Innenministerium korrigiert Landkreis Göttingen

Fachaufsichtsbeschwerde des Flüchtlingsrats gegen den Landkreis Göttingen erfolgreich

Die bisherige Praxis des Landkreises Göttingen, Flüchtlingen eine ärztliche Behandlung nur bei akuter Lebensgefahr bzw. einer schweren und ansteckenden Erkrankung zu erlauben, ist rechtswidrig: Dies hat eine Überprüfung des niedersächsischen Innenministeriums ergeben. Mit Schreiben vom 12.04.2012 hat das niedersächsische Innenministerium dem Flüchtlingsrat Niedersachsen mitgeteilt, dass auf Beschwerde des Flüchtlingsrats die Praxis des Landkreises Göttingen korrigiert worden ist.

Der Flüchtlingsrat hatte sich u.a. mit folgender Begründung über den Landkreis Göttingen beschwert:

„… Der Landkreis Göttingen hat mit Schreiben vom 02.01.2012 nochmals behauptet, es sei zulässig und erforderlich, eine Krankenbehandlung nach § 4 AsylbLG auf Fälle zu beschränken, bei denen „die Krankenbehandlung zur Behebung eines akut lebensbedrohlichen Zustandes oder einer unaufschiebbaren und unabweisbar gebotenen Behandlung einer schweren und ansteckenden Erkrankung zwingend geboten“ sei.

Der … anspruchseinschränkende Satz ist wörtlich § 23 III SGB XII entnommen. Er schränkt den Behandlungsanspruch nach SGB XII Anspruchsberechtigter für den speziellen Fall einer sozialrechtlich missbräuchlichen Einreise allein zum Zwecke der Krankenbehandlung auf den dort genannten Umfang ein. Der Gesetzgeber hat in § 4 Abs 1 AsylbLG jedoch eine völlig andere Formulierung gewählt, die den Behandlungsanspruch zwar ebenfalls einschränkt, jedoch wesentlich weiter als § 23 III SGB XII fasst.

Der Landkreis Göttingen darf den gesetzlichen Anspruch auf Krankenbehandlung nach §§ 4 und 6 AsylbLG nicht zum Nachteil der Gesundheit von Flüchtlingen rechtswidrig zusätzlich einschränken. Bei der in dem Schreiben des Landkreises vorgetragene Rechtsauffassung handelt es sich um Rechtsbeugung zum Nachteil der Gesundheit von Flüchtlingen, da diese Auffassung rechtlich unter keinem Aspekt vertretbar ist.“

Dazu teilt das Innenministerium mit:

„… Die o.a. Formulierung gibt den Gesetzestext und damit den Leistungsumfang nicht zutreffend wieder. Der Landkreis Göttingen hat mir schriftlich bestätigt, dass Grundleistungsempfänger den gesetzlich normierten Leistungsanspruch nach § 4 AsylbLG haben. Weiter hat das Amt für Soziales des Landkreises Göttingen den Aufdruck seiner Krankenscheine bezüglich der Information über die Leistungsgewährung zum 2. Quartal 2012 abgeändert. Der nunmehr verwendete Text entspricht dem Gesetzestext und ist nicht zu beanstanden.“

gez. Kai Weber

 

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1 Gedanke zu „Innenministerium korrigiert Landkreis Göttingen“

  1. Ich bin als Mitarbeiter des Vereins f. Sozialpsychiatrie in Saarlouis Vertreter im Flüchtlingsrat Saar.
    Ich finde den hier beschriebenen Vorgang des Landkreises Göttingen skandalös und unhaltbar. Die Stellungnahme des Innenministeriums ist zu begrüßen, jedoch alleine nicht ausreichend, um die bestehende Situation von Migranten in der
    Krankenversorgung zu verbessern.
    Auch der Verein f. Sozialpsychiatrie e.V. Saarlouis erklärt sich mit der Forderung des Flüchtlingsrates Niedersachsen solidarisch,
    eine Gleichstellung von Migranten und der Normalbevölkerung in der Krankenversorgung sicherzustellen und 1 Abschaffung des Asylbewerberleistungsgesetzs zu fordern!

    Jürgen Kiefer

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