Flüchtlingsrat Niedersachsen übt scharfe Kritik an der Sammelabschiebung in den Irak

Am Montag, den 17. Februar 2025 um 9:20 Uhr sind knapp 50 irakische Staatsangehörige vom Flughafen Hannover aus abgeschoben worden. In den Tagen zuvor waren in mehreren Bundesländern zahlreiche Iraker in Abschiebehaft und Ausreisegewahrsam genommen worden. Im Projekt Beratung in Abschiebehaft war der Flüchtlingsrat Niedersachsen im Kontakt mit sechs betroffenen Gefangenen und deren Angehörigen, darunter ein êzîdischer Mann aus dem Shingal. Die Organisation kritisiert die Abschiebung in aller Schärfe und prangert diese als Ausdruck einer verrohten Asyldebatte an.

Begleitet von Protest von Angehörigen und Unterstützer*innen des Netzwerks gegen Abschiebungen Hannover wurde am Montagmorgen die Sammelabschiebung von knapp 50 irakischen Staatsangehörigen mit einem Flugzeug der türkischen Airline Freebird Airlines vollzogen. Mit an Bord war wie berichtet auch der 30-jährige Êzîde Badi Luki S.. Ebenfalls abgeschoben wurde auch ein Mann aus der Region Hannover, der nach Überzeugung des Flüchtlingsrates Anspruch auf eine Beschäftigungsduldung gehabt hätte. Alle Betroffenen waren mehrere Jahre lang in Deutschland geduldet und wurden von der Abschiebung völlig überrumpelt. Die Festnahmen erfolgten u.a. in der eigenen Wohnung oder bei angeblichen Routineterminen bei der Ausländerbehörde. Ein Gefangener berichtete in der Beratung in Abschiebehaft, dass sein Auto noch immer vor der Ausländerbehörde stehe.

Simon Wittekindt, Projekt Beratung in Abschiebungshaft beim Flüchtlingsrat Niedersachsen e.V.:

Was wir die letzten Tage in der Beratung von irakischen Abschiebegefangenen erlebt haben, lässt uns fassungslos und wütend zurück. Wir sind Menschen begegnet, die sich in Deutschland über Jahre alle Mühe gegeben und um eine Chance gekämpft haben. Die Abschiebung reißt sie aus dem sozialen und auch familiären Umfeld, das sie sich in Niedersachsen aufgebaut haben. Viele der Ratsuchenden haben im Irak nicht nur keinerlei Familie oder anderweitige Bindungen, sondern befürchten ganz konkret Verarmung, Verelendung und im schlimmsten Fall die Fortsetzung der Verfolgung, vor der sie einst geflohene sind.“

Nach Ansicht des Flüchtlingsrates sind Abschiebungen in den Irak grundsätzlich problematisch. Wie das Auswärtige Amt selbst feststellt, ist die Sicherheitslage in Gesamt-Irak instabil und insbesondere im Nordirak durch eine anhaltend hohe Zahl terroristischer Anschläge gezeichnet. Seit der Zerschlagung des IS ist das Land politisch, konfessionell und territorial tief gespalten. Die befreiten Gebiete liegen in Trümmern. Die Verwaltung funktioniert nur rudimentär, die Wirtschaft liegt am Boden, viele Menschen sind arbeitslos und kämpfen um ihr Überleben. Besonders betroffen sind jedoch die durch den Genozid vor 10 Jahren vertriebenen Êzîd*innen. Viele der damaligen Täter sind bis heute nicht strafrechtlich verfolgt worden und stellen weiterhin eine enorme Gefahr dar. In dieser Situation hätte es einer Strategie bedurft, um den oft schon über viele Jahre im Bundesgebiet lebenden Menschen Wege ins Bleiberecht zu eröffnen. Eine entsprechende Absichtserklärung im rot-grünen Koalitionsvertrag wurde jedoch bislang nicht umgesetzt.

Simon Wittekindt:

Wo Abschiebungen und Abschiebehaft als die scheinbar einzige Lösung für eine ganze Reihe teilweise imaginierter und auch realer Probleme dauerpräsent durch die Talkshows und Bundestagsdebatten geistern, werden Menschenrechte mit Füßen getreten. Konkrete individuelle Schicksale und menschliche Härten sowie das Recht auf Selbstbestimmung und Schutz vor Gewalt spielen höchstens dann noch eine Rolle, wenn der wirtschaftliche Nutzen im Vordergrund steht.“

Der Flüchtlingsrat Niedersachsen fordert eine politische Kehrtwende und ein Ende der populistischen Asyldebatten. Die Organisation hält an der Forderung nach einem Abschiebestopp für Êzîd*innen aus dem Irak fest und ruft alle in Bund und Ländern regierenden Parteien zur Rückkehr zu einer menschenrechtsbasierten, faktengeleiteten Migrationspolitik auf.

Bitte schreiben Sie an dieser Stelle nur allgemeine Kommentare.
Wenn Sie individuell Beratung und Unterstützung brauchen, wenden Sie sich bitte an ...

5 Gedanken zu „Flüchtlingsrat Niedersachsen übt scharfe Kritik an der Sammelabschiebung in den Irak“

  1. Unsere Regierungspolitiker haben sich vor den Karren der AFD spannen lassen, sowie auch die „christlichen“ Parteien.
    Diese Art der Abschiebungen erfüllt niemals den Sinn und Zweck derselben!
    StraftäterInnen und GefährderInnen…. JA…
    aber doch keine Integrierten MigrantInnen…
    Dieses Land verroht immer mehr…und die Rechten lehnen sich zurück und reiben sich die Hände.
    Prima !

    Antworten
  2. Von den 47 Personen waren mehrere Yezidin dazwischen
    Ein davon war mein Neffe er wir haben zusammen gearbeitet er hatte ein Vollzeit und Basis Job gehabt eine wohnung gehabt
    Ist leider abgeschoben

    Antworten
  3. Sehr geehrte Damen und Herren,
    Ich bin ein Irakischer Asylbewerber, angekommen bin ich Ende 2016. Ich lebe hier seit langem ich bin hier aufgewachsen, meine Freunde und Lieblingsmenschen sind alle hier. Ich befürchte die Abschiebungen in den Irak da ich Deutschland als meine Heimat sehe! Ich habe eine wundervolle Deutsche Freundin und eine sehr schöne Wohnung ich liebe alles was Deutschland hat und respektiere alles was Deutschland anbietet. Aufgrund der Taten anderen Flüchtlinge müssen Wir leiden, wir sind hier aufgewachsen mein Bruder und ich, haben Einen mittleren Schulabschluss und sind auch sehr Integriert. Ich finde es grausam was andere Ausländer machen aber bitte Achtet auf uns, auf Die Menschen die Arbeiten und deren Leben hier Leben wie jeder anderer Deutscher Staatsbürger! Ich liebe Deutschland und möchte hier mein Leben weiter Leben!

    Liebe grüße

    Antworten

Schreibe einen Kommentar

Jetzt spenden und unsere Arbeit unterstützen!