„Tag des Flüchtlings“ 2012: Lösung für Gazale Salame ist überfällig!

Dramatische Appelle an David McAllister für  Familie Gazale Salame/ Ahmed Siala
Lösungsvorschläge von Innenminister Uwe Schünemann sind scheinheilig und unpraktikabel

Anlässlich des heutigen Tags des Flüchtlings fordert Heiko Kauffmann, Vorstandsmitglied von PRO ASYL, den niedersächsischen Ministerpräsidenten David McAllsiter erneut in einem eindringlichen Appell auf,  „ein Zeichen der Menschlichkeit zu setzen und die vorhandenen rechtlichen Instrumente zu nutzen, um eine den Geboten unserer Verfassung und internationalen Standards entsprechende Lösung“ für die Zusammenführung der Familie zu nutzen. Kauffmanns Brief an David McAllister endet mit dem Satz “ Für Amina, Nura, Shams und Ghazi ist jeder Tag kostbar, den sie endlich in ihrer Familie (er)leben können“
Nach Ansicht des Flüchtlingsrats Niedersachsen sind die Lösungsvorschläge des Innenministers scheinheilig und unpraktikabel. Schünemann täuscht eine Bereitschaft zur Familienzusammenführung nur vor – und weigert sich gleichzeitig, die Dinge zu tun, die für eine Lösung erforderlich sind. Er macht den Familiennachzug von der Heirat von Ahmed Siala und Gazale Salame abhängig – und stellt dennoch die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis an Ahmed Siala als Voraussetzung für einen Familiennachzug erst frühestens für das Jahr 2016 in Aussicht. Offenkundig will der Innenminister eine Entscheidung über die Rückkehr von Gazale und den gemeinsamen Kindern auf die lange Bank schieben.
Diese unglaublichen Verrenkungen und Vertröstungen wären nicht nötig. Der niedersächsische Innenminister könnte sofort die Möglichkeit einer Rückkehr schaffen, indem er eine Aufnahmezusage nach § 22 AufenthG abgibt. Für eine solche Aufnahmezusage des Landes bedürfte es auch keiner vorherigen Heirat. Diese – im Fall der Familie Nguyen aus Hoya praktizierte – schnelle Lösung verweigert der Innenminister jedoch bis heute mit fadenscheiniger Begründung.

Dieses Verhalten veranlasst auch Heiko Kauffmann zu einer scharfen Reaktion. In dem Brief an den Ministerpräsidenten McAllister schreibt er: „Nicht nur lassen die Äußerungen von Herrn Schünemann weiterhin jegliches Gespür und jede Empathie für die Belange und das Leid dieser Flüchtlingskinder missen; angesichts solcher Aussagen müssen berechtigte Zweifel am Willen und Wissen der zuständigen Stellen über ihren Auftrag und ihre Aufgaben im Sinne und im Interesse des humanitären, rechtsstaatlichen und völkerrechtsfreundlichen Charakters der Bundesrepublik Deutschland entstehen.“

Auch Kailash Satyarti, Vorsitzender der Organisation „Global March against Child Labour“, äußert harte Kritik. In einem Brief vom 20. September schreibt er: „Es ist mehr als offenkundig, dass das Wohl der Kinder von Ahmed und Gazale für die Bürokraten in Deutschland, die in diesen Fall invol-viert sind, von keinerlei Interesse zu sein scheint.“ Prof. Dr. Schwarz-Schilling, Minister a.D. und ehemaliger “Hoher Repräsentant und Sonderbeauftragter der Europäischen Union für Bosnien-Herzegowina”, sekundiert: „Ich habe in meinen bisherigen Bemühungen, solchen Familien zu helfen, oft gelernt, dass es nur um Rechtskonstruktionen geht, die den Fall im Kern nicht treffen, obwohl aber eigentlich menschenrechtspolitische Weisungen benötigt werden. Ich frage daher … nach dem Kindeswohl und wo dies hier berücksichtigt wurde.“ Mehr als Hundert Prominente haben sich inzwischen in individuellen Appellen an die Landesregierung gewandt und eine echte Lösung gefordert, siehe hier.

Mittlerweile haben auch etliche Mitglieder der Regierungsfraktionen sich für eine humanitäre Lösung der Tragödie eingesetzt. Der Vorsitzende des Petitionsausschusses im Landtag, Klaus Krumfuß (CDU), erklärte gegenüber dem NDR-Politmagazin Panorama 3: „Ich bin für eine Zusammenführung der Familie und würde mich freuen, wenn wir das in Deutschland hinbekommen.“ Wohl deshalb sieht sich Uwe Schünemann jetzt genötigt, Gesprächsbereitschaft zu suggerieren, ohne in der Sache irgendwelche Zugeständnisse zu machen.

Richter Mahrenholz wertet dieses Handeln als verfassungswidrig, Journalist Klein (Süddeutsche) als stur, der frühere Bundesinnenminister Seiters (CDU) als unmenschlich. Redakteur Stephan Buchen kommentiert diese Politik in seiner Kritik Minister gegen Mädchen als „auf beinah unbeschreibliche Weise provinziell“. Er schreibt: „Amina und Nura werden von Staats wegen eines wichtigen Teils ihrer Kindheit beraubt. Sie wachsen seit siebeneinhalb Jahren ohne ihre abgeschobene Mutter auf. Verlorene Lebenszeit kann man nicht nachholen. Das ist nicht das Ergebnis, das demokratische Verfassungen unter dem Begriff der „pursuit of happiness“, des Rechts auf Streben nach Glück, für ihre Bürger vorgesehen haben. Innenminister Schünemann wiegelt das ab im Namen der Provinzialität. Den Vorwurf des Verfassungsverstoßes, der Sturheit und der Unmenschlichkeit nimmt er billigend, und vielleicht berechnend, in Kauf. Wie lange noch?“

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