Das niedersächsische Innenministerium verteidigte sich gegen den Vorwurf, die Kinderrechtskonvention bei Abschiebungen nicht zu beachten, mit zwei Hinweisen: Auf die besondere Schutzbedürfigkeit von Kindern und Jugendlichen werde Rücksicht genommen. Im Übrigen handele es sich bei der UN-Kinderrechtskonvention aber um eine völkerrechtliche Vereinbarung, die keine unmittelbare Rechtswirkung entfalte (siehe HAZ vom 24. Mai 2012). Hier wäre zunächst einmal zu fragen, wo denn die Erwägung des Kindeswohls, die nach Aussage der Regierungssprecherin angeblich stattgefunden haben soll, protokolliert ist. In der Akte findet sich dazu kein Hinweis. Darüber hinaus ist zurückzuweisen, dass die UN-Kinderrechtskonvention zu einer unverbindlichen Deklaration herabgestuft wird, die ohne Rechtsfolgen bleibt. Dazu Professor Krappmann:
„Das Kindeswohlprinzip ist ein Menschenrecht, das zu seiner Anwendung keine gesetzliche Konkretisierung im Rechtssystem eines Landes benötigt, so Prof. Alexander Lortz, Europa- und Völkerrechtler an der Universität Düsseldorf, der dazu eine Gutachten für die National Coalition zur Umsetzung der Kinderrechte in Deutschland geschrieben hat. Dieses Gutachten habe ich auch an den UN-Ausschuss für die Rechte des Kindes, Genf, weitergereicht. Meine juristischen Kollegen im Ausschuss stimmten seiner Rechtsauffassung zu.
Es gibt Artikel der Konvention, bei denen tatächlich eine Umsetzung in das Rechtssystem eines Landes erforderlich ist, zum Beispiel die Registrierung von Geburten oder Regelungen für Pflegefamilien. Durch Gesetz oder Verordnung muss festgelegt werden, welche Einrichtungen geschaffen werden müssen und wie sie arbeiten, um Kinder einzutragen oder Pflegefamilien zu unterstützen und zu kontrollieren. Falls diese Gesetze noch fehlen, erlischt nicht die Verpflichtung, die Konvention einzuhalten. Diese Verpflichtung wird bereits verletzt, wenn diese Übernahme in das Rechtssystem des Landes nicht zügig erfolgt, denn das ist Bestandteil des Vertrags. In Artikel 4 der Konvention haben die Staaten zugesagt, „alle geeigneten Gesetzgebungs-, Verwaltungs- und sonstigen Maßnahmen zur Verwirklichung der in diesem Übereinkommen anerkannten Rechte“ zu treffen.
Aber noch einmal: Beim Rechtsprinzip, immer das Kindeswohl mit Vorrang in den Entscheidungsprozess einzubeziehen, bedarf es nicht erst der Gesetze. Der UN-Ausschuss dringt dennoch darauf, das Prinzip in alle Gesetze aufzunehmen, die Kinder berühren, damit die törichten Ausreden enden. Diese Gesetze oder Verordnungen müssen auch dafür sorgen, dass diese Erwägung juristisch überprüft werden kann.“
siehe auch:
> NDR-Bericht > taz-Artikel > BILD Hannover > Hildesheimer Allgemeine Zeitung
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