von Christiane Maurer
Hiermit möchte ich Sie höflichst bitten, das neue Erkenntnismittel des Yale University’s Genocide Studies Program and the International Bar Association’s Human Rights Law Committee zur spezifischen Situation irakischer Jesiden in die von Ihnen eingeleitete parlamentarische Prüfung einzubeziehen. Das Persecution Prevention Project (PPP) hat diesen kritischen Bericht mit dem Titel „ Pathways to Protection“, der auf die anhaltende Verfolgung und die schweren Bedrohungen hinweist, denen die jesidische Gemeinschaft im Irak ausgesetzt ist, kürzlich veröffentlicht.
Der beigefügte Bericht unterstreicht die entscheidende Rolle der europäischen Länder, insbesondere auch Deutschlands mit der größten Diaspora, beim Schutz der jesidischen Gemeinschaft durch die Flüchtlingspolitik. Zitat:
„Heute erleidet die jesidische Gemeinschaft weiterhin immenses Leid, das durch den unzureichenden Zugang zu Justiz und Sicherheit im Irak noch verschärft wird.“
Der Bericht identifiziert mehrere anhaltende Bedrohungen:
- Anhaltende Bedrohung durch ISIS: ISIS ist weiterhin in der Region präsent und nutzt zunehmend ausgefeilte Technologien, um Propaganda zu verbreiten und Gewalt anzustiften. Zudem zielt es auf gefährdete Bevölkerungsgruppen ab, insbesondere auf Kinder in Flüchtlingslagern.
- Die Rolle anderer Akteure, die den Völkermord ermöglicht haben: Der Bericht präsentiert Beweise für das Versagen der Regionalregierung Kurdistans (KRG), die Jesiden vor dem Völkermord im Jahr 2014 zu schützen, und für nachfolgende Maßnahmen, die die Rückkehr der Jesiden nach Sindschar behinderten.
- Humanitäre Krise: Die Infrastruktur von Sindschar ist noch immer größtenteils zerstört und der Zugang zu Gesundheitsversorgung, Bildung und wichtigen Dienstleistungen ist unzureichend.
- Milizen und Luftangriffe: Sindschar ist mit einer Zunahme der Milizen konfrontiert. Hinzu kommen türkische Luftangriffe auf jesidische Gebiete, darunter auch zivile Krankenhäuser.
- Hassreden und Aufwiegelung: Aufrührerische Rhetorik religiöser Führer und Social-Media-Kampagnen schüren weiterhin Gewalt gegen die Gemeinschaft.
- Mangelnde Selbstverwaltung: Den Jesiden fehlt es weiterhin an einer echten politischen Vertretung, was ihre Fähigkeit einschränkt, Entscheidungen über ihre Zukunft und den Wiederaufbau Sindschars zu beeinflussen.
- Hindernisse für Gerechtigkeit und Rechenschaftspflicht: Dem irakischen Justizsystem mangelt es an der Kapazität, internationale Verbrechen effektiv zu untersuchen und zu verfolgen, da es sich auf unzureichende Anti-Terror-Gesetze stützt. Begrenzte nationale Rechtsmittel, gepaart mit anhaltenden erzwungenen Verschwindenlassen und systematischer Straflosigkeit, verschlimmern die Verweigerung von Gerechtigkeit für Jesiden. Das Ende des UNITAD-Mandats gefährdet die Bemühungen um Rechenschaftspflicht zusätzlich.
Der Bericht hebt die von UNITAD unterstützten Universalgerichtsverfahren vor europäischen Gerichten als entscheidenden Weg zur Gerechtigkeit hervor und ruft die europäischen Länder dazu auf, ihren internationalen rechtlichen Verpflichtungen nachzukommen und die jesidische Gemeinschaft durch eine Flüchtlingspolitik und die Einhaltung des Grundsatzes der Nichtzurückweisung zu schützen. Jüngste Entwicklungen in der deutschen Asylpolitik, darunter Abschiebungen in den Irak und angebliche Vereinbarungen zum Austausch biometrischer Daten mit den irakischen Behörden, stehen im Widerspruch zu diesen Verpflichtungen.
„Aufgrund des Völkermords, den sie erlitten hatten und dessen Anerkennung hatten die Jesiden die Hoffnung, dass sie aus ihrer Duldung entlassen und aus humanitären Gründen ein Bleiberecht erhalten würden“, sagt die jesidische Anwältin Kareba Hageman. „Dass sich nur fünf Monate später die ersten Bundesländer darauf vorbereiten würden, sie in den Irak abzuschieben, damit hatten sie nicht gerechnet. Die Androhung einer Abschiebung verstärkt das Trauma der Jesiden, da sie glaubten, in Deutschland endlich sicher zu sein.“
Die PPP fordert die europäischen und irakischen Behörden sowie die internationale Gemeinschaft auf, unverzüglich Maßnahmen zu ergreifen, um der anhaltenden Verfolgung der Jesiden ein Ende zu setzen, ihren internationalen Verpflichtungen nachzukommen und ihnen so Möglichkeiten zu bieten, im Einklang mit dem Völkerrecht Schutz zu finden.
Hier der vollständige Bericht „Pathways to Protection“ .
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