfahrtsverbände und zuletzt sogar des eigenen Koalitionspartners FDP, endlich einen Abschiebungsstopp für geduldete Flüchtlinge zu verhängen, beharrt er auf einer rigorosen Abschiebungspolitik und schreckt dabei auch nicht davor zurück,… Familien über Jahre auseinanderzureißen“, erklärte Dr. Gisela Penteker vom Vorstand des Flüchtlingsrats zur Begründung.
Das jüngste Beispiel für die gnadenlose Flüchtlingspolitik des Innenministers ist der Fall der Flüchtlingsfamilie Siala/Salame aus Kemme im Landkreis Hildesheim: Gazale Salame wurde im Februar 2005 schwanger und mit einjährigem Baby überraschend in die Türkei abgeschoben, als ihr Mann gerade die sechs- und siebenjährigen Kinder in die Schule brachte. Am 21. Juni 2006 erklärte das Verwaltungsgericht Hannover die Argumente der Behörden für „sehr dünn“ und hob die Abschiebungsentscheidung gegen Ahmed Siala auf. Nachdem die Landrätin daraufhin erklärte, sie wolle die Entscheidung akzeptieren und schnellstmöglich eine Familienzusammenführung ermöglichen, wies das Innenministerium den Landkreis an, Rechtsmittel gegen die verwaltungsgerichtliche Entscheidung einzulegen. Die ßrztin Dr. Penteker, die Gazale Salame in ihrem Elend in Izmir mehrfach besucht hat, ist empört: „Die wiederholten Beteuerungen des Ministers, er sei „nicht eiskalt“ und müsse sich an Gesetze halten, stellen lediglich hohle Phrasen dar. Der Innenminister redet seine knallharte Politik schön.“ Fakt ist:
1. Uwe Schünemann hat selbst in einer seiner ersten Amtshandlungen als Innenminister verfügt, dass der seit 1986 geltende Erlass, wonach Abschiebungen im Regelfall vorher anzukündigen seien, im Jahr 2003 aufgehoben wurde. Die Verwaltungsvorschriften des niedersächsischen Innenministeriums sehen vor, dass dabei auch Familien auseinandergerissen werden dürfen.
2. Das Gesetz zwingt den Herrn Minister nicht, den Landkreis Hildesheim anzuweisen, Rechtsmittel gegen die positive Entscheidung des Verwaltungsgerichts Hannover einzulegen und so das Martyrium der seit 18 Monaten durch Abschiebung getrennten Familie weiter zu verlängern.
3. Die vom Innenministerium für grundsätzlich klärungsbedürftig erachtete Frage lautet: „Darf einem 1979 in Beirut geborenen, Flüchtling, dessen arabischsprachige Familie nachweislich bereits vor 1958 im Libanon registriert war und der 1985 mit seinen Eltern vor dem Bürgerkrieg im Libanon nach Deutschland floh, das 1990 erteilte Aufenthaltsrecht 16 Jahre später mit der Begründung entzogen werden, es gäbe Hinweise auf türkische Vorfahren?“ Ein Innenminister, der solche Fragen zur Grundsatzfrage macht, ohne dabei auf das von ihm verursachte Leid für die Betroffenen Rücksicht zu nehmen, handelt gewissenlos und eiskalt.
4. Mit seinen Vorwürfen gegen Landrätin Ingrid Baule kaschiert der Innenminister nur seine fehlende Bereitschaft, Gazale Salame kurzfristig die Wiedereinreise zu ermöglichen: Formale Hindernisse (Wiedereinreisesperre, Kosten des Rückflugs etc.) ließen sich mit Unterstützung des Innenministeriums innerhalb von zwei Wochen beseitigen. Das Argument des Innenministers, Ahmed Siala habe Sozialhilfe bezogen und könne seine Familie nicht ernähren, ist perfide. Die Behörden haben durch den Entzug der Aufenthaltserlaubnis und Einschränkungen bei der Arbeitserlaubnis den Bezug öffentlicher Mittel erst erzwungen. Herr Siala hat viele Arbeitsangebote und könnte mit einer Arbeitserlaubnis den Lebensunterhalt für sich und seine Familie finanzieren.
5. Anwältin Silke Schäfer hat den Landkreis Hildesheim aufgefordert, Gazale Salame aus humanitären Gründen trotz des laufenden Verfahrens zumindest eine „Betretenserlaubnis“ zu erteilen. Dies würde bedeuten, dass Gazale Salame für eine bestimmte Frist die Bundesrepublik� betreten darf, ohne darüber ein Aufenthaltsrecht zu erhalten. Im Interesse der unter starken Depressionen leidenden Mutter und der übrigen Familienmitglieder, insbesondere der beiden hier lebenden Töchter, die durch die Abschiebung ihrer Mutter traumatisiert wurden und sie heftig vermissen, fordern wir das niedersächsische Innenministerium auf, ein Wiedersehen der Eltern mit ihren Kindern endlich zu ermöglichen.
gez. Kai Weber
Geschäftsführer
Unglaublich, dass die von „Familienfreundlichkeit“ so trifenden Politiker und Vewaltungsleute eine Familie derart ins Unglück reißen.Insbesondere „Christ“demokrat Schünemann zeigt sich als Fortsetzeer einer extrem schlechten obrigkeitsstaatlichen Tradition. Statt über mangelnde Integration und zu wenige Menschen in Deutschland zu jammern sollten integrierte Familien selbstverständlich – was auch ihren Menschenrechten entspricht – in unserem Land bleiben dürfen.