Heute, am 19. Juni, haben Flüchtlinge der Niedersächsischen Flüchtlingsinitiative zu einer Pressekonferenz nach Hannover eingeladen. Aus Anlass des morgigen internationalen Tag des Flüchtlings haben fünf Menschen, die in Niedersachsen als Flüchtlinge leben und dementsprechend einer Sondergesetzgebung unterliegen, auf ihre prekäre Lebenssituation hingewiesen. Vier Aspekte wurden dabei immer wieder als besonders ausgrenzend und repressiv benannt:
- die sog. Residenzpflicht, die es Flüchtlingen verbietet, ohne Erlaubnis das Bundesland oder sogar auch nur die Kommune zu verlassen,
- die Ausgaben von Gutscheinen statt Bargeld,
- die Unterkunftssituation, die durch beengte Räume und abgelegene Lage gekennzeichnet ist sowie
- bestehende Beschäftigungsverbote oder eingeschränkte Beschäftigungserlaubnisse
Diese Aspekte, die v.a. durch für Flüchtlinge geltende Sondergesetze wie das Asylbewerberleistungsgesetz, das Asylverfahrensgesetz oder das Aufenthaltsgesetz verursacht werden, führen zu einem reglementierten und fremdbestimmten Leben ohne Zukunftsperspektiven. M., Flüchtling aus Ruanda, sagte: „Das Leben im Asylheim macht die Leute krank. Es ist wie ein offenes Gefängnis“. Baher Hussein, der aus dem Libanon geflohen war und schon bald nach seiner Ankunft in Deutschland einige Zeit im Lager Bramsche-Hesepe verbrachte, ergänzte, dass viele Deutsche wegen der Isolation der Flüchtlinge, nichts über die Asylsuchenden wissen und deshalb Vorbehalte gegen sie haben.
Jerry Bagaza, Asylsuchender aus Burundi, erläuterte die Einschränkungen und v.a. die Demütigung, die ein Leben mit Gutscheinen mit sich bringt. Er verurteilte zudem die Untätigkeit, zu der er durch ein Arbeitsverbot verdammt ist. „Ich will etwas machen mit meinem Leben“, sagte er und wies gleichzeitig darauf hin, dass er seinen Lebensunterhalt selbst verdienen können und keine Leistungen vom Staat in Anspruch nehmen müsste.
Nurjana Ismailova, die als zehnjähriges Mädchen mit ihrer Familie aus Dagestan (Russische Föderation) nach Deutschland geflohen war, machte deutlich, wie ihr, die einen guten Realschulabschluss erworben hat, alle Zukunftschancen verbaut werden, da sie wegen eines Arbeitsverbotes keine betriebliche Ausbildung beginnen kann. „Deutschland ist mein Zuhause. Ich habe keinen Bezug zu Dagestan“, betonte die 21-jährige, die mehr als die Hälfte ihres Lebens hier verbracht hat.
Maissara Saeed, der als politischer Flüchtling aus dem Sudan auf seine Asylentscheidung wartet, kritisierte, dass Flüchtlingen mit ihrer Ankunft wegen ihrer Sonderstellung in Deutschland die Rechte verlieren würden und sie auch nur sehr beschränkte Möglichkeiten hätten, sich zu organisieren.
Die Niedersächsische Flüchtlingsinitiative wies während der Pressekonferenz darauf hin, dass sie den Organisierungsprozess weiter vorantreiben will. Am kommenden Sonnabend, 23. Juni, 12.30 Uhr startet deshalb vor dem Hauptbahnhof Hannover eine Demonstration für die Rechte der Flüchtlinge. Unter dem Motto „Break Isolation! Refugee’s Rights, Right Here, Right Now“ wollen Flüchtlinge aus ganz Niedersachsen insbesondere von der Landesregierung Verbesserungen ihrer Situation einfordern.
Beitrag Nurjana Ismailova
Beitrag Jerry Bagaza
Einladung Pressekonferenz 23-06-2012
Aufruf zur Demonstration hier
gez.
Sigmar Walbrecht
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