Heiko Kauffmann (PRO ASYL) beklagt Verstoß gegen UN – Kinderrechtskonvention
Gazale Salame appelliert an Ministerpräsident David McAllister
Aus Anlass des diesjährigen „Tags der Menschenrechte“ appelliert Heiko Kauffmann, Vorstandsmitglied der Flüchtlingsorganisation PRO ASYL und seit über 40 Jahren als führender Vertreter von Menschenrechtsorganisationen aktiv, in einem Offenen Brief an den niedersächsischen Ministerpräsidenten David Mc Allister, der Familie Siala/Salame endlich ein Zusammenleben in Deutschland zu ermöglichen:
„In all diesen Jahren habe ich noch kein Familienschicksal wie das hier vorliegende erlebt, in dem ein Teil der Familie – unter Hintanstellung humanitärer und menschenrechtlicher Erwägungen – abgeschoben wurde und die Familie inzwischen im 7. Jahr auseinandergerissen und voneinander getrennt leben muss, ohne dass sich deutsche Behörden und zuständige Landes- und Regierungsstellen in der Lage sehen, dieser Zermürbung und Zerstörung einer Familie und der fortgesetzten Missachtung des Kindeswohls Einhalt zu gebieten bzw. im Hinblick auf kinder- und menschenrechtliche Standards einer humanitären Lösung zuzuführen.“
Am 10.Februar 2005 hatte der Landkreis Hildesheim die in Deutschland integrierte Familie durch die Abschiebung der schwangeren Mutter Gazale Salame und ihres Kleinkinds in die Türkei auseinander gerissen. Zurück blieb Vater Ahmed Siala mit den beiden älteren Töchtern. Die Eltern sind Bürgerkriegsflüchtlinge aus dem Libanon. Sie flohen als kleine Kinder aus Beirut zu uns und haben in der Türkei keine Wurzeln. Gazale lebte 17 Jahre in Deutschland, Ahmed ist seit 26 Jahren hier. Drei der vier Kinder sind in Hildesheim geboren. Seit fast sieben Jahren kämpft die Familie um ein gemeinsames Aufenthaltsrecht.
Kauffmann beklagt in seinem Brief den Verstoß gegen die Verfassung (Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, Schutz der Familie) sowie gegen die Europäische Menschenrechtskonvention und die UN – Kinderrechtskonvention: „Die Zukunfts- und Lebensperspektive der Familie und insbesondere der Kinder wurde durch die Abschiebung der schwangeren Mutter mit der zu diesem Zeitpunkt eineinhalbjährigen Shams und durch die fortgesetzte, von den Behörden des Landes in Kauf genommene Trennung von Eltern und Geschwistern abrupt zerstört – mit dem Risiko gravierend-nachteiliger Folgen für alle Betroffenen – insbesondere für die Kinder: Zufügung schwerer Traumata, anhaltende Gefährdung und irreversible psychische Verletzungen.“ Eindringlich bittet Kauffmann den Ministerpräsidenten, „sich mit allem Nachdruck und aller Energie dafür einzusetzen, die umgehende Rückkehr von Gazale Salame mit ihren Kindern Shams und Ghazi zu ermöglichen und damit die fast siebenjährige Trennung der Familie zu beenden und ihr ein dauerhaftes Bleiberecht zu gewähren“.
Auch Gazale Salame hat sich in einem Brief an den Ministerpräsidenten gewandt. „Ich bin tief verletzt und leide seit der Trennung von meinen Kindern an Depressionen“, schreibt sie. . … Gazi und Schams haben Sehnsucht nach einer Vaterliebe, die sie nicht kennen…. Meine Tochter, die jetzt in die dritte Klasse geht, kann nicht verstehen, warum alle Kinder einen Vater haben und sie nicht. Darum ist sie immer stumm…“ Der Brief endet mit den Worten: „Bitte, ich bin mit meiner Kraft am Ende. Ich habe unendliche Sehnsucht nach meinen Kindern. Ich will nicht sterben, bevor Sie, Herr McAllister, mir die Rückkehr nach Deutschland erlauben, damit ich noch einmal meine Kinder riechen und umarmen kann. Retten Sie meine Familie. Wir gehören zu Deutschland. Die Türkei ist unser Tod.“
Der Appell an den Ministerpräsidenten, der „Missachtung des Kindeswohls“ ein Ende zu setzen und die Familienzusammenführung zu ermöglichen, wird u.a. unterstützt von Prof. Dr. Klaus J. Bade (Migrationsforscher, Berlin), Herta Däubler-Gmelin (Bundesjustizministerin a.D., langjährige Vorsitzende des Menschenrechtsausschusses des Dt.Bundestages), Heidi Merk (Landesjustizministerin a.D.), Dr. Margarte Jäger und Dr. Jobst Paul (Duisburger Institut für Sprach- und Sozialforschung), Prof. Dr. Lothar Krappmann (Schirmherr der Kampagne „Jetzt erst Recht(e) für Flüchtlingskinder“), Pastorin Fanny Dethloff (Flüchtlings- und Menschenrechtsbeauftragte der Nordelbischen Kirche), Jutta Rübke (MdL SPD), Apl. Prof. Dr. Franz Januschek (Universität Flensburg) und weiteren VertreterInnen aus Politik und Gesellschaft.
weitere Informationen:
Heiko Kauffmann, Vorstand PRO ASYL, Tel. 0172 / 244 82 41
Dr. Gisela Penteker, Vorstand Flüchtlingsrat Niedersachsen, Tel. 0171-7701613
zum Hintergrund: Der Fall Gazale Salame
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