Über 50 Organisationen unterzeichnen eine Erklärung, mit der sie die Landesregierung zur Rücknahme der diskriminierenden Bezahlkarte für Geflüchtete auffordern und den solidarischen Umtausch unterstützen.
Über 50 Organisationen aus Niedersachsen haben die Erklärung “‘Nein’ zur diskriminierenden Bezahlkarte für Geflüchtete! Solidarischer Umtausch gegen rassistische Ausgrenzung“ unterzeichnet. Die unterzeichnenden Organisationen und Initiativen fordern mit dieser Erklärung die Landesregierung auf, sich auf ihr Versprechen aus dem Koalitionsvertrag zu besinnen und „Rassismus mit aller Kraft“ zu bekämpfen und daher die diskriminierende Bezahlkarte zurückzunehmen. Gleichzeitig begrüßen die unterzeichnenden Organisationen den solidarischen Umtausch, der durch Initiativen an vielen Orten in Niedersachsen entsteht und mit dem die Härten, die sich für Geflüchtete aus der der diskriminierenden Bezahlkarte ergeben, abgefedert werden sollen.
„Dass innerhalb kurzer Zeit so viele Organisationen und Initiativen die Erklärung mittragen, während gleichzeitig überall in Niedersachsen Umtauschinitiativen entstehen, ist ein ermutigendes Zeichen der Solidarität an die Geflüchteten in Zeiten, in denen sie einer zunehmenden Kriminalisierung ausgesetzt sind und für nahezu alle gesellschaftlichen Probleme verantwortlich gemacht werden. Es zeigt, dass viele Menschen nicht einverstanden sind mit der fortgesetzten Entrechtung Geflüchteter und bereit sind Menschenrecht zu verteidigen“, kommentiert Sigmar Walbrecht vom Flüchtlingsrat Niedersachsen den großen Zuspruch, den die Erklärung in der Zivilgesellschaft erfährt.
Am kommenden Sonnabend, 15.02.2025 wird der Oberbürgermeister der Stadt Hannover, Belit Onay, ein Grußwort an die Teilnehmer:innen einer in Hannover stattfindenden bundesweiten Tagung der Kampagne „#Asylbewerberleistungsgesetz abschaffen“ sprechen. Auf der Tagung wird die diskriminierende Bezahlkarte ein Schwerpunktthema sein.
Der Flüchtlingsrat weist darauf hin, dass die Erklärung gegen die diskriminierende Bezahlkarte weiterhin von Organisationen und Initiativen unterzeichnet werden kann und lädt ausdrücklich dazu ein.
Hintergrund:
Am 31.01.2024 haben sich die Regierungschef:innen der Länder auf die Einführung einer Bezahlkarte für Geflüchtete, die mit Restriktionen versehen werden soll, geeinigt. In Folge verabschiedeten Bundestag und Bundesrat Gesetzesänderungen im Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG), die seit Mai letzten Jahres wirksam sind. Seither können Leistungen an Geflüchtete in Form einer Bezahlkarte ausgezahlt werden, wobei im Gesetz keine Beschränkungen durch die Bezahlkarte vorgeschrieben sind. Die Länder haben sich jedoch auf der Ministerpräsident:inne-Konferenz am 20.06.2024 auf sog. „Mindeststandards“ verständigt, die mit der Bezahlkarte umgesetzt werden sollen. Das sind insbesondere die Begrenzung der Auszahlung von Bargeld auf 50,-/Person im Monat sowie die Unterbindung von Auslandsüberweisungen bzw. anderen Geldtransfer ins Ausland. Die Bezahlkarte kann mit weiteren Beschränkungen versehen werden, wie z.B. die Einschränkung der Nutzung auf bestimmte Postleitzahlengebiete. Überweisungen können durch Positiv-Listen („Whitelists) oder Negativ-Listen („Blacklists“) von Zahlungsempfänger:innen beschränkt werden.
In Niedersachsen gibt das Innenministerium per Erlass den Kommunen vor, dass Geflüchtete, die unter die sog. Grundleistungen des AsylbLG fallen – i.d.R. erhalten sie diese in den ersten 36 Monaten im Bundesgebiet – eine Bezahlkarte erhalten sollen und die Bargeldauszahlung auf 50,- pro Person (Erwachsene wie Kinder) im Monat limitiert ist (siehe u.a. hier).
Die diskriminierende Bezahlkarte wird in Niedersachsen seit dem 16.12.2024 über die Erstaufnahmeeinrichtungen EAE ausgegeben. Nach und nach sollen die Kommunen ebenfalls Bezahlkarten ausgeben und sind dabei an den Erlass des Innenministerium gebunden.
In einer Pressemitteilung vom 12.04.2024 erläutert der Flüchtlingsrat, warum die Bezahlkarte mit Bargeldbeschränkung diskriminierend ist und faktisch die ohnehin unter dem Existenzminimum liegenden Leistungen für Geflüchtete weiter absenkt.
Weitere unterzeichnende Organisationen/Initiativen willkommen!
Organisationen und Initiativen aus Niedersachsen, die die Erklärung „‚Nein‘ zur diskriminierenden Bezahlkarte für Geflüchtete“ noch unterzeichnen möchten, können eine E-Mail mit Namen und Logo ihrer Organisation/Initiative an folgende Adresse schicken: sw@nds-fluerat.org
Wenn Sie individuell Beratung und Unterstützung brauchen, wenden Sie sich bitte an ...