Höhere Leistungen für Asylsuchende – Jetzt Widerspruch einlegen!

Georg Classen vom Flüchtlingsrat Berlin hat das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 18.07.2012, worin das Gericht feststellt, dass die Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) zu niedrig sind, kommentiert und dargelegt, welche Konsequenzen leistungsrechtlich aus dem Urteil folgen. Wichtig u.a., dass für eine Neufestlegung der Leistungen unter dem Niveau der Leistungen für Inländer kaum Spielraum besteht. Maßstab für die neu festzulegenden Leistungssätze für Asylsuchende sind die Regelbedarfe nach SGB II bzw. SGB XII.
Eine weitere wichtige Konsequenz aus dem Urteil ist die Tatsache, dass ein Mindestbetrag an Bargeld gewährt werden muss, um den persönlichen Bedarf zu decken. Dieser Betrag liegt für den/die „Haushaltsvorstehende“ bei 133,- Euro sowie bei 120,- Euro für weitere Erwachsene und bei 77,- Euro bis 85,- Euro für Kinder und Jugendliche.
Georg Classen hat die Berechnung der Leistungen sehr detailliert in seinem Kommentar zum Urteil und in der unten erwähnten Tabelle dargelegt.
Zu der Frage, ob die Leistungen in Form von Sachleistungen oder Gutscheinen ausgezahlt werden dürfen, äußert sich das Gericht nicht abschließend. Nach Ansicht des BundesVerfG können auch Sachleistungen oder Gutscheine ausgezahlt werden, wenn dadurch das grundgesetzlich garantierte Existenzminimum gewährleistet wird. Ob das über Sachleistungen tatsächlich möglich ist, ist zweifelhaft, wird aber durch das Gericht nicht beantwortet.
Das Gericht hat sich auch nicht dazu geäußert, ob Leistungskürzungen nach §1a AsylbLG verfassungskonform sind. Es ist jedoch stark anzuzweifeln, dass diese Kürzungen mit dem Urteil des BundesVerfG in Einklang zu bringen sind. Es ist also durchaus möglich, dass Sozialgerichte zukünftig feststellen werden, dass Leistungen nach §1a AsylbLG dem Urteil des BundesVerfG entgegen stehen.

Je nachdem, ob und wann die Betroffenen Rechtsmittel eingelegt haben, können rückwirkende Zahlungen also für unterschiedliche Zeiträume erwirkt werden:

  • rückwirkend seit dem 1. Januar 2011 (wenn schon damals gegen die Bescheide Widerspruch eingelegt wurde und der Bescheid nicht bestandskräftig ist),
  • rückwirkend seit dem 1. Juli 2011 (wenn die 12-Monatsfrist gilt, also keine Rechtsmittelbelehrung mit Bescheid gegeben wurde) oder
  • rückwirkend seit dem 1. Juli 2012 (wenn erst dem Bescheid für Juli 2012 widersprochen wurde)

 

Kommentar von Georg Classen zum Urteil des BundesVerfG hier: Kommentar Urteil BundesVerfG

Tabelle Leistungen (nach Georg Classen) hier: Tabelle_AsylbLG_BVerfG_2012

Weitere Kommentare zum Urteil des Bundesverfassungsgerichts:
Marei Pelzer, Pro Asyl: Kommentar Pro Asyl
Claudius Voigt, GGUA: Kommentar GGUA

Es sollten nun unbedingt zeitnah Widersprüche eingelegt werden, für diejenigen, die Leistungen nach § 3 oder § 1a AsylbLG erhalten.

Vorlage für Widerspruch (vom Flüchtlingsrat Berlin) hier: Vorlage Widerspruch

gez.
Sigmar Walbrecht

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1 Gedanke zu „Höhere Leistungen für Asylsuchende – Jetzt Widerspruch einlegen!“

  1. Georg Classen hat seine Kommentierung inzwischen mehrfach aktualisiert, auch redaktionell. Ich rege deshalb an, dass Sie Ihre Verlinkung so einrichten, dass diese zum (jeweils) aktuellen Stand des Kommentars hinführt.

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