Flüchtlingsrat Niedersachsen fordert Ausweitung des Programms insbesondere auch auf syrische Flüchtlinge
Heute um 14 Uhr werden 195 Flüchtlinge aus dem Flüchtlingslager Choucha in Tunesien in Hannover landen und hier eine dauerhafte Aufnahme finden. Sie kommen aus folgenden Herkunftsländern: Sudan, Somalia, Eritrea, Irak, Äthiopien, Pakistan, Nigeria, DR Kongo. Sechs Flüchtlinge (darunter eine junge Mutter mit neugeborenem Kind) werden aus gesundheitlichen Gründen erst später eintreffen. Alle Flüchtlinge wurden zuvor von UNHCR als politisch Verfolgte klassifiziert und in einem komplizierten Auswahlsystem von der Bundesregierung für die Aufnahme ausgewählt. Ein einfühlsamer Bericht über den Hintergrund mancher Flüchtlinge findet sich in der heutigen Ausgabe der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung. Die geplante Aufnahme von zusätzlich 100 irakischen Flüchtlingen aus der Türkei wird sich noch bis Oktober verzögern. Ein konkreter Termin steht noch nicht fest.
Die meisten Flüchtlinge werden zunächst in Friedland Aufnahme finden. Die für Hessen und Hamburg vorgesehenen Flüchtlinge werden jedoch direkt vom Flughafen nach Hessen bzw. Hamburg gebracht. Die beiden Länder wollen die Erstaufnahme selbst organisieren. Darüber hinaus werden (mindestens) folgende Länder Flüchtlinge aus Choucha aufnehmen: Niedersachsen, NRW, Bayern, Schleswig-Holstein, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt, Thüringen und wohl auch Baden-Württemberg, wo die Flüchtlinge nach Durchlaufen der Erstaufnahme in Friedland zunächst zentral in Karlsruhe aufgenommen werden sollen.
Manche Bundesländer beteiligen sich noch nicht, werden dann aber im Rahmen der späteren Aufnahme weiterer Resettlement-Flüchtlinge aus der Türkei stärker berücksichtigt. Alle beteiligten Bundesländer haben, so heißt es, bereits Kontakt mit den aufnehmenden Kommunen organisiert, so dass eine vernünftige Aufnahme überall gewährleistet sein soll. In Niedersachsen landen 28 Flüchtlinge in fünf Kommunen: Stadt Hannover, Aurich, Goslar, Braunschweig und Göttingen. Für eine Familie steht der Ort noch nicht fest.
Der Flüchtlingsrat begrüßt, dass die Behörden – anders als im Rahmen der Aufnahme irakischer Flüchtlinge vor zwei Jahren – dieses Mal die Aufnahme der Flüchtlinge offenkundig besser vorbereitet haben und insbesondere darauf achten wollen, dass die aufnehmenden Kommunen rechtzeitig informiert werden. Zu wünschen wäre, dass eine ausdrückliche Einbeziehung auch von Flüchtlingsinitiativen und save-me-Gruppen erfolgt. Darüber hinaus fordert der Flüchtlingsrat die Aufnahme weiterer Kontingente: Die Aufnahme von 300 Resettlement-Flüchtlingen kann angesichts der bestehenden Flüchtlingsnot nur ein erster symbolischer Schritt sein.
Derzeit leben in Choucha rund 2 200 anerkannte Flüchtlinge, 146 Asylsuchende und 280 abgewiesene Schutzsuchende. 1 320 Flüchtlingen wurde zwar ein Aufnahmeplatz (Resettlement) in einem sicheren Drittstaat zugesagt, sie befinden sich jedoch nach wie vor im Lager. Es werden dringend weitere 900 Resettlement-Plätze für die übrigen anerkannten Flüchtlinge benötigt, die in Choucha unter katastrophalen Bedingungen leben. Unter anderem ist der Zugang zu Trinkwasser sehr eingeschränkt, die medizinische Versorgung ist mangelhaft und die sanitären Anlagen in sehr schlechtem Zustand.
Angesichts der sich immer weiter verschärfenden Situation an der syrisch- türkischen Grenze und der perspektivlosen Situation vieler bereits seit langem in der Türkei verzweifelt auf Resettlement wartenden Flüchtlinge fordern die Flüchtlingsräte und PRO ASYL eine Aufnahme auch von Flüchtlingen aus Syrien. In der Türkei sitzen mehr als 70.000 Flüchtlinge aus Syrien fest und finden nirgendwo Aufnahme. Die Türkei selbst hat kein Schutzsystem für Flüchtlinge. Aus Syrien sind bereits 229 000 Menschen in andere Staaten geflohen.
Zum Ablauf in Friedland:
Ab Donnerstag den 6.9. soll es bis zum 12.09. einen sog. „Wegweiserkurs“ für alle Neuankömmlinge geben (siehe hier). Am 12.09. plant das BAMF eine Abschlussveranstaltung in Friedland, die dem Ziel dient, die Flüchtlinge über ihren neuen Aufenthaltsort zu informieren und dabei auch die Migrationserstberatung (und ggfs. weitere Beratungsangebote) einzubeziehen bzw. auf sie hinzuweisen.
Am 13./14.09., spätestens jedoch am 17.09. sollen die Flüchtlinge dann in Absprache mit den aufnehmenden Kommunen verteilt werden. Man habe dabei, so heißt es, weitgehend die Wünsche der Betroffenen berücksichtigt. Es soll vermieden werden, dass es wie bei der letzten Aufnahmeaktion von IrakerInnen dazu kommt, dass Kommunen auf die Aufnahme der Flüchtlinge nicht vorbereitet sind.
gez. Kai Weber
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